Am 8. Juni 2022 22:54:29 MESZ schrieb Karl Janssen <janssen.kja(a)online.de>de>:
transmitted from iPad-Client
Am 08.06.2022 um 17:23 schrieb Claus Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Hallo Ingo & Liste,
Könnte man vielleicht sagen, dass die Einheitlichkeit der uns bekannten Welt darin
bestehdt, das sie sich in Empfindungen/Wahrnehmungen und Tatsachen/Materie teilt, wenn wir
diese Unterscheidung machen?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich Deine Frage richtig verstanden habe, Claus.
Wenn man die Einheitlichkeit der Welt vom Kleinsten her oder - auf Mach bezogen - aus
gleichartigen Elementen (geringer Variation) zusammengesetzt denkt und man im Sinne der
Identitätstheorie mentale Prozesse wie Empfindungen/Wahrnehmungen auf das Physische, also
Materie reduziert, dann muss man zur Unterscheidung der unzweifelhaft verschiedenen
Zustände resp. Prozesse diese eindeutig klassifizierend benennen: Hier die Empfindung als
mentales nichtmaterielles Strukturelement, dort die Materie als eben materielles
Strukturelement. Beide zusammengeführt bilden eine ganzheitliche Struktur als eine
unabweisbare Tatsache.
Vielleicht hätte ich nach "sich" "erst" einfügen sollen.
Ich wollte die Einheitlichkeit der Welt auch nicht darin sehen, dass sie sich aus den
immer gleichen kleinen Teilen zusammensetzt. Sondern eher darin, dass wir nur unsere
Erfahrungen und bestimmte Ordnungsprinzipien haben. Über die Erfahrungen würde man gar
nichts sagen, wenn man sie als subjektiv bezeichnen würde, ohne damit eine bestimmte
Unterscheidung zu verbinden. Ein Inhalt ergibt sich erst aus einer Unterscheidung wie der
zwischen Traum und Realität.
Vielleicht gibt es indigene Völker, die gar nicht zwischen Traum und Realität
unterscheiden. Wie sollten die dann auf die Idee eines Dualismus kommen?
Nein, ich glaube doch nicht, daß es das gibt. Es wäre nicht praktikabel, sich in wachem
Zustand so zu verhalten wie im Traum. Das könnte ins Auge gehen.
So unterscheiden wir aus guten praktischen Gründen zwischen Einbildung und Realität. Das
bringt uns dann dazu, zu denken, im einen Fall ist da bloss ein Erleben, im anderen
entspricht ihm darüber hinaus auch etwas. Das ist dann die Teilung, die ich oben meinte.
Im zweiten Fall ist es aber nur eins, das von anderen geteilt und bestätigt wird und/oder
nach einem bekannten Muster abläuft, eben anders als etwa im Traum oder unter Drogen. Da
ist nicht z.B. die Erfahrung eines Gegenstands und ausserdem auch noch dieser Gegenstand,
wenn damit etwas anderes ausgedrückt werden soll als dass andere ihn auch sehen. Damit
würden wir aus der Unterteilung der Erfahrungen in normale, verlässliche einerseits und
irreguläre andererseits eine Verdoppelung der Welt machen mit einer unüberbrückbaren Kluft
zwischen ihren beiden Polen.
Von Einheit zu reden bedeutet nicht, alles in einen Topf zu werfen und die Vielfalt nicht
zu sehen, sondern nur, diese Kluft zu bestreiten.
