IT: "mich störte Deine voreilige Verallgemeinerung Clausewitzens. Um eine
textkritische Interpretation geht es mir nicht, sondern nur ums Weiterdenken. "
Genau, das Voreilige hat mich selber auch gestört. Deswegen muß man es
"weiterdenken", richtig. Aber man wird doch vermuten dürfen, daß Clausewitz
selber es auch schon "weitergedacht" hat, vielleicht sogar "weiter",
als wir selbst es jemals denken können. Deswegen scheint es sinnvoll, erstmal zu lesen.
Und überhaupt scheint mir, daß es der Diskussion hier allgemein gut tun würde, wenn sehr
viel mehr gelesen und "interpretiert" würde, anstatt immer gleich eigene (mehr
oder weniger qualifizierte, originelle, neue) Meinungen abzusondern. Das hängt auch mit
der nervös hohen Schlagzahl der Interventionen hier zusammen. Wir sollten vielleicht sowas
ausmachen wie: jetzt mal eine Woche Sendepause, dann reden wir über Clausewitz´ 6. Kapitel
über "Verteidigung" weiter. (Den von dir empfohlenen Text von Leeuwen/Elk hab
ich auch immer noch liegen, und wollte mich noch dazu äußern, bin aber noch nicht zum
Lesen gekommen). Aber das paßt offenbar nicht zur Vorgehensweise dieser Liste hier, über
die ich ja nicht zu bestimmen habe.
IT: "Ja, das sehe ich auch so, halte die These [Krieg als Fortsetzung der Politik mit
andern Mitteln, JL] aber nicht für famos, sondern für gefährlich militaristisch. Das ist
Aristokraten-, Diktatoren- oder Autokraten-Politik. "
Richtig, "famos" war das vollkommen falsche Wort, ich wollte nur sagen
"famous", berühmt. Aber "militaristisch" ist das Motto gerade nicht,
das ist Unsinn. Man kann zeigen, daß es gerade radikalen Pazifismus möglich macht: weil es
Krieg eben als eine primär "politische Option" versteht, gegen die man eben auch
POLITISCH vorgehen kann. Aber auch dazu müßte man weit ausholen und sich den Hintergrund
bei Clausewitz genauer anschauen. Also auch wieder: lesen.
IT: "wenn ein Machtpolitiker [...] aus den Drohungen Gewaltausübungen macht, dann
handelt es sich unabhängig davon, ob der Angegriffene sich verteidigt, um einen
Angriffskrieg. Denn wie anders als mit Gewalt können Truppen ohne Visa oder vereinbart die
Grenze überschreiten?"
Es gibt ganz viele "Annexionen" in der Weltgeschichte, die genauso funktioniert
haben: man ist einfach ins (wehrlose, sich nicht wehrende) Nachbarland einmarschiert und
hat es okkupiert, fertig. Kein einziger Pistolenschuß, kein einziger Verletzter, kein
einziger Sachschaden. Niemand hat das je "Krieg" genannt. Krieg ist es erst,
wenn der Annektierte sich wehrt.
JL, jetzt erstmal in Lesepause.
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