Am 01.11.22 um 12:01 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb
sehr gute Ausführungen, die ich zur Zeit nicht alle durchgehen kann, ich
danke dafür. Ich denke, dass ich sie alle nach zweimaligem Lesen
verstanden habe. Es wäre mir ungerecht, pauschal von oben herab etwas
zum Ganzen zu schreiben. Einige Einzelheiten sind mir nicht geläufig,
ich müsste sie erst einmal lernen, zu denen ich dann schon bei der
Annäherung an sie Bedenken hätte.
1. Ein Beispiel für so eine Einzelheit ist das "real vs. aktual". Was
den Nachweis anbelangt erinnere ich mich, dass du einmal schriebst, dass
derjenige, der sich etwas Neues vorstellt, und es zu verstehen gibt, die
Bringschuld für den Nachweis hat, und dass der Zuhörer nicht dazu da
ist, das Vorgestellte zu widerlegen. Hierbei gibt es jedoch viele
Stufen, nach denen dieses Gedachte beim Denkenden zuerst vorliegt, das
kann nicht binär in die zwei Kategorien (Schubladen) Phantasie und
Nachgewiesenes geleitet werden. Darauf brauche ich dich nicht hin zu
weisen, gerade deine Beispiele hierzu zeigen, dass es oft lange Zeit
zwischen Gedachtem und Nachweis geben kann. Und dazwischen gibt es auch
einiges. Ich denke mal an den Neandertaler, der Zeit gebraucht hat,
wieder in uns "real vs. aktual" zu werden, auch vor dem Nachweis dachte
ich mir, und blieb bei meiner Phantasie, dass er auch zu unseren
Vorfahren gehörte.
2. Nur zur Information: Mir ist wie dir bekannt, dass bisher ein
Computerprogramm keinen Zufall generieren kann, und dass das von dir
gesagte Beendungserfordernis vermutlich erheblich zur Unmöglichkeit
beiträgt. Aber auch beim "echten Zufall" wird dieser "künstlich"
beendet, etwa mit dem Phrasem "rien ne va plus", oder wenn ein Richter
urteilen muss, und sich an die an Sicherheit grenzende
Wahrscheinlichkeit halten muss, den Zufall also ausschließen muss, der
umgekehrte Fall.
Über die Einzelheiten weißt du besser Bescheid als ich, und kannst sie
auch besser beschreiben. Und hier widerspreche ich nicht, wenn du
verschiedene Wörter dazu gebrauchst, sie leiten in dem Fall nicht von
der Sache ab. Trotzdem noch eine Frage, die du nicht beantworten musst:
Die nächste Zahl, die bei der Berechnung der Zahl pi erscheint, ist das
nicht eine Zufallszahl, zwischen Empirie und Formalem? So wie auch nicht
bekannt ist, ob beim Atomzerfall nicht doch auch ein Formalismus zu
Grunde liegt?
3. Mit dem Wort Existenz oder der Wendung "Existenz einer Sache" soll in
einem Formalismus etwas ganz anderes als in der "realen Welt" gedacht
werden, die abwechselnde Nutzung übergeht die Differenzierung. Dieser
"Fehler" bleibt im weiteren Denken und Erläutern bestehen.
4. > Beim Gehirn im Tank kommt es nach meinem Verständnis darauf an,
dass ich in ihm bzw. es allein aus sich heraus durch Anschluss seiner
Peripherie an einen Computer nicht zu unterscheiden vermag, ob es sich
im eigenen Körper in der Außenwelt befindet oder bloß in Nährlösung
schwappt, d.h. sich computervermittelt nur selbst erlebt oder zudem noch
etwas von außerhalb kommt. Wenn ich also etwas von außerhalb hinzunehmen
müsste, widerspräche das der Innerlichkeit bzw. Simulierbarkeit der
Außenwelt.
Das zu verstehen verlangt eine Menge Arbeit. Zuerst müssten die zwei
Sätze ohne Person gesagt werden, von außen, nicht reflexiv von einer
Person, dh. ich müsste ihn zuerst übersetzen in die Sprache, in der es
einen Betrachter gibt, der sich nicht beteiligt sieht. Anderenfalls
besteht dort die Aporie des Sich-selbst.
Ich bleibe dabei, dass du ganz an der Sache geantwortet hast, und danke
noch einmal. Und du weißt ja, ich würde mich gerne entschuldigen, wenn
ich nur dann darauf zurück komme, wenn sich etwas Neues ergibt, auf das
ich zu antworten motiviert werde.
Gruß
JH