Ich finde es klasse, wie du versuchst, die Diskussion am laufen zu halten, damit etwas
brauchbares herauskommt, auch wenn mir dieses Thema nicht so liegt. Obwohl es nicht das
lebensfremde Glasperlenspiel ist, für das ich es zunächst gehalten hatte. Welches Kind
kennt solche Gedanken nicht:
Wie geht es hinter dem Ende der Welt weiter? Überhaupt nicht, sonst wäre es ja nicht das
Ende der Welt. Nicht einmal leerer Raum dürfte da sein. Da setzt dann das
Vorstellungsvermögen aus.
Was ich an der Bibliothek nicht verstanden habe: Sie soll doch alle Bücher enthalten, die
jemals geschrieben werden können, indem die vorhandenen Zeichen auf jede erdenkliche Weise
kombiniert werden. Müsste man nicht, wenn die Bibliothek vollständig sein soll, irgendeine
Begrenzung einführen? Z.B. durch das Verbot von Zeichenwiederholungen oder eine
Maximallänge der Texte? Sonst könnte man ja jederzeit einen noch nicht vorhandenen Text
aus dem Ärmel schütteln, indem man einem vorhandenen etwas hinzufügt. Die Sammlung
enthielte ohne Begrenzung nicht alle möglichen Texte. Mit Begrenzung enthielte sie aber
z.B. nicht alle mathematischen Beweise. Die können ja ziemlich lang sein.
"Unendlich" heißt wahrscheinlich unbegrenzt. Jedes neue Buch würde gleich ins
Regal gestellt. Dann wäre die Bibliothek nicht von Anfang an und niemals vollständig.
Ein Missverständnis drückt sich meiner Meinung nach hierin aus:
"Die Bibliothek wird als präexistent und unendlich dargestellt. Aufgrund
dieser Unendlichkeit enthalte sie nach Ansicht des Erzählers alle Kombinationen des
Alphabets. Borges spricht von 25 Zeichen: 22 Buchstaben, Komma, Punkt und Leerzeichen
des hebräischen Alphabets. Daraus resultiert die Tatsache, dass „[n]iemand eine Silbe zu
artikulieren vermag, die nicht voller Zärtlichkeit und Schauer ist, die nicht in
irgendeiner dieser Sprachen der gewaltige Name eines Gottes wäre."" (Wikipedia)
Als ob die Zeichen eine Bedeutung enthielten, ohne daß ihnen eine zugeschrieben wird. Nur
das macht ja den Unterschied zwischen natürlicher Rauchentwicklung und Rauchzeichen aus.
Claus
Am 9. Nov. 2019, 20:47, um 20:47, Rat Frag via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>
schrieb:
[Philweb]
Nehmen wir einmal das Beispiel "*Die Bibliothek von Babel*" von
Borges.(1)
In so einer Bibliothek fehlen natürlich die klassischen Zahlen, aber
man
kann ja bestimmte Buchstaben in einem Kontext als mathematischen
Symbole
lesen. Das sollen meines Wissens die alten Griechen getan haben. Das
würde
im Ergebnis bedeuten, dass jeder denkbare mathematische Beweis und
jedes
philosophische Argument bereits in dieser Bibliothek enthalten wären.
Mein Problem ist aber, wie kann so eine universelle Bibliothek die
Unendlichkeit darstellen? Müsste es nicht auch Aussagen und Sätze
geben,
die sich nicht in so einer Bibliothek finden? Klar, solche Aussagen wie
"1
ist keine Primzahl", "2 ist keine Primzahl", "3 ist eine
Primzahl" usw.
sind nicht interessant.
Die Frage ist aber, sind diese Aussagen in unserer hypothetischen
Bibliothek vorhanden oder nicht? Nimmt man einen streng
formalistisch-wittgensteinischen Ansatz an, müsste man argumentieren,
dass
nicht eine unendliche Liste von Aussagen existiert, sondern ein Gesetz,
dass diese Unendlichkeit abbildet.
Im Fall der Primzahlen zeigt sich hier aber ein Problem. Was ist, wenn
gar
kein Gesetz existiert, das für jede Zahl angibt, ob es sich um eine
Primzahl handelt oder nicht? Dann müsste man einen einzelnen Test
durchführen und so eine unendlich lange Liste ist schon wieder
sinnvoll.
Was denkt ihr darüber?
Wer sie nicht kennt:
Seite „Die Bibliothek von Babel“. In: Wikipedia, Die freie
Enzyklopädie.
Bearbeitungsstand: 3. Oktober 2019, 02:34 UTC. URL:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Die_Bibliothek_von_Babel&old…
(Abgerufen: 9. November 2019, 15:03 UTC)
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