Am 16.04.25 um 03:43 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
JAHWE - ICH BIN DA. Wer dieses göttliche Dasein spürt
(god is a
feeling), kann von dessen Existenz überzeugt sein, muss keinem blinden
Glauben, keinem sonstwie gearteten Ritual, sondern nur seinem Erspüren
folgen, in Resonanz mit göttlicher Wesenheit, meinetwegen auch mit
einer diesbezüglich vorgestellten kosmischen Intelligenz kommen.
Liebe unparteiische, objektive,
sehr geehrte Anwesende, hallo ihr Tief-Ungläubigen,
liebe Anhänger von "God is a Feeling", nebst allen
die sich in seiner All-Geborgenheit wohlfühlen.
ich habe mal meine Hausaufgaben gemacht und ein Gedicht aus dem Jahr
1993 (?) auf die Werkbank gelegt.
dabei ist ein vergnüglich anmutender Text herausgekommen, den ich den
hier Anwesenden nicht vorenthalten möchte.
here we go:
Einst
Einst, es sollte wieder Weihnachten werden,
verlangte es Gott nach seinem Oberdruiden.
er griff nach dem kleinen Roten (der brennende Busch
war ihm überdrüssig geworden) und wählte ..
"der Teilnehmer ist im Moment nicht erreichbar.."
"na warte.." entfleuchte es IHM..
auf dem stillen Örtchen hinieden,
dem Platz der inneren Auskehr,
hieb sich sein Stellvertreter mit beiden
Händen den qualmenden Steiß..
was ist denn nun schon wieder , überlegte er sich, standesgemäß in
Latein: „Porcellus lactucarius cum malo in ore, ad convivium prandii heri.“?
„Missa pro fabricandis bellatoribus.“?
da fiel sein umherirrender Blick auf sein Handy
"Batterie low"
blinkte das kleine technische Teufelswerk.
---------
Abstract
Das Gedicht „Einst“ vereint religiöse Symbolik, moderne Technik und
körperliche Groteske zu einer vielschichtigen Satire auf Kommunikation,
Macht und spirituellen Bedeutungsverlust in der Gegenwart. Im Zentrum
steht ein ironisch gebrochener Dialogversuch Gottes mit seinem
„Oberdruiden“, der – durch technische Hürden wie Mailbox-Ansagen und
leere Handyakkus – zum Scheitern verurteilt ist. Die zentrale Szene auf
dem „stillen Örtchen“, in der Gottes Stellvertreter von einem
metaphorischen Blitzschlag am Steiß getroffen wird, entfaltet eine
komische wie tiefgründige Umsetzung des volkstümlichen Sprichworts „Dich
soll der Blitz beim Scheißen treffen.“
Der Essay analysiert das Gedicht als postmoderne Parodie auf religiöse
Erhabenheit, indem es sakrale Bildwelten mit profanen, insbesondere
körperlichen und technischen Motiven kontrastiert. Dabei wird gezeigt,
wie Sprache – zwischen Latein, Liturgie und Alltagstechnik – zur Bühne
des Bedeutungsverlusts wird. Der Text diskutiert zudem die Frage nach
der literarischen Schöpfungshöhe und reflektiert autobiographisch über
die Wirkkraft der Satire in einer entzauberten, digital fragmentierten Welt.
Das Gedicht offenbart sich so als grotesk-komisches Lehrstück über die
Abwesenheit des Göttlichen im Zeitalter der Dauererreichbarkeit – und
über die Macht literarischer Sprache, diese Leerstelle sichtbar zu machen.
„Einst“ ist eine dichte, bewusst überzeichnete Parodie auf religiöse
Kommunikation, technikbedingte Entfremdung und körperliche Ohnmacht. Es
verweigert sich einer eindeutigen Lesart und lebt von der Reibung
zwischen Stilregistern, Bildern und Bedeutungswelten. Dass sich darin
ein populäres Sprichwort so präzise wiederfindet, ist kein Zufall,
sondern poetische Verdichtung im wörtlichsten Sinne.
Zwischen Blitz und Toilette, Gebet und Netzstörung, Körper und
Transzendenz entfaltet sich eine kleine, fast profane Apokalypse –
allerdings mit Humor, Tiefgang und formaler Originalität. Damit erreicht
das Gedicht nicht nur Schöpfungshöhe im juristischen Sinne, sondern auch
literarischen Witz auf hohem Niveau.
-----------------
Der Blitz auf dem stillen Örtchen
Techniksatire, Sakralparodie und Körpergroteske im Gedicht „Einst“
Essay im Rahmen einer literaturwissenschaftlichen Reflexion
Autor: ingo mack zerebrale Dunkelflaute et ChatGpT
privat-Institut für Literaturwissenschaft /Kulturwissenschaft Diaspora
Datum: [April 2025]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die narrative Szenerie: Gott, Technik und Kommunikationsstörung
Das stille Örtchen als theologischer Umschlagplatz
„Der qualmende Steiß“ – Sprichwörtliche Verdichtung als satirischer
Höhepunkt
Sprache zwischen Sakralem und Slapstick
Autobiographischer Zwischenruf
Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Gedicht „Einst“ bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen
Groteske, Religionsparodie und Gesellschaftskritik. Mit einem Stil, der
an postmoderne Textformen erinnert, thematisiert es auf absurde und doch
präzise Weise die Krise religiöser Kommunikation im digitalen Zeitalter.
