Am 04.09.2022 um 09:53 schrieb Joseph Hipp über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Selbstverständlich kannst du mich korrigieren. So weit jedoch die Etymologie. Du siehst,
dass ich nur einen Teil deiner Frage beantwortet habe. Denn jetzt müsste ich noch von
üblichen und unüblichen Wörtern sprechen, und dann noch von Redundanz, mit Blick auf viele
Wörter, die für eine Sache gegebenenfalls vorhanden sind, von Dependenz (denke hier an die
lineare Independenz, die dir aus der Mathematik bekannt ist), die anderen nicht so bekannt
ist. Weiter wäre ich bei der Frage, wie es ist, wenn ein System (System wie in der
Mathematik System von Gleichungen) von Definitionen als Ganzes einen Zirkel enthält. Ich
hätte ein neues Wort einführen wollen können: ZDS für Zirkel in einem Definitionssystem,
aber hätte meine Sätze dann jemand besser gelesen und eine Antwort auf meine Frage
gefunden? Das ist dann eine rhetorische Frage auf deine Frage.
Hi JH,
für mich sind Abkürzungen keine Gebrauchs-, sondern Anführungswörter. Sie könnten als
Metawörter aufgefasst werden, mit denen Wörter lediglich angeführt, aber nicht verwendet
werden. Ich setze jedenfalls für Abkürzungen stets die Wörter ein und verwende sie dann
wie üblich — oder schlage sie nach, wenn ich sie nicht kenne. Gerade stolperte ich in
einer RKI-Statistik über die Abkürzung ILI und schlug sie nach: influenza-like illness.
Bei ZDS dächte ich also auch sogleich daran, was mit „Zirkel in einem Definitionssystem“
genauer gemeint sein könnte. Um welches Definitionssystem handelte es sich? Könnten
Definitionssysteme überhaupt zirkelfrei sein? In der Mathematik kommt es allerdings nicht
auf die Beziehungen zwischen den Definitionen an, sondern darauf, dass aus möglichst
wenigen viel gefolgert werden kann. Aber Dir geht es wahrscheinlich um das Anfangsproblem.
Das wird allerdings nicht sprachlich gelöst; denn am Anfang war bekanntlich die Tat und
nicht das Wort.
Noch Wasser auf die Mühle: Auch ich nutze im Kopf eine
Abkürzung: WST, schreibe einfach Wst, und denke dabei an Wörter, Sätze, Texte, die jedes
für sich auf Papier geschrieben stehen könnten, in Büchern oder nur in Schallwellen
auftreten. Sie wären also "materiell", ich muss dazu sagen: ich wettere nicht
gegen das Immaterielle. Weil sie materiell sind, brauche ich nicht von der Kausalität
abzuweichen, ich kann also sagen, dass sie wirken. Denn obwohl auch Immaterielles
vielleicht wirken kann, ist es einfacher, mal mit Materiellem zu beginnen, denn das wirkt
allemal. Auf jeden Fall wirken diese Wst materiell auf Personen. Was in ihnen geschieht,
ist mir gewissermaßen als Hypothese egal, dass etwas danach geschieht, das kann ich nicht
leugnen. Und was die Personen in der Folge von sich geben, kann ich wiederum als materiell
ansehen. In dem Sinne kann ein Betrachter vorgehen, auch bei nicht sprechen könnenden
Wesen, die trotzdem scheinbar so vorgehen, als wären die materiellen Geschehnisse für sie
gleichzeitig von Wst begleitet, und auch für das Wesen etwas, das der Betrachter mit Wst
beschreibt. Analog dazu kann die Frage nach den Naturgesetzen umgedeutet werden.
Zusätzlich denke ich nicht nur an Wörter, Sätze, Texte mit dem Wort Wst, sondern auch an
Bilder, Sequenzen, Filme usw. Darf ich etwas weit greifen und analog zu dem denken , was
oben mit den Wörtern Maser, Laser usw. zu denken ist?
Wie geschrieben, verstehe ich Abkürzungen als Metawörter bzw. Verweise auf andere Wörter
und mit denen denke ich dann weiter, wenn ich sie kenne oder versuche mich kundig zu
machen. Als ich erstmals das Wort LASER las, wollte ich wissen, worum es ging, denn wie
cool klingt das denn! "Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation“.