Aus materialistischer Sichtweise würde auch das mentale Strukturelement auf
Materie/Energie gründen und insoweit wäre eine Unterscheidung zwischen den hier genannten
Strukturelementen sinnlos. Man wirft quasi alles in einen Topf aus dem man jedoch
(zumindest im Alltagsdenken und -sprachgebrauch) die Einzelheiten von Empfindung und
materieller Gegebenheit wieder herausnehmen uns sprachlich differenzieren muss. Ärger,
Unmut, Angst sind Empfindungen wie eben auch Liebe, Glücklichsein, Freude, die sprachlich
eindeutig von jeglichem Ausdruck mit materiellem Bezug getrennt ist. Für mich sind es
wirklich nur abstrakte, lebensfremde Hirnkonstrukte, wenn krampfhaft versucht wird,
Geistiges -also eben klar Immaterielles - auf Materie zu reduzieren. Materie in unserer
Lebenswelt ist zumeist in vielfältigste Formen gebrachte Energie. Die Idee zu Form(en) ist
Information.
Liebe, Glücklichsein, Freude und die Gegensätze sind wieder ganz andere Baustellen als
Sinneswahrnehmungen, die man als die existenzbezeugenden Erlebnisse bezeichnen könnte. Nur
hier stellt sich die Frage, ob es wirklich so ist wie es uns vorkommt oder ob wir
vielleicht prinzipiell nur über letzteres reden können. Damit sind wir beim sogenannten
Subjekt-Objekt-Dualismus, dessen vielleicht gar nicht so entfernter Verwandter der von
Leib und Seele sein könnte.
Ein m.E. durchaus interessanter Aspekt liesse sich aus
Deiner Frage ableiten, wenn man Einheitlichkeit (der Welt) als Potentialität im Sinne
einer alles umgreifenden „Welle“ (Pilotwave-Theorie) versteht, die als objektiver Träger
nicht-lokalisierter Informationsbits (Nichtlokalität der QM nach Bell) in eine
immaterielle Objekt-Subjekt-Beziehung (Interaktion als mentales Phänomen) treten kann.
Jede subjektive Erfahrung eines Menschen platziert Informationsbits in diesen objektiven
Informationsspeicher, ebenso speist sich daraus der subjektive Informationsspeicher
(Gehirn(ZNS) als mögliche Erweiterung subjektiver Erfahrung, die als motivierende
Ideenquelle Ursache für lebenspraktisches Handeln in der materiellen Welt wirkt. Damit
entwickelt sich die physische Welt aus Ideen resp. Information stetig fort.
Idee =Geist = Information = Empfindung. Diese immateriellen Strukturelemente als mentale
Phänomene gesehen sind identisch, nicht aber Geist und Materie.
Das scheint mir alles " Lehre und keine Tätigkeit" zu sein, während es in der
Philosophie m.E. nicht darum geht, etwas neues herauszufinden, sondern darum, sich selbst
nicht misszuverstehen, was vielleicht gar nicht so einfach ist.
Claus
Beste Grüße! - Karl
> In der Philosophie war die Vorstellung verbreitet, dass wir nur das eigene Erleben
kennen und daraus auf eine äussere Welt schliessen. Müsste man da nicht fragen, wie man zu
einem Begriff des nur Subjektiven kommt, wenn nicht durch Unterscheidung zwischen bloss
eingebildeten und realistischen Erfahrungen? Der Stoff, aus dem beides gemacht ist, ist
die Erfahrung.
> In der Physik oder Physiologie möchte man das Leben auf die Materie reduzieren und
verwechselt m.E. eine "was ist..."-Erklärung mit einer kausalen oder
chronologischen. Müsste man sich nicht analog fragen lassen, wie man zu einem Begriff des
bloss Objektiven kommt?
>
> Claus
>
> Am 4. Juni 2022 12:19:46 MESZ schrieb Ingo Tessmann <tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
>>
>>
>>
>>> Am 20.05.2022 um 02:22 schrieb K. Janssen <janssen.kja(a)online.de>de>:
>>
>> „Die Information also bildet die eigentlich strukturbildenden Elemente aus:
In-Form-bringen. „It‘s from bit“, das ist J. Wheelers bleibendes Vermächtnis.