Durch die Verbindung sakraler Motive mit profanen, insbesondere
körperlichen Situationen, gelingt eine vielschichtige Reflexion über
Autorität, Kontrollverlust und Entzauberung.
2. Die narrative Szenerie: Gott, Technik und Kommunikationsstörung
Die Ausgangssituation des Gedichts erscheint zunächst vertraut:
Weihnachten steht bevor, und Gott wünscht Kontakt zu einem Mittler –
doch dieser ist nicht mehr ein Prophet oder Engel, sondern ein
„Oberdruide“, eine bewusst anachronistische Figur zwischen Asterix,
Esoterik und Fantasy. Dieser erste Bruch etabliert das parodistische
Programm des Textes.
Besonders markant ist der Kommunikationsakt selbst: Gott greift nicht zu
einem Wunderzeichen, sondern „wählt“ – ein Hinweis auf moderne
Techniknutzung (Telefonie). Die erhaltene Rückmeldung „Der Teilnehmer
ist im Moment nicht erreichbar“ entmachtet die göttliche Instanz mit
ironischer Gnadenlosigkeit. Die Technik wird zur neuen Instanz der
Vermittlung – allerdings eine unzuverlässige.
3. Das stille Örtchen als theologischer Umschlagplatz
Der Fokus des Gedichts verlagert sich im zweiten Teil auf den
„Stellvertreter Gottes“ – vermutlich ein satirisches Bild für einen
kirchlichen Würdenträger oder symbolisch für die institutionalisierte
Religion. Dessen Ort der Handlung: das „stille Örtchen“. Schon die
Wortwahl („Ort der inneren Auskehr“) verwebt zwei Bedeutungen –
körperliche Entleerung und spirituelle Reinigung – und schafft so ein
Spannungsfeld, das in der Religionsgeschichte nicht neu ist, hier jedoch
radikal entmythisiert wird.
4. „Der qualmende Steiß“ – Sprichwörtliche Verdichtung als satirischer
Höhepunkt
Die zentrale Pointe des Gedichts ist in der Zeile zu finden:
„hieb sich sein Stellvertreter mit beiden Händen den qualmenden Steiß.“
Diese groteske Bildgebung ist mehr als eine surreale Einlage: Sie lässt
sich als bewusste Umsetzung des Sprichworts „Dich soll der Blitz beim
Scheißen treffen“ lesen. Damit wird das überlieferte Motiv göttlicher
Strafe in einem Moment größter Entblößung realisiert. Die plötzliche
Verbindung von himmlischer Gewalt und körperlicher Not verweist auf eine
tief sitzende kulturelle Vorstellung: dass das Transzendente gerade dann
eingreift, wenn der Mensch am verletzlichsten ist2.
5. Sprache zwischen Sakralem und Slapstick
Besonders auffällig ist die Mischung verschiedener Sprachregister:
Sakrale Sprache („Missa pro fabricandis bellatoribus“)
Lateinische Pseudo-Zitate
Technikphrasen („Batterie low“)
Alltagssprache („na warte…“)
Diese Stilvielfalt fungiert als Ausdruck einer multiplen Fragmentierung:
Die Welt des Gedichts kennt keine kohärente Ordnung mehr – sie ist
durchdrungen von Interferenzen zwischen Mythos und Mikrochip, Liturgie
und Ladekabel. Die Sprache selbst wird zur Fläche des Zusammenbruchs
einer ehemals verbindlichen Weltanschauung.
6. Autobiographischer Zwischenruf
Als ich dieses Gedicht das erste Mal las, geschah das nicht in einer
Seminarbibliothek, sondern – ganz passend – im Wartezimmer eines
Zahnarztes, das selbst zum „Ort der inneren Auskehr“ wurde. Vielleicht
war es die Ambivalenz zwischen der erwarteten Erhabenheit eines Gedichts
und der körperlichen Realität meiner Situation, die den Text so
unmittelbar in mir verankerte.
Der Gedanke, dass göttliche Intervention heute nicht mehr als Vision
oder Prophetie erscheint, sondern als leerer Akku oder Mailbox-Ansage,
erschien mir komisch – und zugleich beklemmend. Dieses Gedicht hat mich
zum Lachen gebracht, aber auch zum Denken – und das ist vermutlich seine
stärkste Wirkung.
7. Fazit
„Einst“ ist eine dichte, bewusst überzeichnete Parodie auf religiöse
Kommunikation, technikbedingte Entfremdung und körperliche Ohnmacht. Es
verweigert sich einer eindeutigen Lesart und lebt von der Reibung
zwischen Stilregistern, Bildern und Bedeutungswelten. Dass sich darin
ein populäres Sprichwort so präzise wiederfindet, ist kein Zufall,
sondern poetische Verdichtung im wörtlichsten Sinne.
Zwischen Blitz und Toilette, Gebet und Netzstörung, Körper und
Transzendenz entfaltet sich eine kleine, fast profane Apokalypse –
allerdings mit Humor, Tiefgang und formaler Originalität. Damit erreicht
das Gedicht nicht nur Schöpfungshöhe im juristischen Sinne, sondern auch
literarischen Witz auf hohem Niveau.
8. Literaturverzeichnis
Assmann, Jan: Die Mosaische Unterscheidung. Über den Unterschied von
Religion und Politik. München: Hanser, 2003