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Am 13.06.2021 um 20:30 schrieb Joseph Hipp via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
[Philweb]
Am 13.06.21 um 19:12 schrieb Rat Frag via
Philweb:
Richtig ist aber auch, dass es bei vielen Leuten eine gefühlte
Angespanntheit mit den modernen Leben gibt.
Mir ist unklar, ob das eine allgemeines Gefühl ist oder wirklich
irgendeine Kausalfolge.
Wir haben in der letzten Zeit immer mehr Leute, die die
Industrialisierung und den Fortschritt selbst als großes Problem
sehen.
Gut geschrieben, ich habe einem Bekannten gesagt: Die Lebensqualität hat in den 70
letzten Jahren abgenommen, der Wohlstand hat sich erhöht. Er antworte mir:
Wohlstand=Lebensqualität, und nachher brachte ich es fertig, ihn ein wenig davon
abzubekommen. Ich sagte ihm: "Vor 70 Jahren konntest du zum Flughafen zu laufen, wenn
du genügend Geld hattest, ohne Kontrolle wartete das Flugzeug noch, wenn ein Spätling
ankam. Und jetzt? Briefmarkensammeln ist nicht gut, Bitcoins muss man haben. Jetzt musst
du mit einem Maulkorb umherlaufen, und wenn du nur das Wort benutzt, bist du schon ein
schlechter Mensch.
Na ja, die Sache mit dem Maulkorb wird uns doch aus dem Bereich der Medienwelt suggeriert.
Die (nahezu magisch erfolgende) Adaption an ein allgegenwärtiges „Framing“ im Sinne von PC
und Gender ist zu einer gesellschaftlichen Farce geraten. Unglücklich damit verquickt sind
jene (sofern diese es als solches wahrnehmen), die diesem Diktum in ihrem Berufsfeld
unweigerlich ausgesetzt sind.
Zu meiner Zeit ging das los mit „StudentInnen“ und diese Unart von Sprachgestaltung hat
sich kontinuierlich bis heute fortgesetzt; gipfelte im „ProfessX“ gleichermaßen für einen
Professor und eine Professorin; das zeigte den diesbezüglichen Aberwitz institutionell
angelegten Gleichstellungswahns, der mittlerweile alle möglichen Lebensbereiche erfasst
hat.
Dabei könnte man diesem „*-/I-X-Zirkus“ entkommen, wenn man (dem durchaus berechtigten
Anliegen, überkommene Geschlechter-Stereotypen zu vermeiden) möglichst personenunabhängig
bzw. (sofern das nicht möglich ist) die Person(en) dediziert geschlechtsbezogen benennt.
Vor 50 Jahren war die Angst vor dem Atomkrieg, die
Lebensqualität war auch schon vorbei, jetzt geht die Angst vor dem Virus umher, und schon
wieder dem Klima, bald vor dem Bürgerkrieg?" Wie schon vor bemerkt hatte Sigmund
Freud sein Misstrauen in seinem "Vom Unbehagen in der Kultur" zum Ausdruck
gebracht.
Angesichts niedriger Inzidenzen hat man hier in der Region wieder die Biergärten geöffnet
(sicherlich unter Auflagen mittlerweile üblicher Hygienemassnahmen). Da saßen dann 6
Personen an einem Tisch, alle negativ getestet und doch haben sich dort 4 von diesen
Sechsen diese „Pest“ mit mittlerweile schwerem Krankheitsverlauf eingefangen. Da habe
nicht nur ich mich zu früh auf eine „Mass“ unter schattenspendenden Kastanienbäumen
gefreut. Also auch heute wieder berechtigte „Angst“?
Angst habe ich keine aber Vorsicht und gebührenden Respekt vor diesem tückischen „Biest“,
Covid-19 genannt. Dennoch ist und bleibt „Angst“ eine überlebenswichtiges Empfinden sowohl
zum Schutz seiner selbst als auch dem eines Kollektivs.
Auch eine Frage mit dem Wort Wohlstandsverbraucher
versuche ich zu stellen. WV ist ein Begriff, den ich als Wort schreibe, obwohl ich nicht
begrifflich denke. Vielleicht ärgere ich einige damit, aber dafür kann ich nichts. Karl
inkludierte sich selbst schon mit seinem "wir" in der Wortfolge "Wir
Wohlstandsverbraucher", ich tue das nicht.
Da kam etwas nicht (meiner Intention gemäß) „ganz rüber“, Joseph! Ich sehe mich
keinesfalls als „Wohlstandsverbraucher“ obgleich ich am gesellschaftlichen (aber auch
persönlichen) Wohlstand teilhabe und selbstverständlich Verbraucher wirtschaftlicher
Güter, Energie (für das E-Auto beispielsweise, produziere allerdings auch Energie per PVA)
und vieler anderer Ressourcen bin.
