Am 04.03.21 um 11:25 schrieb K. Janssen:
Der von mir nicht in dogmatischer Absicht einer
Universalargumentation
verwendete Merkspruch „wer nicht hören/glauben will, muss fühlen“ hat
allerdings eine große (das häuslich erzieherische Umfeld weit
übersteigende) gesellschaftliche Verbreitung. So gesehen kann man
diese Redewendung natürlich als Universalargument werten. Trotzdem,
glaube ich, fehlt ihr die appellative Botschaft, die Dich zwingen
würde, ein zu Glaubendes (als ein Nicht-Selbst-Gewusstes, wie und von
wem auch immer proklamiert) hinnehmen zu müssen, ohne es selbst
erfahren resp. erlebt zu haben.
Also ohne dagegen zu sprechen: Dieser Spruch ist zu vieldeutig, und
zudem ist es ein Unterschied, ob er nachher gesagt wird oder vorher,
usw. Ich möchte mich in diesen nicht hineinsteigern.
Insoweit wir alle „nicht alles lesen“ und damit nicht
alles wissen
können, sind wir gezwungenermaßen auch alle „ein ungläubiger Thomas“.
Mein Bezug auf besagten Spruch war denn auch nicht in diesem Sinn
angelegt, sondern auf Deine zumeist implizit geübte (bisweilen auch
etwas kryptisch gehaltene) Kritik an hier geführter Diskussionspraxis,
die den notwendig verschiedenen Blickwinkeln geschuldet ist, aus denen
heraus argumentiert wird.
"den notwendig verschiedenen Blickwinkeln", hierzu sage ich nein, weil
es mit Bildern allein nicht oft getan ist, und weil dieses
Blickwinkelbild nicht immer passt. Wenn man das bedenkt, was die
verschiedenen Personen so zu einer Sache sagen, und dazu ein Bild sucht,
findet z.B.
das Bild der Eule, als intelligent gedacht, in Indien als dumm,
das Bild desjenigen, der etwas übersieht, und nichts dazu sagen kann,
das Vexierbild,
...
Sicher kannst du sagen:
na so habe ich es gemeint, das sind alles verschiedene Blickwinkel.
Ich nutze die Wörter Meinung und das Wort Metapher nicht gerne, mache es
gegen mein Gewissen trotzdem mal. Wenn du das gesagt hättest, würde ich
sagen: Du hast zuerst eine Metapher benutzt, um die Unterschiedlichkeit
von zwei Meinungen zu erklären, und jetzt soll ich andere Metaphern auf
deine zurückführen. Dann sage ich nein: Wir machen da Metaphern hoch
zwei oder so ähnlich, das bringt uns nicht weiter.
Jeder steht nun mal auf einem anderen Platz!
Eben nicht immer, das "glaube" ich, vorhin gezeigt zu haben.
Mein diesbezügliches Verständnis endet jedoch dort, wo
gegen objektiv
gesichertes Wissen opponiert bzw. dieses in Abrede gestellt wird, nur
weil man selbst nicht über dieses verfügt.
Meines endet dort noch lange nicht. Wenn jemand etwas nicht weiß, nicht
sieht, bin ich nicht derjenige, der es ihm beibringen will, kann. Das
Zitieren bringt in engen Grenzen einen Zugang, insbesondere wenn es
großer Mühen bedarf. Hier gibt es viele Möglichkeiten. Sagen wir du bist
Person P, und der andere ist Person Q. Vielleicht ist es eine Frage der
Sinne, warum Q die Sache nicht bemerkt. Vielleicht hat niemand dem Q
gesagt, dass es die Sache gibt. Und vielleicht wurde Q gerade zu dem
Moment, als er die Sache prüfen wollte, von einem Hund gebissen.
Vielleicht gilt der Spruch: Hunde bellen jeden an, den sie nicht kennen.
Vielleicht kommt Q nach einem langen Tag und harter Arbeit ins
Wirtshaus, und will seine Zunge oder seine Finger üben. Einige meinen,
dass es immer im Gespräch darum geht, seine Meinung zu sagen, und Reden
ist ihnen gemäß kein Belehren, das soll für sie bitte vor der Tür
bleiben. Sie wollen auf gleicher Ebene bleiben.
