Moin Karl,
Du hältst mich wie den ÖRN also für links. Auf welche seriösen Untersuchungen hinsichtlich
der angeblichen Linkslasigkeit des ÖRN beziehst Du Dich? Mich hatte ich ja schon in der
Folge Einsteins und Lorenzens als kritisch bezeichnet. Einstein brachte mit seiner Kritik
der Konstruktivtheorien die Physik wesentlich durch seine Prinziptheorien voran und
Lorenzen durch seine Kritik des Formalismus entsprechend die methodische Philosophie.
Neben der (linken?) kritischen Wissenschaftstheorie gibt es die (rechte?) affirmative,
ebenso hinsichtlich der Gesellschaft. Im Anschluss an die Kritische Theorie
(Adorno/Horkheimers) plädiere ich für eine Veränderung der Gesellschaft zum Besseren unter
den gegebenen technischen Möglichkeiten.
Du hattest im Anschluss an die MINT-Fächer auf das Reaktionsprinzip verwiesen.
Politikwiss. gehört aber nicht zu ihnen; wobei die Formulierung "linksgrüne
Bevormundungs-Politik" natürlich dem rechten Lager entstammt. Aber sollte nicht
gerprüft werden, ob sie stimmt? Gegen das sinnvolle Heizungsgesetz wurde anhand eines
durchgestochenen Entwurfs von der rechten Springerpresse plump propagandistisch eine
Kampagne losgetreten. Warum gibt es in den skandinavischen Ländern nicht solchen populären
gegen Wärmepumpen gerichteten Schwachsinn? Dort werden sogar schon Großwärmepumpen für die
Fernwärme eingesetzt. Auch gab es keine linksgrünen Vorgaben zu sinnvollerer
Nahrungszubereitung, sondern lediglich Empfehlungen und Appelle, wie sie schon lange von
der medizinischen DGE empfohlen werden.
Entscheidend ist doch nicht, ob Maßnahmen von links oder rechts vorgeschlagen werden,
sondern ob sie sinnvoll sind und in welchem Kontext sie erhoben werden. Kritisches Denken
durch Hinterfragen ist erforderlich; denn wer steckt wohl hinter den Kampagnen gegen
Windräder, Elektromobilität, Wärmepumpen und Vegetarismus? Natürlich die um ihre Profite
und Privilegien fürchtenden Interessengruppen und Nutznießer des fossilen Kapitalismus. Da
Linke mehr Gerechtigkeit fordern, fürchten Geldmagnaten um ihre Privilegien und stehen auf
Seiten der Rechten -- bis hin zur Unterstützung der Faschisten.
In der Glotze wurde gerade der grandiose Neo-Noir-Film "Mulholland Drive"
wiederholt, in dem Wunschtraum und Alptraum in Hollywood stimmungsvoll verschränkt werden.
Wie die Filmbosse in Hollywood treiben es auch die Ölbosse im Kapitalismus, so dass der
Film auch als Parabel auf den Kapitalismus gesehen werden kann, dessen kurzfristiges
Wohlstandsversprechen langfristig in der Klimakatastrophe untergehen wird.
Zum jeweiligen Anwendungsbereich des Wirkungs- und Ursachenprinzips hast Du nichts
geschrieben. Hältst Du sie etwa für allgemeingültig? Als Allsätze wären sie durch
Gegenbeispiele etwa des Zufalls leicht widerlegbar. Fluktuationen sind allgegenwärtig,
sowohl im Kosmos wie unter den Quanten. Und wie siehst Du den Zusammenhang zwischen beiden
Prinzipien?
Ich habe dazu wiederholt zustimmend Havemann zitiert: "Kausalität ist eine
einseitige, eine einmalige, vorübergehende und flüchtige Verbindung in der Wirklichkeit.
In der Kausalbeziehung erscheint das Wirkliche, hervorgehend aus seinen Ursachen. Im
Möglichen aber erscheint nicht die Ursache, sondern der Grund der Erscheinungen. Der Grund
ist das Bleibende in der Erscheinungen Flucht-„
IT
Am 22.01.25 um 17:01 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
Gesellschaftspolitisch links orientierte Menschen sind
notwendigerweise blind gegenüber Parteien und Einrichtungen des Öffentlichen Rechts, die
ihrer eigenen Ideologie folgen, er berühmte „Balken im eigenen Auge“. Viel deutlicher
scheinen die Aktivitäten der jeweiligen Gegenseite (in diesem Fall konkret die
Unionsparteien und selbstredend die der sog. Alternativen Partei). Für mich als
Befürworter einer politischen Mitte, fallen beide Lager, die sich eben von dieser Mitte
(zum Teil radikal) absetzen in besonderes Augenmerk, resp. erzeugen in mir deutlichen
Unmut.
Dass Gesellschaften hinsichtlich ihrer politischen Präferenz, incl. der hiesigen, nicht
in benannte ideologisch geprägten Lager gespalten sind, mag Deiner Einschätzung
entsprechen, ganz sicher nicht jener der Beobachtung seitens der politischen
Wissenschaften. Zudem zeigen das die aktuellen Wahlumfragen, wenn man die einzelnen
Gruppierungen (z.B. BSW) entsprechend richtungsorientiert subsummiert. So wird sich aus
den richtungsorientierten Lagern der demokratischen Parteien eine wirkliche Mitte
herausbilden müssen (GroKo genannt), um das Abdriften an politische Ränder zu verhindern.
Das war’s von schnöder Alltags-Politik, die ich hier nicht mehr thematisieren wollte.
Der Grundsatz actio = reactio, den ich in Bezug eben auf politische Spaltung hier
angeführt habe, bezog sich auf die unübersehbaren Reaktionen des konservativen, resp.
politisch rechts orientierten Lagers auf linksgrüne Bevormundungs-Politik, wie etwa
Habecks verunglücktes wirtschaftspolitisches Experiment (Heizungsgesetz), Vorgaben zur
Nahrungszubereitung (Essen für Schulen und Kitas, Altenheime etc.) usf..
Unbenommen der Gültigkeit des Arguments für eine möglichst fleischlose Ernährung, kommen
daran anknüpfende Vorschreibungen für Kantinen des öffentlich gesellschaftlichen Raumes
eben als solche, quasi als Diktat an. Wen mag es wundern, wenn da nicht sogleich Geschrei
aus dem liberal-konservativen Lager anhebt.
Die Verantwortung des Einzelnen sollte schließlich die Maxime entsprechend politischer
Einflussnahme sein. Wird diese nicht berücksichtigt, erfolgt eine Gegenreaktion, wie sich
das mit dem aus der Physik (Dir bestens bekannten) angeleiteten „actio=reaktio“ zeigen
lässt. Oder eben auch mit dem „Satz vom zureichenden Grund: „Nichts geschieht ohne
Ursache“. Damit sind wir wieder von schnöder Gesellschaftspolitik zur Philosophie gelangt-
welches Wohlgefühl sich doch in mir (und hoffentlich auch anderen hier) ausbreitet!
KJ