Am 25.01.2022 um 17:31 schrieb Karl Janssen via
Philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
[Philweb]
Mal sehen, ob der Akku noch für eine kurze Antwort reicht ...
Die geschlechterspezifische Ansprache vor allem im direkten Kontakt ist immer schon
selbstverständlich. Unsere Sprache baut jedoch (bis tief in deren Grundstruktur) auf dem
generischen Maskulinum auf und somit ist tatsächlich immer der Mensch z.B. als Arzt,
Kaminkehrer, Lehrer usf. gemeint und als solcher angesprochen. Man kann immer wieder
beobachten, wie über einem längeren Zeitraum Vortragende das Gendern nicht konsequent
durchhalten (können). Wollte man partout vom generischen Maskulinum abrücken und ich
denke, die angepasste bzw. zur Anpassung ideologisch gezwungene Gesellschaft wird sich dem
nicht widersetzen können, sollte man zumindest andere Ausdrucksformen als die nun sehr
unglücklich und im Kern redundante Art des Genderns. Wer jetzt noch unsicher ist: „Fragen
sie ihren Arzt oder Apotheker“. Kürzlich hatte ich das TV-Gerät etwas vor 20 Uhr
eingeschaltet, um ausnahmsweise mal Nachrichten zu sehen. Es liefen ununterbrochen
Werbespots zur Gesundheitspflege und alle 30 Sekunden kam dann dieser Spruch. Würden die
da auch Gendern, wäre ihnen die Sendezeit dafür wohl zu kurz. ...
Letztlich zeigt das doch, dass man hier eine andere Sprachform finden/entwickeln muss, um
der durchaus berechtigten geschlechterspezischen Ansprache gerexht zu werden. Vielleicht
können diesen kurzen Einwurf Lesende schon mal damit anfangen.
Beste Grüße! - Karl
Ps: ach noch eben zur Newtonwelt: Im Alltagsgeschehen findet man diese Ausdrucksweise
ohnehin nicht. Sie wird eher bei wissenschaftlichen Erörterungen verwendet und das kommt
vlt. vornehmlich aus dem angloamerikanischen Sprachraum, wo man nicht jedes Wort, jeden
Begriff so präzisiert und das eigentliche „Meaning“ kontextbezogen ausdrückt. Dort spricht
man durchaus von Newtonian- oder Einsteinienworld und jeder (Mensch, der sich näher damit
befasst hat) weiß, was damit gemeint ist.
transmitted from iPad-Client
Am 24.01.2022 um 22:02 schrieb Claus Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Wir leben in einer Welt, deren Bewegungsgesetze, wie man hört, ziemlich gut von Newton
formuliert wurden. Aber deshalb von einer Newtonwelt zu reden, fände ich übertrieben. Das
Leben besteht doch nicht nur aus Gravitation, oder?
Die ganze Veranstaltung ist ja so erstaunlich, auch wenn man sich in hohem Alter
allmählich daran gewöhnt, daß einen auch ein paar dazu überhaupt nicht passende
Quantenphänomene oder die konstante Lichtgeschwindigkeit noch erschüttern sollten. RF
hatte sich da ja neulich auch ziemlich abgebrüht gezeigt.
Zum Gendern: Ich gebe mal aus dem Gedächtnis wieder, was ich dazu neulich von Navid
Kermani gelesen habe.
Es ist sicher kein Zufall, daß es bis vor kurzem "der Arzt" und nicht "die
Ärztin" hiess. Nachdem es aber mehr Ärztinnen gab, wurde das grammatische Geschlecht
vom biologischen entkoppelt. Im Deutschen ist das ja kein Problem, da auch Sachen
grammatische Geschlechter haben. Nun fand man aber, daß man durch die Sprachform doch in
eine bestimmte Rolle gedrängt würde ("performativer Sprechakt" in
Angebersprache). Der grösste Skandal wäre dann, daß es "der Mensch" heisst...
