Am 10.02.2020 um 16:00 schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
Am 10.02.2020 um 03:22 schrieb K. Janssen via
Philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Wir hatten ja gerade die so unterhaltsame wie
entlarvende „Umweltsau“, die durchs Mediendorf getrieben wurde. Wieder wurde der Mythos
von der Trümmerfrau und der Wiederaufbauleistung einer Generation beschworen, die zuvor
mehrheitlich den Kriegstreiber gewählt hatte.
Dieser Einschätzung (als kollektiv moralisierende Wertung einer Generation) wollte ich
mich vehement widersetzen.
Mein Vater hat mir erzählt, auf dem Weg zur Uni Horden nationalsozialistischer wie
kommunistischer Gesinnung erlebt zu haben, die sich gegenseitig mit Molotowcocktails und
Pflastersteinen bewarfen (NB: Wir sind auch bald wieder soweit!).
Er war zu keiner Zeit „Umweltsau“, hat seinerzeit mit Sicherheit weder die Führungsqlique
der einen wie der anderen Seite gewählt. Dennoch blieb ihm keine Möglichkeit, seine
Einberufung für das verbrecherische wie irrwitzige Kriegsunternehmen zu verhindern.
Nun könnte man sagen, er gehörte damit nicht zum "den Kriegstreiber wählenden
Mehrheits-Mob“. Doch was hilft es! Er (mit Millionen weiterer Senioren) wird nun kollektiv
zu den „Umwelt- und Nazi-Säuen“ gezählt und als solche besungen! Schändlich, was sich da
heute im Namen einer Moral abspielt, die sich von bisheriger Pfaffen-Doppelmoral in nichts
unterscheidet!
Hi Karl,
ich hatte „mehrheitlich“ geschrieben, wobei Ausnahmen ja nur die Regel bestätigen. Das
Thema hatten wir ja gerade behandelt. Und ist es nicht zuträglicher, Oma als „Umweltsau“
zu karikieren als ihr Häuschen einschließlich der Hypotheken zu versaufen?
Es grüßt,
Ingo
Nun ja, wenn man die Angelegenheit ausschließlich unter humorvollem Aspekt sehen will und
kann, lohnt sich kein Einspruch, natürlich!
Für mich hört der Humor jedoch dort auf, wo ich mich aufgrund dieser politisch-ideologisch
gefärbten Geschmacklosigkeit verpflichtet fühlen sollte, eine mehrheitlich! bzgl. Umwelt-
und Gesellschaftsverhalten integere Generation (wenngleich auch nur bestmöglicher Absicht
folgend) unserer Väter und Mütter gegen derartige „Unflätigkeiten“ zu verteidigen. Ich
bleibe dabei: Mein Vater und viele (also mehrheitlich) seiner Zeitgenossen waren und sind
keine „Umweltsäue“.
Damit will ich nicht sagen, ich würde den eigentlichen Hintergrund Deiner Argumentation
nicht verstehen oder gar leugnen; nur eben finde ich besagte Art der kollektiven
Stigmatisierung der Kriegs- und Nachkriegsgeneration unerträglich wie ungehörig, zudem man
Kindern (Chorsänger) diese absurde Zuschreibung zu singen aufnötigt.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl