Am 12.09.2020 um 02:48 schrieb waldemar_hammel:
lieber karl,
man, da machst du aber ein (scheinbar) sehr großes fass auf ...
(bist DU eigentlich von corona jetzt vollständig genesen, oder gibt es
restschäden, die nicht mehr weggehen wollen, was ich nicht hoffe)
Im Prinzip weiß das keiner so recht (vermutlich ist schlichtweg noch zu
wenig detailliertes Wissen über Covid und seine langfristigen
Auswirkungen vorhanden). Nach einer nahezu beschwerdefreien Zeit im Juni
d.J. setzte wieder eine wirklich ungute gesundheitliche Beeinträchtigung
mit Symptomen ein, von denen sog. Genesene (die definitiv relativ schwer
von dem Zeug betroffen waren) als Nachwirkungen berichten: erhöhte
Entzündungsmarker neben sonstigen Auffälligkeiten im Blutbild,
Erschöpfungszustände, Schwindel, Übelkeit, Magen-Darmprobleme etc. Trotz
allem bin ich auf den Füßen und schätze mich glücklich, nicht von
absolut schwerem Verlauf (oder gar Ableben) betroffen gewesen zu sein,
wie ich dies im Bekannten- und Freundeskreis erfahren habe und obendrein
nicht noch durch meinen Sturz von der Leiter gänzlich weggetreten zu
sein :-) Danke also vielmals für alle Genesungswünsche!
Nun also zurück zum scheinbar großen Fass....
...in dieses Du nun – wie gewohnt - großes Wissen um die Dinge zwischen
Himmel und Erde hinzu steckst; was davon die physikalischen Fakten
betrifft, kann ich verstehen bzw. bestätigen. Der Unterschied in unseren
Weltbildern liegt offenbar darin, dass Du im Gegensatz zu mir jeglichen
Bezug auf ein immaterielles Agens (dessen Existenz und damit ein
Einwirken auf die hiesig irdische Lebenswelt) ablehnst.
mensch als "intrinsisch" direkt an ein
"universales bewusstsein"
angeschlossen und mit diesem verbrüdert ...
der mensch, übers bewusstsein, direkt mit dem "universalen geist"
verbandelt ...
der mensch als (zumindest) ein abbild gottes ...
es ist das alte: "mensch als das maß aller dinge" in neumodischem gewand
so leid es mir tut, aber das sind alles schimären,
selbstbeweihräucherungen des menschen, die zudem, wie die historie
beweist, zu nichts gutem führen.
Somit müsste Dir auch jeder Zusammenhang unserer real physischen Welt
mit intelligiblen Welten (wie sie in diversen philosophischen
Denksystemen entwickelt wurden, von Parmenides über Platon!, Plotin bis
Kant, Schopenhauer usf.) befremdlich sein. Um mich nun nicht auf den von
Dir gering geschätzten Platon zu beziehen, wähle ich Plotin, dessen
diesbezüglicher Denkansatz auch meiner Vorstellung eher entspricht:
Plotin (Schüler des Platon!) sah dieErkenntnisfähigkeit des Menschen
(als denkendes Wesen)durch dessen (teilhabende) „Anbindung“ an eine
übernatürliche, überindividuelle Instanz (Nous) begründet. Durch diesen
Zugang wird individuelles Denken objektiviert. Modern gesprochen, könnte
man es einem autotelischen Erleben, dem sog. „Flow“ zuordnen (wir haben
hier in anderem Zusammenhang schon darüber geschrieben). Nicht mehr ICH
sondern ES denkt. Es ist ein unmittelbar geistiges Erfassen, also kein
Ergebnis des individuellen Denkens sondern der„Zugriff“ auf
einuniversalesNous (vergleichbar derAkasha-Chronikder Anthroposophie).
Es ist die Verwirklichung der potentiell möglichen Teilhabe des
Denkenden am allumfassendenGeist (Weltgedächtnis).
Diese sich im menschlichen Gehirn vollziehende Wechselwirkung zwischen
physischer und übernatürlicher Instanz entzieht sich jeder klassischen
Naturbeschreibung. Dieses noetische Weltbildwurde bereits in den 70ern
von Capra (The Tao of Physics) dargelegt. Ich hatte mir das Buch in den
80ern aus USA mitgebracht und damals war Capra lesen bei den einen ein
Muss, bei den anderen ein CLM (Carrier Limiting Move).
Somit ist natürlich auch einem „harten“ Leib-Seele-Dualismus
abgeschworen, also der Annahme, dass Geist und Körper getrennt
voneinander sind. Für mich heißt das aber nicht, dass diese Substanzen
demnach auch nicht getrennt existieren (könnten/würden); vielmehr
verstehe ich diese Verbindung als Wechselwirkung quasi zwischen „Objekt
und Beobachter“.
Und hier scheiden sich natürlich die Sichtweisen (oder die Geister :-)).
An dieser Stelle erst mal ein break mit bestem Gruß!
Karl
PS:
wh: "ich jedenfalls kann mir auf keine weise vorstellen, nicht zu sein
um doch, zumal denkend, zu existieren,ich weiß allerdings, dass ich
überhaupt nicht "bin" im sinne von sosein, sondern dass ich nur als
prozess existiere, von geburt bis tod ein "fließen", das keinen
bruchteil einer sekunde stillsteht."
Das bist typisch DU - eben wechselwirkend prozessorientiert! Warum auch
nicht, denn es entspricht der Realität. Ich weiß von mir ebenso, dass in
mir permanent unzählige Prozesse ablaufen und doch bin ich und zwar
(bisweilen irreal) lebensorientiert :-)
ich empfehle stattdessen DEMUT und das eingeständnis
"ich weiß, dass
ich fast nichts weiß", ich bin dumm und völlig unfähig, "objektive
welt" zu erkennen oder auch nur zu erahnen,
und das meine ich nicht metaphorisch. alles, das wir für welt halten,
findet als konstrukt in unserem schädel statt, mehr ist nicht, und
mehr wird nie sein, damit müssen wir uns bescheiden.
und zusätzlich geht es jedem anderen tier genauso, auch diese alle
sind (lediglich) selbstreferente systeme. von außen betrachtet alles
armselig !
Reduktionismus pur! Würde man auch als armselig betrachten können,
angesichts der Fülle und Schönheit des Lebens (wie es diese neben allen
misslichen Dingen doch auch gibt!). Diese Welt ist eben Himmel und Hölle
zugleich. Dem Himmel die Demut - der Hölle den Fluch!