/It: „ich bezog mich mit meinem Jahrmillardenhorizont auf das Vordenken,
wie es den Horizont zu sprengen vermag und da reichen Prinzipien und
Gedankenexperimente nicht aus. Nachdem Freund Grossmann Einstein zur
Differentialgeometrie verholfen hatte, fand er, wenngleich mühsam, aber
letztendlich erfolgreich, die hinreichend invariante Feldgleichung. Und
die enthüllte mehr als er gedacht hatte und sprengte sogar seinen
anfangs statisch angenommenen Kosmos, dynamisierte ihn in einer Weise,
wie er es ohne Mathematik nie hinbekommen hätte.“//
/
Einstein mit W de Sitter 1932, in einem vereinfachten Denkmodell ohne
kosmologische Konstante.
Die Relevanz der kosmologischen Konstante sieht auch Lee Smolin
kritisch, dem ich Deine Feststellung geradewegs in den Mund legen würde:
/it, „Die tollsten Ideen bringen nichts, wenn sie nicht funktionieren.“/
Funktion hat demnach erst dann faktische Relevanz, wenn Ideen in
konkrete Gestalt gebracht und (solchermaßen umgesetzt) damit zur
Realität werden.
Ideen sind ein „Geistiges“ (in Anlehnung an Wittgenstein – „wo kein
Körper ist“), das sich in nahezu unübersehbarer Fülle materieller
Ausformungen (Idee in Form bringen) verkörpert. Diese „Brückenfunktion“
zwischen Geist und Materie ist genuiner Ausdruck von Kreativität und
damit das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Tier.
Damit ist nicht das Vermögen von Tieren kleingeredet, wahre Kunstwerke
(gleich, ob es ein Spinnennetz oder eine Bienenwabe ist) zu schaffen,
die aber ausschließlich deren Überlebensfunktion und nicht einer
künstlerischen Anschauung dienen.
Die Kreativität des Menschen findet ihren höchsten Ausdruck in den
Kunstformen (für mich vornehmlich in der Musik, wo Ideen sich im Klang
selbst der „kürzesten Saite“ verwirklichen).
Wieder sind wir nun im „Spannungsfeld“ zwischen „Geist“ und
Körperlichkeit (Materie) angekommen. Immer noch fehlt hier im Forum eine
konsensfähige Begrifflichkeit von „Geist“, wobei diesem Manko auch nicht
mit der Behauptung abgeholfen ist, Geistiges existiere schlichtweg nicht.
Wenig hilfreich ebenso, Waldemars penetrante Rekursion auf seinen
„kopfgesteuerten Kappes und Kartoffel-Materialismus“.
Wh: „(zudem entstehen ideen in köpfen, und nur dort, während die dinge
der welt unabhängig von köpfen-inhalten existieren müssen, sonst haben
wir sowas wie ein -just durch platons ideenlehre-umgekehrtes solipsismus
problemchen)
[…] nach platon müsste auch zb das automobil schon immer in gottes
wurstküche als idee gestanden haben,..“
Davon abgesehen, dass ich Waldemar schlicht absprechen muss, sich jemals
in hinreichender Tiefe mit Platon beschäftigt zu haben (das zeigen m.E.
seine diesbezüglich unqualifizierten „Schlussfolgerungen“), würde ich
sagen, dass Platons Philosophie nicht mehr unbedingt als Grundlage
heutiger Sichtweisen auf den Menschen und seine Lebenswelt dienen muss
(was nicht heißt, dass man sich dieser gegenüber gänzlich zu
verschließen hätte).
Natürlich entstehen und formen sich Ideen in „Köpfen“, präziser
ausgedrückt sind sie das Ergebnis neuronal-prozessualer
Informationsverarbeitung im Gehirn/ZNS.
Wendet man sich also von der „Ideal-Welt“ eines Platon ab, findet man in
eher deskriptiv psychologischer Auslegung einer „Ideen-Lehre“ die des
John Locke,
Sie führt von der Empfindung (sinnliche Wahrnehmung – sensation) als
einfache Ideen, weiter zum Nachdenken (Reflection) hin zu komplexen
Ideen. Doch woher kommen diese Ideen?
