Am 14.03.2020 um 13:39 schrieb K. Janssen via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Dazu möchte ich gerne aus Ingo Tessmanns
bemerkenswerten Beitrag zur Kopenhagener Schule zitieren (es lohnt, diesen ganz zu
lesen!)
(
https://www.tuhh.de/ rzt/rzt/it/kritik/node7.html)
/"Alle Dynamik ist Wechselwirkung. D.h. physikalisch interpretiert stellt der Raum
die Wechselwirkung zwischen den Uren her. Damit folgt ur-theoretisch die spezielle
Relativitätstheorie aus der Quantentheorie. Philosophisch gesehen hat Weizsäcker den
Positivismus der Kopenhagener Interpretation auf die Spitze getrieben, indem er die
Ja-Nein-Entscheidungen beim Messen zur Grundlage seiner Theorie gemacht hat.//
//Allerdings läßt die Ur-Theorie auch eine materialistische Lesart zu. Letztlich ist es
die Energie, die informiert, indem sie sich in Form begibt, ausdifferenziert und als qbit
zugleich Inhalt und Form, Energie und Information ist."/
Hi Karl,
unterdessen habe ich meine Webpräsenz auf eine eigene Domäne verlegt:
https://www.ingo-tessmann.de/kritik/kritik.pdf
<https://www.ingo-tessmann.de/kritik/kritik.pdf>
Der Artikel "Kritische Theorie und Moderne Physik“ über Beginn und Fortgang von
Frankfurter- und Kopenhagener Schule ist bereits über 20 Jahre alt und harrt noch immer
der detaillierten Ausarbeitung. Wann werde ich dazu kommen? Dabei ist der Beginn der
jetzigen 20er Jahre vielleicht ein willkommener Anlass, angesichts der wiedererstarkten
Rechten in Thüringen (und der unverhohlenen Kumpanei der Christen und Liberalen mit ihnen)
die Rolle kritischer Theorie erneut zu bedenken.
Die Umbruchsituation von der Bequemlichkeit im Kaiserreich zur krisenhaften Weimarer
Republik ist durchaus mit unserem Vertreiben aus dem Konsumparadies durch Klimawandel,
Artensterben und Infektionskrankheiten mit dem Jahrzehnt vor 100 Jahren vergleichbar. Nur
dass es damals mit der Spanischen Grippe, der Hyperinflation, der Weltwirtschaftskrise und
dem Faschismus der Achsenmächte noch viel schlimmer kam.
Alles Leben und Erleben ist Wechselwirkung als sich
ständig ereignende Voraussetzung jeglicher raumzeitlichen Existenz. Existenz ist
Interaktion, ist Austausch von Information. Doch wie vollzieht sich, was initiiert
derartige Interaktion? Was soll, muss oder kann sie (außer eben diesen
selbstorganisierenden autonomen Prozessabläufen zum physischen Lebenserhalt) bewirken?
Das Zusammendenken von Natur- und Sozialphilosophie ist mir nach wie vor ein Anliegen.
Eine Entwicklung durch Differenzierung und Zusammenschluss im Modell der Ebenen und Krisen
scheint mir noch immer angemessen dafür. Dabei haben wir das Thema in den letzten
Jahrzehnten in der Tat ständig wiederholt. Vielleicht weil es im Gegensatz zu den
Naturwissenschaften in der Philosophie kaum Fortschritte gegeben hat? Aber ist die
Information wirklich der Rettungsanker? Mir erscheint sie so überflüssig wie die
Mengenlehre, nützlich, aber nicht notwendig. Was ist wesentlich, sollte sich schon Hegel
immer wieder gefragt haben und in den 1970ern wurden die Reden schwingenden Kommunarden
gerne ermahnt mit dem Einwand: Werde wesentlich!
Aber stammt der Spruch wirklich von Hegel? Im Internet lese ich gerade: "Mensch werde
wesentlich: denn wann die Welt vergeht / So fällt der Zufall weg / das Wesen das besteht.“
Das ist ein Zitat von Angelus Silesius, einem Geistlichen aus dem 17. Jahrhundert!? Bei
Hegel heißt es in der Wissenschaft der Logik: „Das Wesen ist das `aufgehobene' Sein“.
Und: „Dieses Sein aber, zu dem das Wesen sich macht, ist das wesentliche Sein, die
Existenz; ein Herausgegangensein aus der Negativität und Innerlichkeit.“ Wer hätte das
gedacht?
Eigentlich ist ja immer schon alles da, wir müssen es nur bemerken oder aufspüren und wenn
wir sorgfältig und redlich dabei vorgehen, sollte der Anfang egal sein. Aus dem Zählen und
Messen wurde die Mathematik entwickelt, die einmal für Wissen schlechthin stand. Also:
Alles ist Zahl! Lasst uns mit dem Zählen beginnen. …
Es grüßt,
Ingo