Am 30.10.22 um 16:49 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb:
da mir bis heute kein simulierter Zufall bekannt
geworden ist. Da also echter Zufall nicht simulierbar ist, werde ich kein Gehirn im Tank
sein.
"simulierbar" in dem Sinne, nicht machbar mit einem auch komplexen
Computerprogramm (mit einem einfachen schon gar nicht), ok, das ist zur
Zeit eben nicht möglich, vielleicht ist es wie du meinst gar nicht
möglich. Es kann sein, dass auch KI nicht dazu verhelfen kann. Aber ich
lasse mich gerne überraschen. Du hast ja schon mal von deiner
Liebhaberei von Rätseln gesprochen. Und des Rätsels Lösung kann eine
Überraschung sein. Jedenfalls ist es empirisch nicht möglich. So wie es
auch keinen Menschen geben kann, der eine Million Jahre alt wird. Für
letzteres gibt es das Wissen um die Hemmnisse beim Altern, bei der Zahl
der möglichen Zellteilungen und der Mindern den Enden du weißt ja von
welchen Zellteilen. Zudem schreibst du persönlich: "da mir bis heute..",
so könnte vielleicht gesagt werden: Dann hast du schlecht gesucht und
deswegen nichts gefunden.
Unabhängig davon:
Wenn aber ein Computerprogramm einen "echten Zufall" aus der Natur
nimmt, etwa den Kernzerfall, ich sage das, weil das für dich eine höhere
Wichtigkeit hat, für mich Mann von der Straße genügt ein Würfel, und das
sich ergebende echte Zufallsresultat in das Programm eingefügt wird,
also von außerhalb, ist dann das Gehirn im Tank möglich? Mit dieser
Mischform von Computer und "echtem Zufall" und mit Hilfe des
Umkehrschlusses könnte dein Satz umgeformt werden in:
"Da in einem Computerprogramm ein echter Zufall nicht möglich ist, aber
von außerhalb des Programm her genommen werden kann und in das Programm
hinein gefügt werden kann, werde ich ein Gehirn im Tank sein können."
Stimmt das dann?
Sicher kann auch noch gestritten werden, ob es einen "echten Zufall"
überhaupt geben kann.
Überhaupt kann es sein, dass eine Argumentation mit der Zufallsexistenz
überhaupt angebracht ist. Analog dazu wurde vor langer Zeit mit
folgender Formel argumentiert: "Das x kann es nicht geben, weil Gott es
nicht erlauben würde."
Zurück zur Höhle des Plato: Jeder kann denken, dass es so eine Situation
geben kann, da spielt es keine Rolle, ob es einen Zufall gibt oder
nicht. Plato hat ja nicht an einen Computer denken müssen, an ein
Programm, das die Höhlenmenschen simuliert. Es bedurfte auch keine
Kenntnisse zu Nerven. "Die Gedanken sind frei", dh. beim Denken geht es
um die Denkbarkeit, nicht um die Realisierung und Simulierung.
(Bemerkung für Halbwissende: Das Phrasem "Die Gedanken sind frei" ist
verschieden vom dem, was mit Willensfreiheit gedacht werden soll.) Und
Gedankenexperimente sind manchmal hervorragende Mittel, um vorwärts zu
kommen, du würdest gerne sagen, wer ein Meister dieser war.
Und auch deswegen bleibe auch ich bei der Formulierung von Arnold zu
dieser Sache so in etwa: denkbar schon, wenn auch mit großen Bedenken.
JH