Wie gesagt, kann man nicht „alles“ wissen und dennoch
gilt die
(tatsächlich) als Universalargument gültige Rechtsauffasssung:
„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“. Allein hierzu könnten wir
einen „Thread“ eröffnen und ich kann mir vorstellen (bzw. hoffe
darauf), dass z.B. Claus oder Ratfrag diesbezüglich kompetente
Beiträge bringen.
Das stimmt, und du hast selbst gemerkt, dass mit dem "Argument" zur
Sache des Verstehens und Nicht-Verstehens schwer weiter zu kommen wäre.
Meinerseits möchte ich vorziehen, auf Wissen und
Glauben (als deren
gegensätzliche wie auch auf Logik bezogene Begrifflichkeit) einzugehen.
Ich nicht, aber ok, ich kann mitgehen, versuchsweise, bis mir der Berg
zu hoch wird. Dann bin ich eben Opportunist, und scheue mich vor der
Arbeit, ok.
In diesem Kontext schrieb ich kürzlich, man sei immer
wieder
gefordert, Wirklichkeit von Illusion zu unterscheiden, um der Gefahr
zu entgehen, sonderlich gearteten Erzählungen Glauben zu schenken.
Ja.
Darauf bezogen würde man (auf‘s erste gesehen)
Wirklichkeit einem
objektiv gültigen Wissen und Illusion dem Glauben zuordnen.
Richtig.
Doch diese Zuordnung kann divergent ausgelegt werden,
denn
umgangssprachliche Formulierungen führen oft zu den üblichen
Missverständlichkeiten bis hin zu individuellem Betroffensein und
bisweilen auch zu nicht mehr beherrschbarer Auseinandersetzung.
Ja.
Umgangssprachlich steht (an) „ etwas glauben“ nicht
für Illusion,
sondern eher für „Nicht-Wissen“ und in diesem Zusammenhang also für:
etwas vermuten, meinen, annehmen, für wahr halten.
Wenn das so wäre, und wenn ich dem zustimmen würde, wäre da für mich
schon Glatteis. "Ich glaube an meine Frau." - Vermute ich dann, dass sie
mir treu ist? "Ich glaube an Amerika", meine ich dann nur etwas? Also
hier ist die Gefahr groß, dass diese vielen möglichen Wörter zwar für
einen Literaten immer an der richtigen Stelle auch das beim Leser etwas
ermöglichen können, was ohne diese Wörter schwer möglich wäre. Aber
darüber hinaus ist es schwer, irgend etwas zu sagen. Doch nun zu meine
"Meinung" hierzu: Wo ist Glauben? Wo ist Fühlen? Wo ist das Wissen? Wo
ist das Denken? Wo sind die Begriffe? Auf die letzte Frage bekam ich von
Peter Jaenecke, der leider nicht mehr mitreden kann, die Antwort: "Im
Kopf, wo denn sonst." Und da liegt ja mein Problem: Ich weiß nicht, wann
ich denke, wann ich glaube, wann ich fühle usw. Was in mir ist, weiß ich
nicht. Und was in anderen, schon gar nicht. Sicher kann ich Wörter
nutzen, ich sehe es aber eher als ein Wunder an, wenn der andere mit
gleichen Wörtern auf dieselbe Sache hinweist wie auch ich. Zu
diskutieren, was den Wörtern in der Person gegenübersteht, gerade das
ist mir unmöglich, oder es geht mir zu weit.
Ich kann es mit dir versuchen, aber du siehst meine Schwierigkeiten. Und
dabei bin ich schnell am Ende meines "Wissens", so dass ich dann leider
nicht mitsprechen kann.
Grundsätzlich (dieser Ausdruck gilt auch als ein
Universalargument)
Nicht immer: Es ist ein Wort das sozusagen etwas gesichert hinstellen
will, und dann geht es oft um etwas anderes dazu Kommendes, das nicht so
sicher ist. Oder es folgt eine Ausnahme: Grundsätzlich essen wir um 12
Uhr, aber...
bedingen sich Wissen und Glauben dialektisch
gegenseitig wie JA und
NEIN: Wo ein JA, da kein Nein; Wo Wissen - da kein Glauben
(erforderlich).
