Am 09.12.2023 um 01:50 schrieb Claus Zimmermann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Ich bemerke, dass ich am Thema vorbeigeschrieben habe. Die Frage war, wie aus den immer
gleichen oder ähnlichen Eingangsdaten, die die Sinnesorgane ans Gehirn liefern, die
Vielfalt des Erlebens mit Farben, Klängen, Gerüchen entstehen kann und dass das dann wohl
an der Verarbeitung der Daten liegen muss, die die ganze Vielfalt erst erzeugt, denn in
den Daten ist sie nicht zu finden. Die Welt ist an sich nicht farbig, das Gehirn malt sie
nur bunt an.
In den Sinnesdaten und dem, was das Gehirn daraus macht, ist das Erleben aber auch nicht
zu finden und hier kann ich an das schon Gesagte doch anknüpfen.
Alle sorgfältig geprüften Aussagen über empirische Zusammenhänge zwischen Wahrnehmung und
Hirnvorgängen sind natürlich nicht zu bestreiten.
Ist eine Welt an sich jenseits jeden Erlebens nicht eine Erdichtung? Die Unterscheidung
zwischen irgendwie gestörter und richtiger Wahrnehmung ist ein teils/teils, entweder/oder.
Bei der zwischen Erscheinung und Ding an sich wird alles, was uns begegnet, ungeprüft der
einen Kategorie zugerechnet und die andere bleibt, wie von vornherein feststeht, leer.
Wenn ich ausnahmslos allem das gleiche Etikett aufklebe, was sagt es mir dann?
Ich denke nicht, dass Du am Thema vorbei geschrieben hast, Claus. Was die Farbwahrnehmung
anbelangt, sollte es – bei diesbezüglich intakter Sinneswahrnehmung – keinen Unterschied
zwischen gestörter und richtiger Wahrnehmung geben. Wenn Konstruktivisten davon ausgehen,
dass jegliche Wahrnehmung der Lebenswelt auf gehirnlicher Konstruktion basiert, ist es
doch tatsächlich ein „teils/teils“. Bezogen auf die Apperzeption von Farbe wird ihrer
jeweiligen Wellenlänge entsprechend elektromagnetische Strahlung (im für Menschen
detektierbaren Sichtbereich) Lichtstrahlung ca. zwischen 400 nm (violett) und 700 nm (rot)
über die Augennetzhaut von spezifischen Sinneszellen aufgenommen und entsprechend im
Gehirn angelegten Nervenzellen verarbeitet, was einen dedizierten Farbeindruck vermittelt.
Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die meisten Menschen über diese Sensorik die
primärem Farben Blau, Gelb und Rot (und zumeist alle Farbzwischentöne) erfassen und
entsprechend zuordnen können. Die dabei spezifisch persönliche Farbwahrnehmung (z.B. die
sog. Lieblingsfarbe) ist dann subjektiv empfundene Qualia.
Insofern ist die Welt doch farbig, denn sie ist erfüllt von Lichtstrahlung verschiedenster
Frequenzen, aus deren gesamtem Strahlungsspektrum das menschliche Gehirn den oben
benannten Bereich von ca. 400-700 nm als Farbstrahlung neuronal detektieren und somit
wahrnehmen kann.
Die subjektive Farbempfindung - als Qualia gesehen – ist selbstredend unterschiedlich,
unbenommen der allgemein gültigen Annahme, dass Rot zu den sog. warmen und Blau zu den
kalten Farben zählt. So kann man durchaus davon ausgehen, dass aus den vom Gehirn/ZNS
aufgenommen und verarbeiteten „Sinnesdaten“ ein persönliches Erleben entsteht und insofern
ist dieses auch dort zu „verorten“. Und ja, das ist gehirnliche Konstruktion und als
solche einer wunderbaren, für uns Menschen äußerst vorteilhaften evolutionären Entwicklung
zuzuschreiben, die das Erleben dieser Welt in all ihren prächtigen Farben ermöglicht.
Daher glaube ich nicht, dass die „Welt an sich“ jenseits jeden Erlebens eine Erdichtung
ist, denn dieses Erleben fusst auf Sinneswahrnehmungen von Gehirn/ZNS, die spezifisch auf
unzählig konkret in der Lebenswelt permanent emittierten Strahlungsfeldern reagieren.
Letzteres natürlich abhängig von spezifischer Ausprägung entsprechender Wahrnehmungsorgane
von myriaden Lebewesen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl