Was eine Katze ist, wird dem Kind erklärt, wie ein Nominalist sich das vorstellt: anhand
von Beispielen. Diese Erklärung funktioniert zwar in der Praxis ziemlich gut, aber es kann
Zweifelsfälle geben. Das kann man dadurch vermeiden, daß man die Beispiele durch eine
eindeutige Definition ersetzt, die ermöglicht, die Voraussetzungen schrittweise
abzuarbeiten um festzustellen, ob sie alle gegeben sind.
Beide Erklärungen und ihre Anwendung sind aber nicht voraussetzungslos möglich, worauf der
Begriffsrealist vielleicht hinweisen möchte. Man muss z.B. sehen, hören, tasten können, um
die Beispiele zu verstehen und die Definition anwenden zu können. Wenn man bei der
Definition bei jedem Merkmal weiterfragt "und was bedeutet das?" wird man
irgendwann bei einem Wort wie "schwarz" (oder in diesem Fall, da es bei einer
Katze nicht auf die Farbe ankommt, vielleicht "körperlich") ankommen, das nicht
mehr weiter verbal aufgelöst, sondern nur durch eine Demonstration erklärt werden kann,
die dann entweder verstanden wird oder nicht. Wenn das nicht so wäre, würden sich Zeichen
nur auf Zeichen beziehen und die Erklärung würde bei einem Axiom enden, durch das eine
Beziehung zu anderen Zeichen hergestellt wird. Wenn das Wort im Gegensatz dazu etwas mit
dem Leben zu tun haben soll, könnte es auf diesem Weg nicht zu Ende erklärt werden, wenn
die Demonstration nicht ohne weitere Erklärung oder zumindest nach ein, zwei Nachfragen
verstanden würde.
Diese letzte Erklärung appelliert dann an ein Vorverständnis, das schon vorhanden sein
muss und nicht, wie bei "Katze", durch eine weitere Erklärung ersetzt werden
kann.
Nur kann man doch nicht wie ein Begriffsrealist sagen "schwarz/Schwärze
existiert", wenn die Existenzbehauptung ungefähr bedeutet "ich kann dir ein
Exemplar zeigen" und, was "schwarz" bedeutet, ebenfalls nur auf die gleiche
Weise erklärt werden kann, denn damit würde man ja sagen: ich kann dir zeigen, was ich dir
gerade zeige. (Oder "schwarz existiert nicht": ich kann es dir nicht zeigen,
obwohl ich es dir gerade zeige.)
Da man, was eine Katze ist, nicht nur durch Beispiele, sondern auch mit Worten erklären
kann, ist die Existenzaussage in diesem Fall sinnvoll, bezieht sich auf den Begriff und
sagt aus, ob ihm etwas entspricht oder nicht.
Die nominalistische Vorstellung der Begriffserklärung ist nicht bis zum Ende
durchzuhalten, wenn sie von der Voraussetzungslosigkeit eines unbeschriebenen Blatts
ausgeht. Auf diesem Blatt steht aber nicht, was eine Katze ist, sondern nur, was nicht
durch eine verbale Erklärung ersetzt werden kann und an das diese anknüpfen muss, wenn
sich die Zeichen nicht nur um sich selbst drehen sollen.
Claus
Am 17. August 2025 11:00:00 MESZ schrieb "Rat Frag über PhilWeb"
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am Fr., 15. Aug. 2025 um 15:15 Uhr schrieb tessmann---
über PhilWeb <
philweb(a)lists.philo.at>gt;:
Welches Problem meinst Du denn; das nicht
methodisch lösbar wäre? Und
vermeidet nicht gerade der Nominalismus die unbegründeten metaphysischen
Spekulationen des Essenzialismus?
Der Nominalismus stellt uns vor die Herausforderung, zu begründen, wie so
etwas wie Begriffsbildung und Mathematik (und Logik) funktioniert, wenn wir
uns dabei streng auf Erfahrungen und Wahrnehmungen berufen.
Wir können zum Beispiel 1000 Katzen sehen, aber das beantwortet nicht die
Frage nach der Natur von Katzen. Ist das Bild, das ich jetzt zeige, eine
Katze?
Realismus oder Essenzialismus haben ihre eigenen Probleme.