*Notiz: Gödel und Aristotelische Metaphysik der Scholastik*
Am Di., 15. März 2022 um 17:39 Uhr schrieb Ingo Tessmann via Philweb <
philweb(a)lists.philo.at>gt;:
Ebenso schätze ich Gödel, obwohl der Theist war
Das ließt sich für mich so als wären die Theisten ein feindliches Lager.
Man kann einen Theisten nicht schätzen, sondern jemanden nur schätzen
"obwohl er Theist war".
Zudem im Werk Gödels der Theismus jetzt keine Rolle spielt. Der Nachlass
ist z. T. mit englischer Übersetzung im Internet nachvollziehbar. Ich habe
einen Blick darein geworfen.
Vieles verstehe ich nicht. Nicht mal im Ansatz. Einiges ist recht
interessant.
Das mathematische Werk hätte ja auch bestand, wenn der Anhänger irgendeiner
irren Sekte gewesen wäre.
in seinem Gottesbeweis allerdings einen abstrakten
Gott bewies, dessen
Anerkennung den genauen Nachvollzug seines modallogischen Beweises
erfordert, also die Bereitschaft zum Lernen von Logik voraussetzt, was ich
nur loben könnte.
Ich fasse das mal als Lob auf, auch wenn ich kein sehr guter Schüler war.
:-)
Mit dem, was die Milliarden Gläubigen auf der Erde für
„Gott“ halten, hat
Gödels „Logott“ jedoch nichts zu tun.
Ich habe mir den Beweis im Original angeschaut und ich habe die Vermutung,
dass der Gott Gödels und der Spinozas mehr oder minder identisch sein
könnten.
Und beide sind im Grunde nichts anderes als das, was man "das Sein",
"Substanz" oder eben "Ur-Materie" nennen könnte.
Gödel selbst hat seinen Beweis anscheinend falsch verstanden.
Denn "positive Eigenschaft" ist keine moralische Wertung, sondern schlicht
eine bejahende Aussage. Genauso wie ein Positivist ja niemand ist, der sich
im "positiven Denken" übt.
Das geht auf die uralte, mataphysische Unterscheidung zurück, ob eine
Eigenschaft positiv ist oder nicht. Beispielsweise kann man darüber
streiten, ob "Unsterblich_sein" eine Bejahung (kein Ende zu haben) oder
Verneinung (Abwesenheit der Sterblichkeit) ist. Für die traditionellen
Metaphysiker galt, glaube ich, ersteres.
Beispiel:
"Nicht_Mensch_Sein" wäre klar nagativ. "Grün_sein" dagegen ist etwas
positives. Im ersteren Fall wird einer Entität eine Eigenschaft
abgesprochen; im zweiteren Fall dagegen zugesprochen.
Wie schon geschrieben ergeben sich dann bei der Analyse von solchen
Begriffen oder eben Prädikaten wie "Unsterblich_sein" oder
"Unfahlbar_sein"
einige Streitpunkte.
Der traditionelle Standpunkt ist jetzt eben, diese Begriffe so zu
analysieren, dass Fehlbarkeit, bzw. Sterblichkeit die Negation in sich
schließen.
Das macht der alte Spinoza ja auch, indem er definiert, dass ein Ding
(Entität) nur Endlich sein kann, wenn es durch etwas anderes begrenzt wird.
.*Endlichkeit ist also eine BEGRENZUNG, schließt daher eine Negation ein*
Jetzt muss man aber sich dara erinnern, dass in der modernen Logik
Extensionalität gilt. Das bedeutet, man fasst einen Begriff als eine Menge
auf, deren "Wesen" ausschließlich durch die enthaltenen Elemente definiert
wird.
Früher gab es das (etwa bei Moors Principia), dass der Begriff quasi eine
Intention hatte.
Ich wiederhole hiermit meine Behauptung:
Ein intellektuell redlicher, rationalistischer Atheist muss an Gödels
Beweis entweder (1) einen Logikfehler nachweisen oder (2) eine der
Prämissen negieren und diese Negation dann auch konsequent durchziehen oder
(3) die Definitionen zurückweisen.
Es ist so simpel. Wenn ich fest daran glaube, dass Sokrates Unsterblich
ist, aber mir jemand sagt:
P1) Alle Menschen sind Sterblich
P2) Sokrates ist ein Mensch
S Sokrates ist sterblich
Dann verletzte ich meine intellektuelle Redlichkeit, indem ich diese
Schlussfolgerung zwar als Korrekt anerkenne, aber gleichzeitig weiterhin an
Sokrates Unsterblichkeit glaube.
Also entweder weise ich die Inferenzregel zurück -- *was im Falle des *Modus
Ponens* nicht wünschenswert erscheint* -- oder negiere eine der Prämissen.
Etwa sage ich, dass Sokrates ein Halbgott ist oder eben einige Menschen
doch unsterblich sind.
Nur, diese Schlussfolgerung einfach so stehen zu lassen UND gleichzeitig
weiterhin an Sokrates Unsterblichkeit zu glauben, da begebe ich mich in
einen Widerspruch.
Es geht nicht darum, dass eine der Aussagen stimmt per se. Nur lässt sich
mittels der Logik eben die Unvereinbarkeit einer bestimmten Menge von
Aussagen zeigen.
Und das muss bei einem intellektuelle redlichen Rationalisten zu
konsequenzen führen.
Mit anderen Worten:
Gödels Gottesbeweis ist mehr als nur eine Kuriosität, sondern für eine
bestimmte Art des Atheismus, die hier im Westen sehr verbreitet ist, eine
Herausforderung.
Annehmbar wären seriöse Sachbücher, gut Lehrbücher,
besser Monographien,
bestenfalls die Originalarbeiten.
Die Orginalarbeiten sind häufig schwerer Verständlich als die moderne
Version.
Gödels Vollständigkeitssatz soll im Original zäh sein, der Beweis im
Lehrbuch über mathematische Logik ist zwar ebenfalls schwer zu verstehen,
aber vergleichsweise einfach.
(Ich habe allerdings auch schon Orginalarbeiten gelesen.)
Bei philosophischen Arbeiten verhält es sich ein wenig komplizierter.
Gute Lehrbücher sind selten. Besonders die Mathematik...