Aber darauf zu bestehen, daß es unbedingt und auf jeden Fall "der Arzt" heissen
muss, fände ich auch wieder albern.
Claus
Am 24. Januar 2022 14:27:10 MEZ schrieb "K. Janssen via Philweb"
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
>
> [Philweb]
> Eigentlich wären die hier (insb. von Waldemar) zuletzt getroffenen
> Aussagen über Frauen ein eigenes Thema wert und vielleicht sollten wir
> uns gelegentlich tatsächlich etwas grundlegender darüber austauschen.
>
> Kurz gesagt, liegt Waldemar definitiv nicht falsch mit seiner
> Einschätzung. Das zu bestätigen, sollte keinem Mann mit Lebens- und eben
> Frauenerfahrung schwer fallen. Was mein Frauenbild anbelangt, müsste
> dies aus meinen Beiträgen all die Jahre hier hervorgegangen sein: In
> "aller Regel" sind Frauen für mich großartige Geschöpfe, ohne die ich
> mir ein Leben nicht gut vorstellen kann. Dennoch kann ich Nietzsches
> Feststellung nur unterstreichen, da sollte man sich nicht täuschen:
> Männerherzen sind böse, Frauenherzen schlecht! (Nietzsche sinngemäß).
> Dazu hatte ich hier mal geschrieben: Männer erschlagen ihre Gegner,
> Frauen vergiften sie oder noch perfider: sie stiften Männer an, ihre
> Gegner zu erschlagen. Und genau das meint Waldemar, denke ich.
>
> Überdies, wird dieses dem weiblichen Wesen auch innewohnende Moment in
> entsprechender Fachliteratur geradewegs von Frauen selbst (und damit
> selbstkritisch) sehr treffend beschrieben. Allerdings würde ich, um
> Nietzsches Aussage nochmal zu bemühen, diese insoweit realativieren,
> dass "Frauenherzen" nicht (im üblichen Sprachgebrauch verstanden)
> schlecht, sondern durchtriebener sind, raffinierter als die
> (diesbezüglich!) von eher von plumper Wesensart geprägten "Männerherzen".
>
> Doch eines sollte bei aller kritischen Betrachtung bedenken: Es handelt
> sich bei diesen Eigenheiten und ihren negativen Auswüchsen um von
> Menschen immer noch nicht gelernte Triebbeherrschung, die sich natürlich
> geschlechterspezifisch ausbildet. Da ist "noch Luft nach oben", um es im
> "Nicht-Greisen-Jargon" zu sagen.
>
> Zu Deinem Hinweis auf Steven Halls Roman über Maxwells Dämon, Ingo. Das
> war mir schon klar, dass wir uns darüber noch nicht hier ausgetauscht
> hatten. Ich habe das Buch deshalb nicht gelesen, weil mich Rezensionen
> davon abgehalten hatten. Hall war mir auch eher als
> Computerspiel-Programmier im "Hinterkopf". Schlichtweg, ich habe mich
> nicht drum gekümmert, ganz im Gegensatz zu Fragen hinsichtlich des
> Phänomens der Zeitumkehr etc. und natürlich kommen einem in diesem
> Zusammenhang immer auch Maxwells oder der Laplacesche Dämon in den Sinn.
>
> Und vielleicht noch kurz zu Goedel. Du schreibst, wir leben nicht in
> einem Gödel-, sondern in einem Einstein-Universum und ich würde dazu
> sagen: wir leben sowohl in einem Goedel, wie in einem Einstein - wie
> auch in einem zeitlos gequantelten Universum. In welchem der
> Subuniversen wir jeweils augenblicklich verweilen, entscheidet die
> ebenso augenblickliche Wahrnehmung des jeweiligen Umfelds:
>
> Man lebt jeweils (scheinbar) in der Newtonwelt, wenn es um die
> Wahrnehmung und Ermessung (Newtons Bewegungsgleichungen etc.) der
> alltäglichen, realen Lebenswelt geht. Dass man dabei auch in der
> Raumzeit lebt, wird einem gewöhnlich nicht bewusst, da - wie geschrieben
> - unser Gehirn aus gutem Grund nicht für die Wahrnehmung der 4.
