Am 04.05.2025 um 11:52 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich
über PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Meine „Elemente“ sind aber nicht Zeichen und nicht
Information, sondern jeweilige Informationsverarbeitungen. Sie leben eine Perspektive und
können „denken“, sie sind selbst tätig, semi-autonom, sie nehmen wahr, deuten, ordnen ein.
Sie sind dem Zufall ausgesetzt, und – aus zwei- oder mehrgliedriger Interaktion bestehend
– in diesem Ausgesetztsein auch von Diskontinuität alias zeitlicher Endlichkeit bedroht.
Moin Thomas,
ich hatte Dich vor Jahren einmal gefragt, ob so wie die Physik aus der Fischer-Information
die Medizin aus der Informationsmathematik (IM) von Bevier entwickelt werden könne. D.h.
jetzt: Wie werden die jeweils tätigen Informationsverarbeitungen in der IM behandelt? „Das
über physikalische Wechselwirkungen verknüpfte Universum ist dabei für jede
Informationsverarbeitung die oberste Ebene einer komplexen Hierarchie von Eigenschaften,
deren Verhalten zusammen die im Raumzeitpunkt der Informationsverarbeitung chaotisch
wirkenden Eingangssignale produzieren und damit das erzeugen, was Realität genannt wird.
Jeder beobachtete, sprich irgendwann gemessene Wert w aus W ist oder war Wert dieses
Universums, also ein realer Wert. Deshalb wird diese generelle Zuordnung
Universalzuordnung genannt.“
Ich frage mich dazu, wie Eigenschaften sich Verhalten und damit Realität erzeugen können?
Meinem Verständnis nach, werden Eigenschaften qualitativ durch Worte oder quantitativ
durch physikalische Größen bezeichnet.
Weiter ist bei Bevier zu lesen: „Da jede Informationsverarbeitung endlich ist gegenüber
einem gigantischen Universum, steht sie einer faktisch unendlichen Anzahl von
(Teil-)Eigenschaften gegenüber, bei der ihr nur die eigenen Ziele eine Auswahl auf eine
machbare Anzahl von Transformationen ermöglichen, die sie aus dem Angebot an
Eingangssignalen in einer annehmbaren Zeit aufnehmen und verwerten kann.“ Und: „Wert- und
Schrittsegmente sind in der Praxis des Alltagslernens räumlich und zeitlich realisiert.
Das Wertsegment entspricht dabei einem Raum-Ausschnitt, den die Informationsverarbeitung
überblicken kann, das Schrittsegment einem Zeitfenster der Beobachtung.“
Auch hierzu frage ich mich, wie Informationsverarbeitung etwas überblicken kann? Zudem
werden Wert- und Schnittsegmente räumlich und zeitlich realisiert. Das gewährleisten
Transformationen und Protokolle:
„Die Definition der Länge erfüllt für eine Menge {Xz} zusammenhängender Transformationen
die mathematischen Anforderungen an eine Distanzfunktion (Metrik), sodass diese mit der
Länge d zu einem metrischen Raum (Xz; d) wird.“ Und: „Die Folge von Anfangs- und Endwerten
der aufgetretenen Wertveränderung des Wertsegments für das vorgegebene Schrittsegment
heißt Protokoll, die zugehörige Folge der Wertveränderungen heißt Messung, der
übereinstimmende Index k der beiden Folgen Schritt, die Richtung von k Zeitpfeil.“
Im Ansatz heißt es dazu: „Ziel jeder Messung ist es, die Information im beobachteten
Raumzeit-Ausschnitt der Realität zu evaluieren, deshalb wird folgender Ansatz gewählt: Die
gemessenen Transformationen werden als Teile der Transformationsketten eines Netzes
angesehen.“ Dazu denke ich an die gerade in Verbindung mit den causets erwähnten
Hasse-Diagramme. Und so siehst Du das oben ja auch. Aber wie geht es weiter hinsichtlich
der Heilkunst Medizin?
In der Physik wird die Fischer-Information auf die Wahrscheinlichkeits-Amplitude für die
Störung bei einer Einzelmessung bezogen, um dann extremal behandelt werden zu können; denn
das Ziel einer Messung ist es, die Information I über das physikalische System zu
maximieren. Wird die im System gebundene Information mit J bezeichnet, geht es um eine
Informationsübertragung von J nach I. Extreme Physical Information (EPI) meint dann: K = I
− J = extrem. bzw. I − kJ = 0. Mit K wird die physikalische Information bezeichnet und k
meint die Effizienz der Informationsübertragung.“ So exakt wie in der Physik geht es in
der Medizin nicht zu, aber wäre nicht auch hinsichtlich der Diagnose an ein
Extremalverfahren zu denken? Und werden derartige Verfahren nicht bereits KI-unterstützt
eingesetzt?
Und noch eine kulturkritische Überlegung, die sich
nicht auf dieses Forum, das eine rühmliche Ausnahme darstellt bezieht, sondern einen für
mich erkennbaren allgemeinen Trend darstellt: in diesem allgemeinen Trend gilt sich in
abstrakte Höhen zu schwingen und sich in solchen Welten zu bewegen als moralisch zulässig
und begründet, wenn diese Abstraktionen ausgehend von der streng und vieles ausschließend
vorstrukturierten Basis der Mathematik und Physik erfolgen. Sie sind sozusagen von
vornherein wohlriechend, so schräg sie auch sein mögen. Erfolgen sie aber von einer
nicht-mathematischen und nicht-physikalischen Basis, gelten sie sofort und von vornherein
als anrüchig, übel und nach Schwefel riechend, bodenlos, nicht zu bedenken und keiner
Bearbeitung würdig
Janich hat ja mit seinem methodischen Kulturalismus eine Synthese aus Naturalismus
und Kulturalismus versucht. Zudem bilden meinem Eindruck nach die analytisch
Philosophierenden eine Minderheit gegenüber der mehrheitlich literarischen Philosophie.
Insofern kann ich Deiner kritischen Überlegung zum allgemeinen Trend kaum folgen.
IT