Das scheint so, aber ob es so ist, weiß ich noch nicht. Wissen ist
etwas, was man haben kann, Glauben auch. In dem Sinne ist beides
nebeneinander, aber nicht opponiert. Entschuldige, ich will wirklich
keine Schleichwerbung machen, aber ich frage, ob du mein
Ersetzungsverfahren praktiziert hast, es ist der blaue Text in
https://weltordnung.de/Ersetzungsverfahren.html. Das Fehlen von etwas
kann dem Sein nicht dialektisch gegenüber gestellt werden. Das geht
unter anderem daraus hervor. Logisches und Ontisches Denken können nicht
in einer Diskussion beliebig genutzt werden. Es kann sein, dass Kant mit
seiner Zweiseitenmethode diese Fehler übersah, vielleicht war die
Zweiseitenmethode nur ein fiktives Hilfsmittel, unbewusst eine
Vaihingerfiktion, die er zu seiner Zeit noch nicht explizit denken konnte.
Ich mache noch immer mit deinem Denken mit, ich kann ja irren. Du meinst
ja nur: Wenn ich weiß, dass es ein X gibt, dann brauche ich nicht zu
meinen, zu glauben, usw., dass es ein X gibt. (So schreibst du ja auch
kurz darauf) Dann erübrigt sich letzteres alles, das stimmt. Abgesehen
davon, dass ich das X wiederholt sehen will, denken will, glauben will.
Also auch dann will ich ja vielleicht die Sache, entschuldige, ich komme
jetzt mit deiner Metapher, ich will das X aus verschiedenen Blickwinkeln
heraus sehen. Und vielleicht geht das dir zu weit.
Hat man objektiv gesichertes Wissen über einen
Sachverhalt untrüglich
selbst erworben bzw. erfahren, erübrigt sich also (bezogen auf diesen)
jegliches Glauben.
Ja, ich mache mit.
Man könnte in dessen Umkehr auch sagen:
Je weniger Wissen über Sachverhalte vorhanden ist , desto mehr muss
geglaubt werden (auf den Einzelnen bezogen allerdings nur, sofern ein
Sachverhalt für diesen relevant ist).
So ungefähr, und eine Einschränkung gibst du selbst an, aus Gründen,
oder vorsichtshalber.
Wollte man hinsichtlich Sachverhalten die
Begrifflichkeit von Wissen
und Glauben unter strikt logischen Gesichtspunkten betrachten, könnte
man sich auf Wittgenstein beziehen und zunächst fragen,
ja könnte, oder lieber
auch nicht.
was denn überhaupt einen Sachverhalt darstellt:
„Was der Fall ist, ist Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten“
und damit: „Die Welt ist alles, was der Fall ist“ (Tractatus).
Obwohl ich den "unsinnigen" oder hochtrabenden Namen für meine Webseite
gewählt habe, glaube ich nicht, dass ich irgend einen sinnvollen Satz
mit dem Wort "Welt" machen könnte. Wittgenstein ja, ich leider nein. Ich
mache auch keine Ordnung in der Welt. Ob Wittgenstein hier
Definitionsfehler beging, weiß ich jetzt nicht, ich kann nicht alle
Mysterien entblößen. Aber so von unten nach oben mag ich sie mit dir
bewundern, von oben herab schaue ich auch nicht. Dieser Satz ist
ziemlich losgelöst von konkreten "Fällen". In der Juristerei glaube ich
ist der Unterschied zwischen Sachverhalten und Tatsachen und Fällen ein
anderer, aber dort einigermaßen klar. Wie das für ihn war, kann ich so
schnell nicht wissen. Muss ich wirklich in diese Probleme einsteigen?
Nebenbei gesagt nutze ich die Wörter Sachverhalt, Tatsache, Fall nicht
mehr und nehme das Wort Sache für ziemlich alles, wie die Mathematiker
ein x für jede Zahl nutzen, von Zeit zu Zeit.
Hier höre ich mal auf, es wird mir zu viel, ich will nicht den Sokrates
spielen und den Text des Wittgenstein zerpflücken. Und du bitte, lieber
Karl, spreche doch bitte aus deiner Seele und Sprache, nicht mit Hilfe
oder gar der Rückendeckung des Wittgenstein. Eine große Bitte, aber wenn
es sein muss, soll, wenn ich gebeten werde, fahre ich vielleicht mit dir
im Text des Wittgenstein mit, ab der Stelle, an der ich hier aufgehört
habe, wenn du es fragst. Obwohl ich das Risiko dann eingehe, mich dort
zu verheddern mit dem Motto: The mounted beggar runs his horse to death?
Gruß
Joseph