Am Mo., 23. Sept. 2019 um 17:53 Uhr schrieb Claus Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Die Verwendung von Zeichen, denen wir ihre Bedeutung
nicht ansehen, muss
mit Zeichenerklärungen anfangen. Diese gelten in der Regel im Gegensatz
zu Erfahrungssätzen unbedingt und ausnahmslos und das ist kein Problem,
weil wir mit ihnen ja nichts behaupten, sondern etwas bestimmen. Wenn du
also Ausnahmen von der Definition der Verneinung und der Zuschreibung
von Wahrheitswerten zulassen möchtest, zeigt das, daß du die Definition
aufgegeben hast oder auf bestimmte Gegenstandsbereiche einschränken
möchtest.
Ich denke, du siehst das vielleicht von der falschen Perspektive.
Es geht nicht darum, wie die Negation definiert wird, sondern darum,
welche Auswirkungen es geht, wenn eine Aussagen sowohl als wahr als
auch als falsch bewertet wird.
Mir ist gar nicht bewusst, womit ich Anlass zu
der Vermutung gegeben haben könnte, daß ich das anders sehe.
Missverständnis, lag an mir. Es tut mir leid.
Du scheinst hier nicht von der Geltung der Regel
(siehe oben) zu reden,
sondern von ihrer Brauchbarkeit.
Ich bestreite natürlich nicht, dass es gewisse formallogische Systeme
gibt, genau so funktionieren.
Und der Haken scheint mir zu
sein, daß man aufpassen muss, daß man sich nicht in Worten oder Taten
selbst widerspricht, ohne es zu bemerken. Aussagen die unproblematisch
sind, wenn sie über andere gemacht werden, könnten so problematisch
werden, wenn man sie über sich selbst macht.
Ich sehe das Problem, aber es scheint mir nicht das zentrale Problem
mit meinem Argument zu sein, oder?
> Zum
"Selbstbewusstsein": Dieses Wort hat unproblematische
Facetten, die
auch
philosophisch uninteressant sind oder man versteht darunter
vielleicht das Bewusstsein der eigenen Existenz als einer der wenigen
Tatsachen, an der kein Zweifel möglich ist. Wenn man genauer hinsieht,
scheint sich das "ich existiere" aber in Luft aufzulösen.
Das Problem ist doch ein anderes. Dieses Ich scheint aus lauter
"Nicht-Ichs" zu bestehen.
Eine einzelne Erinnerung kann falsch sein, das hebt die Identität
eines Menschen nicht auf, eine Einzelne
Lernerfahrung ebenfalls. Wie weit dürfen wir dieses Gedankenexperiment
treiben, bis wir aufs Absurde stoßen?
Wie gesagt: "Ich" kann ich immer noch sagen, wenn ich alles vergessen
habe und nicht mehr weiß, wer ich bin.
Ich würde
auch einsehen,
daß Sätze des Typs "das und das ist so und so" unter diesen Umständen
eventuell unpraktisch sind.
Das kann man so sehen. In der Tat handelt es sich um nicht mehr als
eine Frage der Interpretation. Weitere Klärung
wäre hier nur durch komplexere Fragestellungen zu erwarten.
> Im ersten Fall folgen wir definitionsgemäß immer dem stärksten Motiv,
> denn das ist ja das, dem wir folgen. Mit Determinismus hat das aber
> natürlich nichts zu tun. Die Definition ermöglicht ja keine
Vorhersagen,
sondern
wir müsse abwarten, was die Person tun wird.
Der Fall ist nicht ganz so einfach, glaube ich. Was ist mit Fällen, in
denen wir z. B. annehmen, das eine Person unter dem Einfluss schwerer
Krankheit, Gift oder Falschinformationen gehandelt hat. Was ist mir
Reflexhandlungen?
Aber natürlich haben Motive etwas mit unseren Handlungen zu tun. Das
macht sie ja zu Motiven. Es gibt sicher Motive, denen nicht nachzugeben
fast übermenschliche Kräfte erfordern würde.
Einen Reflex würde ich nicht unbedingt als Handlung bezeichnen, aber
streiten wir uns nicht um Worte. Da macht die Körpermaschine quasi was
sie will.
Natürlich haben auch unser Geisteszustand und unser Informationsstand
etwas mit unseren Handlungen zu tun. Das ist doch überhaupt keine Frage.
Alles was ich gesagt habe, war:
Wenn wir uns so ausdrücken, daß wir als stärkstes Motiv dasjenige
bezeichnen, dem wir am Ende folgen, macht es keinen Sinn zu sagen "wir
folgen immer dem stärksten Motiv wie ein Sklave seinem Herrn". Denn das
bedeutet dann nichts anderes als "wir folgen immer dem Motiv, dem wir
folgen".
Wenn wir dagegen sehen, daß jemand leidet oder Hirnströme messen, können
wir zwar vielleicht sagen, daß großer, vielleicht fast unwiderstehlicher
Handlungsdruck besteht, aber nicht mit Sicherheit, was der Mensch
letztlich tun wird.
Was jemand so oder so tun musste, das ist eine
moralisch nicht zu
verantwortende Handlung, ethnisch neutral.
> Mir scheint es ja weder bei seelischen, noch bei physikalischen
> Vorgängen sinnvoll zu sein, zu sagen "es musste so kommen, alles
andere
ist
undenkbar".
Das ist in der Tat eine Aussage, auf die ich nicht antworten kann.
Eventuell hast du gewonnen.
Ich wirke hoffentlich nicht so, als ob ich das hier als eine Art
Fingerhakeln betrachten würde.
Claus