Locke selbst hierzu:
„Wie gelangt Geist zu diesem gewaltigen Ideenvorrat [...] Woher hat er
all das Material für seine Vernunft und für seine Erkenntnis? Ich
antworte darauf mit einem einzigen Worte: aus der Erfahrung. Auf sie
gründet sich unsere gesamte Erkenntnis, von ihr leitet sie sich
schließlich her“ (Locke in sinngem. Übersetzung)
Diese Locke‘sche Ideenlehre fußt ausschließlich auf Empirie (Wegbereiter
des Empirismus – wir hatten hier auch darüber geschrieben und den
Begriff des „tabula rasa“ erörtert).
Jedenfalls kommt diese Vorstellung Waldemars Aussage entgegen, Ideen
entstünden einzig im „Kopf“. Das trifft für den überwiegend aus dem
empirisch angelegten Erfahrungsschatz kommenden Ideenvorrat zu, der für
die essentielle Lebenserhaltung unverzichtbar ist.
Lockes „tabula rasa“ lehnt jegliche Annahme „eingeborener Ideen“ ab.
Abgesehen davon, dass diese These des Behaviorismus hinreichend
widerlegt ist, spielt sie für meine Argumentation hinsichtlich
intuitiver Ideenfindung keine Rolle.
Bedeutsam für das Bemühen hier eine konsensfähige Vorstellung über das
Zusammenwirken von Geist/Idee und Körperlichkeit zu finden, könnte John
Locke‘s nachfolgend zitierter Feststellung sein:
„ [..] Viele Trugschlüsse und Irrtümer gehen auf Kosten der Wörter und
ihrer unsicheren oder missverstandenen Bedeutung (J. Locke)
Grandioses Missverstehen meiner Argumentation sehe ich in diesem Beispiel:
wh: “("die idee des autos" als primordial, am besten noch vor dem
urknall anzusiedeln, weil auch dieser natürlich nur eine von platos
ideen ist ) und wir idioten haben das auto erst vor 120 jahren erfunden
= "gefunden" gemäß plato, und dann in hunderten sorten und arten ausgeführt,
das ist doch blödsinn !
Diesen (weit hergeholten) Schluss zu denken und zu formulieren, könnte
man ebenso als „Blödsinn“ abtun. Aber genau dieses „abtun“ verstört und
hindert uns daran, eine Diskussion überhaupt zu einem übereinkommenden
Ergebnis führen zu können. Das fordert nicht eine einvernehmliche
Festlegung auf die eine oder andere Argumentation, sondern lediglich
deren Akzeptanz als zugestandene Meinung des Anderen.
Bester Gruß in die Runde! - Karl
PS: Ach so, jetzt hänge ich noch für Ingo (und ggf. an diesem Thema
Interessierte) an:
Bezogen auf die kosmologische Konstante (s.o.) komme ich auf Lee Smolin
zurück, den Du, Ingo kürzlich hier zitiert hast.
Er sieht sich als „Realist“ und stellt sich in Opposition zu den von ihm
freundlich genannten „Copenhagen People“. Wenn man sich nicht der Mühe
unterziehen will, seine Bücher „durchzuackern“, geben einige seiner
„Talks“, die man glücklicherweise auf YT verfolgen kann, einen guten
Überblick seiner Denkmodelle; diese nehmen mich auf eine Weise
gefangen, die ich auf Anhieb nicht zu beschreiben vermag.
In seinem „public talk – Einstein‘s unfinished Revolution:
https://www.youtube.com/watch?v=r-L690pQhuo
betreibt er seine provozierende Schlussfolgerung, dass die Theorie der
QM falsch ist oder zumindest unvollständig und somit keine tragfähige
Theorie aus Sicht eines Realisten darstellt.
Schrödinger sieht er als „Gesinnungsgenossen“, der mit seinem
„Katzen-Modell“ ein Beispiel für irrationale (antirealistische)
Weltsicht anführt: Entweder die Katze ist lebendig oder eben schlichtweg
tot.
Wo Du nun, Ingo, Smolin gelesen hast, würde mich interessieren, wie Du
zu seiner Aussage bzgl. Gültigkeit der QM stehst.