Man würde ohne die Anwendung von Kausalwissen nicht lange überleben. Ich würde einen
Lebensreformer also fragen, wo die Grenze ist, ab der man es nicht mehr verwenden sollte.
Was mir natürlich einleuchtet ist, daß der Nutzen nicht grösser als der Schaden sein und
man nicht den Ast absägen sollte, auf dem man sitzt.
Kleine aktuelle Anekdote zum Thema: CR7 hat bei einer Pressekonferenz die Colaflaschen
durch Wasserflaschen ersetzt. Wasser ist aber auch wirklich gesünder.
Claus
Am 20. Juni 2021, 10:45, um 10:45, Rat Frag via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>
schrieb:
[Philweb]
Hallo Liste,
weil mich das Thema nicht loslässt, wollte ich es doch noch mal in der
Liste ansprechen.
Das ist etwas, das ich hier mal plakativ "Vorurteil zugunsten des
Natürlichen" nennen will.
Beispielsweise gehen sehr viele Menschen davon aus, dass
Bio-Lebensmittel automatisch gesünder seien. Dem ist aber nicht so
zwingend so. "Bio" bezieht sich nur auf die ökologische
Herstellungsweise, was nur indirekte Schlussfolgerungen über die
Qualität des Inhalts zulässt.
Ein anderes Beispiel wäre die häufige Behauptung, dass Menschen der
Steinzeit sich einfach viel mehr bewegt haben und wir es deshalb auch
tun sollten. Wenn man jetzt aber die Lebenserwartung der Menschen der
Steinzeit mit der heutigen vergleicht, dann geht dieser Vergleich
zugunsten der Jetztzeit aus.
Vergleichbares gilt für die "traditionellen" Lebensmittel. Diese
wurden durch systematische Zuchtwahl und über Jahrhunderte an die
Bedürfnisse des Menschen angepasst. Man muss nur mal die "Urformen"
von Bananen, Mais oder Karotten mit den heutigen Zuchtformen
vergleichen. Der Anteil der für Menschen essbaren Teile nimmt enorm
zu.
Das geht bis hin zur Aussage, dass die Menschen früher in sozial engen
Kleingruppen lebten, während wir heute vereinzelt in Großstädten
leben.
Wer hat den Wohlstand hergestellt, den die Person
verbraucht? Waren
es die
Vorfahren, die Erfinder, aller Kulör, oder
erarbeitet jede Person den
Wohlstand, den sie von Tag zu Tag genießt?
(Karl Janssen, 14.06.2021)
Grade solche Dinge wie "Pflanzenanbau", Viehzucht usw. kennen wir
historisch nicht. Möglicherweise war es keine einzelne Person, sondern
eine "zufällige" Entstehung.
Wobei die Nahrungspflanzen mit der Symbiose durch den Menschen
koevolviert sind.
Womit ich explizit nicht sagen will, dass das "natürliche" gegenüber
den konventionellen immer schlechter abschneidet. Wir sollten uns nur
bewusst sein, dass wir ein Vorurteil gegenüber "natürlichen" Dinge
haben.
Dieses Vorurteil muss aber nicht unbedingt stimmen.
Wir müssen davon ausgehen, dass viele früheren Zustände nur ein
unbewusster Kompromiss waren, weil die Leute die Alternativen gar
nicht kannten.
Auch heute kennen wir die langfristige Auswirkungen vieler technischer
Entwicklungen nicht.
Gruß
Der, wie immer, Ratlose.
_______________________________________________
Philweb mailing list
Philweb(a)lists.philo.at
http://lists.philo.at/listinfo/philweb