>>
>> Mein Unbehagen bezieht sich demnach vornehmlich nicht auf die Person E. Mach
sowie großen Teilen seines Werks, sondern auf gewisse Aussagen und Festlegungen, die sich
darüber hinaus im Nachgang - auch durch unzulängliche bzw. ideologisch bedingte
Auslegungen seiner Thesen - entwickelt haben.“
>>
>>
>> Hi Karl,
>>
>> womöglich ließen sich Wheelers Informationismus und Machs Elementenlehre
zusammendenken. Aber dazu müssten wir auf die Quellen zurückkommen. Wheeler begann ja nach
seiner Mitarbeit an der Entwicklung der Wasserstoffbombe mit der Geometrodynamik (1970:
GRAVITATION), wandte sich dann dem quantenmechanischen Messprozess zu (1983: "Quantum
Theory and Measurement") und gelangte daran anknüpfend in die Informationstheorie
(1989: "Information, Physics, Quantum: The Search for Links“):
>>
>>
https://philpapers.org/archive/WHEIPQ.pdf
>>
>> Ähnlich wie später Wheeler hatte sich bereits ein Jahrhundert zuvor Mach von der
Hard- in die Softscience begeben und sich nach seiner historisch-kritischen Darstellung
der Mechanik von 1883 in „Die Analyse der Empfindungen“ 1900 dem „Verhältniss des
Physischen zum Psychischen“ zugewandt. Aber was sind seine Elemente eigentlich außer der
Bestimmung, Komplexe bilden zu können?
>>
>> Für Mach ist die Welt letztlich ein Komplex von Elementen: „Somit setzen sich die
Wahrnehmungen so wie die Vorstellungen, der Wille, die Gefühle, kurz die ganze innere und
äussere Welt, aus einer geringen ZahI von gleichartigen Elementen in bald flüchtigerer
bald festerer Verbindung zusammen.“ Mir sagt der Monismus grundsätzlich zu. „Aus den
Empfindungen baut sich das Subject auf, welches dann allerdings wieder auf die
Empfindungen reagirt.“ Dabei betone man nicht „die Einheit des Bewusstseins. Da der
scheinbare Gegensatz der wirklichen und der empfundenen Welt nur in der Betrachtungsweise
liegt, eine eigentliche Kluft aber nicht existirt, so ist ein mannigfaltiger
zusammenhängender Inhalt des Bewusstseins um nichts schwerer zu verstehen, als der
mannigfaltige Zusammenhang in der Welt.“
>>
>> Mach spitzt seine Analyse am Ende auf implizite Elementengleichungen zu: „Die
Specialuntersuchung der sinnlichen physisch-psychischen Sphäre, welche durch diese
allgemeine Orientirung nicht überflüssig wird, hat die Aufgabe, den eigenartigen
Zusammenhang der Elemente A B C ... zu ermitteln. Dies kann symbolisch so ausgedrückt
werden, dass man der Specialforschung das Ziel setzt, Gleichungen von der Form F(A,B,C...)
= 0 zu finden.“ Das Subjekt mit seinem Bewusstsein bleibt ein Implex, den Wheeler dann
quantentheoretisch im Anschluss an seine Messanordnung der verzögerten Entscheidung und
kosmologisch als ein selbsterregtes Netzwerk behandelt, das für das Universum steht.
>>
>> Zwei weitere Elementenlehren wären die nach Annila und Davidson. Für Annila sind
aus den Atomen und der Leere die Quanten und das Vakuum hervorgegangen, denn alles sind
Lichtquanten, gemäß "Statistical Physics of Evolving Systems" die fundamentalen
Elemente der Natur, die als Wirkungen aus Energiedifferenzen zugleich Energie und Zeit
verbreiten. Und für Davidson geht es "From Planck area to graph theory“, indem er
"Topologically distinct black hole microstates" untersucht.
>>
>>
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8700439/pdf/entropy-23-01590.p…
>>
>>
https://arxiv.org/pdf/1907.03090.pdf
>>
>>
>> IT
>>
>>
>>
>>
>>
>>
>>
>>