> Zeit-Dimension angelegt ist. Zu guter Letzt lebt man auch im
> "Quantenuniversum" (man ist ja selbst nichts als Quantenstaub, würde
> Waldemar jetzt einwerfen), da dieses (genauer gesagt die QM) der
> Raumzeit RZ vorgängig ist, RZ also daraus emergiert.
>
> Die Zeitlosigkeit dieser Quanten-Sphäre ist uns ebenso nicht bewusst,
> auch wenn Carlo Rovelli uns eindringlich sagt: "Time does not exist!" Er
> sollte es als namhafter Physiker unserer Zeit wissen. Dass er sich dabei
> jedoch gedanklich in Gefilden der Loop-Quanten-Gravitation aufhält, geht
> aus dem marktförderlichen Titel seines Buches nicht sogleich hervor.
>
> In welcher Welt leben wir also wirklich - oder gibt es in Wirklichkeit
> gar keine Wirklichkeit? So mal eben auf die Schnelle in die Runde gefragt.
>
> Bester Gruß! - Karl
>
>
>
>
>> Am 24.01.2022 um 10:03 schrieb Ingo Tessmann:
>> Hi Karl,
>>
>> zwei Anmerkungen:
>>
>>> Am 24.01.2022 um 02:32 schrieb K. Janssen via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
>>>
>>> … Steht diese Ansicht nun entgegen Waldemars kürzlich getroffener Aussage
über Frauen? Nein, denn es gibt auch Frauen, da sollte man als Mann (nicht nur) die Finger
lassen!
>> Natürlich gibt es die, aber was ist die Regel? Mich nervt es, wenn man immer
wieder meint, mit der Ausnahme gegen die Regel argumentieren zu können. Das ist zumeist
bloß besserwisserische Wichtigtuerei. Dabei wäre es so einfach, sich auch nur einmal mit
Statistik und Wahrscheinlichkeit zu befassen und es fortan besser zu machen versuchen.
>>
>>
>>> Solchermaßen abgeschweift, nochmal kurz zurück zur Zeit und meinem Hinweis,
ggf. darüber hier schreiben zu wollen. Das soll und kann natürlich nicht ohne Bezug auf
Fachwissen geschehen, aber dennoch befreit von „Gestrüpp“ diesbezüglichen Schriftgut, wie
es sich zu abertausend mittlerweile im „Weltgedächtnis“ des Internet findet.
>>> Da solltest Du, Ingo nochmal nachlesen, wie ich das formuliert habe; dennoch
kannst Du gespannt sein, ob ich es bei „Alltagsbanalitäten“ belassen muss. Hoffentlich
nicht, denke ich mir gerade und frage mich, ob Du tatsächlich annimmst, ich hätte noch
nicht von „Maxwells Dämon“ gelesen. Du mahnst hier Gedächtnislücken an und solltest Dich
aber doch auch selbst erinnern, dass ich hier schon öfter von Maxwells- oder auch dem
Laplaceschen Dämon geschrieben habe. Bei den beiden läuft es doch ziemlich auf‘s Gleiche
hinaus, oder nicht?
>> Auch ich werde zunehmend vergesslicher, aber hinsichtlich „Maxwells Dämon“ meinte
ich den Roman. Und über den hatten wir hier nicht schon einmal geschrieben, ebenso war
Broch noch nicht Thema in dieser Liste,— wenn meine Erinnerung mich nicht trügt.
>>
>> IT
> Philweb mailing list
> Philweb(a)lists.philo.at
>
http://lists.philo.at/listinfo/philweb
_______________________________________________
Philweb mailing list
Philweb(a)lists.philo.at