Worum es dabei genau geht, erfordert ein Physikstudium bzw. das Lesen einschlägiger
Lehrbücher oder Monographien, z.B. die von Hermann Haken. Aber was denkt sich Lieschen
Müller oder Otto Normalverbraucher dabei? Och, sowas habe ich doch im CD-Player. Wobei die
allerdings durch SSDs ersetzt wurden. Auch wieder eine Abkürzung: "Solid State
Drive“. Ich denke dabei an die Festkörperphysik, andere stecken die Teile meistens nur
irgendwo rein oder ziehen sie raus.
Danke, ja, nur da wäre ich schon beim Redundanzproblem vs. dem Schwafelvorteil in der
Sprache. Ein idealer Literat, z.B. ein Goethe konnte jedes Wort korrekt in Sätzen
verwenden, die Nuancen sind eben in der Literatur überaus wichtig. Aber in anderen
"Sprachformen" ist es anders.
Mir waren zu „fluktuieren“ noch weitere Wörter eingefallen und ich denke, jeder
normalsinnige Mensch, der die Wörter überhaupt kennt, wird sie zu verstehen und zu
verwenden wissen in der jeweiligen Situation: fluktuieren, randomisieren, verzufälligen,
schwanken, torkeln, taumeln, wandeln, schlingern, trödeln, streunen, streuen, schweben,
fegen, wedeln, wackeln, flackern, fuchteln, flattern, flimmern, zittern, kleckern,
klappern, schlottern, rütteln, schütteln, rascheln, knittern, knistern, rauschen.
Aber was meinst Du mit „Sprachformen“? Die Umgangssprache im Unterschied zu Fachsprachen
oder Kunstsprachen? In der Kunstsprache der Mathematik werden Fluktuationen in der
Stochastik durch ein jeweiliges Wahrscheinlichkeitsmaß definiert, was der
Situationsvielfalt im Alltag entspricht. In der Fachsprache der Physik werden die
Wahrscheinlichkeitsmaße auf Messreihen bezogen. Und in der Kunstsprache der Musik geriete
ich wohl hinein in die aleatorische Richtung der Moderne.
Wie vorhin: Aus Zeitgründen schaffe ich keine Antwort.
Nur ein Satz auf deine Frage: "Aber sind die paar Tausend Wörter, die wir alltäglich
verwenden, nicht auch Ordnungsparameter?" Die Antwort ist: Auf jeden Fall. Grob
könnte ich antworten: Dafür ist das Wort Kategorisierung vorhanden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorisierung_(Kognitionswissenschaft)
<https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorisierung_(Kognitionswissenschaft)> Mit den
oben von mir genannten beispielhaften Kriterien und anderen könnte versucht werden, die
Überschneidungen usw. zu finden, sie zumindest zu benennen. Mit jedem neuen Wort könnte
dein Satz gesagt werden: "Andererseits sollten viele zumindest assoziieren können,
worum es gehen könnte." Und damit bin ich bei meiner bösen Strenge, die Karl
empfindet: Sage doch bitte die Sache, und dann das Wort. Sag, wie du zur Sache kamst, und
wie zum Wort. Was war zuerst bei dir? Wenn du viele Wörter hast, mache erst mal Ordnung in
die Wörtermenge. Wenn du viel erlebt hast, oder viele Versuche hinter dir hast, beschreibe
sie. Vielleicht kannst du dann Definitionen machen, statt auf Begriffe und Bedeutungen
hinweisen.
Ich hatte mich auf Versklavungstheorem im Unterschied zu Ginzburg-Landau-Haken-Theorem
GLHT bezogen und meinen Kontext dazu doch schon angedeutet. Mein Interesse an der
Synergetik als Lehre vom Zusammenwirken folgte meinem Streben nach fachübergreifendem
Verständnis von Natur und Mensch. Und so kaufte ich mir das Buch Synergetics gleich zu
Beginn des Physikstudiums. Mir kommt es also weniger auf Wörter und Definitionen an,
sondern auf das, worauf sie verweisen, denn wesentlich sind die Theoreme und ihre Beweise.
Wie Theoreme benannt werden, ist irrelevant für ihre Geltung. Und mir ist auch egal, was
andere davon halten. Im Zweifel sind sie zu ertragen oder zu belehren.
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