Der hier m.E. bestimmende Unterton für „WV“ beschreibt jedoch eher den (hinsichtlich
Umweltschutz) unkritischen Verbraucher, wie ich sie u.a. In mächtigen SUVs vor grünen
Läden parken sehe. Darüber hatte ich mehrmals geschrieben (von den neuen „Pfaffen“:
Dopppelmoral pur - Wasser predigen und selbst dem Wein zusprechen)
Das Wort brauchte schon jemand im Jahr 2014, ich bin
also nicht der Hersteller. Nun versuche ich mich mit einer Begriffsbestimmung, einer
Deutung: "Wohlstandsverbraucher ist eine Person, die den vorhandenen Wohlstand
verbraucht." Das wäre nur eine einseitige Deutung, aber ich gehe mal von ihr aus.
Dann entsteht mir die Frage: Wer hat den Wohlstand hergestellt, den die Person verbraucht?
Waren es die Vorfahren, die Erfinder, aller Kulör, oder erarbeitet jede Person den
Wohlstand, den sie von Tag zu Tag genießt? Wie viel Prozent gehen auf das Konto der
Vorfahren, der Infrastuktur, der Fabriken, der Schulen, der Gewohnheiten, wie viel %
erarbeitet die Person? Ein Vergleich ist möglich, weil Ländervergleiche und
Zeitenvergleiche möglich sind, also wäre ich froh, wenn ich eine Antwort bekommen würde,
wie:
90% dessen was eine Person jetzt produziert, hat sie auch verdient, und darf sie
verbrauchen. Diejenigen, welche die Vorarbeit getan haben, sind nicht mehr da, haben
eigentlich nichts produziert, und können nichts mehr verdienen. Was man aus der Erde
buddelt, kann man auch verbrauchen, wenn man Geld verdient, darf und soll man es auch
ausgeben. Denn Geld muss im Umlauf sein, das dachte schon Marx, die Sparer verachtete er.
Und alles was wertvoll ist, geht sowieso einmal zu Grunde, außer der geistigen Werte, an
diese denkt der WV selten.
Vor 50 Jahren war nicht nur „Angst vor Atomkrieg“ sondern auch Angst davor, z.B. ein
„systemrelevantes“ Haushaltsgerät könnte mit einem schwerwiegenden Defekt ausfallen und
man müsste das Ersparte für die Reparatur oder Neuanschaffung angreifen oder einen Kredit
aufnehmen. Wer sich technisch helfen konnte oder einen kannte, der das konnte, war gut
dran und das Beste war: man konnte „aufschrauben“ und schrauben nach Herzenslust (oder bei
Nichtgelingen auch Frust).
Frust bereitet heute die „Wegwerf- mehr als die Wohlstandsgesellschaft! Und hier muss sich
etwas gravierend ändern. Entweder man schafft effiziente Methoden zur sog. nachhaltigen
Wiederverwertung oder entwickelt zunehmend in Modulbauweise, damit nicht die Entsorgung
kompletter Geräte, sondern nur die eines defekten Moduls anfällt.
Dieses gegen Natur und Mensch rücksichtslose „Ex and Hop“ muss beendet werden.
Damit kommt man zu ökologisch wie ökonomisch vertretbaren Kreisläufen und zu einer Arbeit,
die sich gleichermaßen für Unternehmer und Arbeitnehmer „auszahlt“ ohne
menschenverachtende Gewinnmaximierung im Sinne dieser elenden „Moneymaker“. Dazu braucht
man weder Sozialismus und schon gar keinen Kommunismus sondern schlicht und einfach:
Soziale Marktwirtschaft - wie vor 50 Jahren; diese allerdings - statt von eindimensionalen
Wachstumsphantasien getrieben - als eine von wohldurchdachten Wirtschafts- und
Ressourcenkreisläufen angelegte Gesellschaftsform in der sich Unternehmende wie
Arbeitnehmende in Ausgewogenheit jeweiliger Verantwortlichkeit zusammenfinden.
Umformulierungen der Frage sind erwünscht. Und jede
Antwort mit Prozenten höre ich gerne, insbesondere werden sich die Mathematiker dann
freuen.
Eine andere Frage ist die der prozentualen Zerstörung. Etwa so: Wenn eine Person hier
Bäume weghaut muss sie welche anderswo hin pflanzen, dann ist die Sache nachhaltig. Wenn
sie hier etwas aus der Erde buddelt, muss sie es woanders wieder einbuddeln? Jetzt verläßt
mich meine Logik und Vernunft, warum denke ich nur so einfach oder so falsch? Könnte die
Welt nicht mit Bitcoins besser werden? Bitcoins, mathematisch von hoher Komplexität und
von hohem Wert, von geistigem Wert?
Bitcoins - schon das Wort löst Unbehagen bei mir aus!
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
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