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Am 12.02.2025 um 07:46 schrieb waldemar hammel über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 11.02.2025 um 04:20 schrieb Karl Janssen über
PhilWeb:
Unbenommen der Tatsache, dass ich als Christ - trotz (zumindest) sicherem Fegefeuer -
keinerlei Angst vor jeglicher Art postmortaler Existenz empfinde, halte ich es mit den
Stoikern ...
och karl,
bist du dir bewusst, welchen schon rein sprachlichen unfug du mit obigem satz aussagst,
"post-mortale existenz" ?,
„Postmortale Existenz“. Welche Anmaßung, aus irdischer Perspektive solche anzunehmen! Sie
erfolgte spontan auf Deine Behauptung hin, religiös, religionsphilosophisch oder
metaphysisch orientierte Menschen würden von „latent-unbewussten Todesängsten“ geplagt
sein.
Diese Deine Annahme mag für jener der benannten Klientel zutreffen, die einer überkommenen
Gottesvorstellung anhaften und sich darüber hinaus nicht von unzutreffenden religiösen
Narrativen, bzw. ebenso obsoleten Auslegungen biblischen Schriftguts emanzipiert haben. Zu
dieser fatalen Situation haben die Kirchen selbst den größten Anteil beigetragen, indem
sie bis heute eine metaphorische (biblische) Sprache verwenden, die in heutiger Zeit
zufolge naturwissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr erforderlich ist.
Damit muss aber nicht die angenommene Existenz einer überempirischen Wesenheit infrage
gestellt sein, die ohnehin nicht gewusst, sondern nur gefühlt, resp. geglaubt sein kann:
„God is a Feeling“ oder wie Du es formuliert hast: Gott ist das Gefühl von
Allgeborgenheit.
GOTT als Platzhalterbegriff, als der er sich mittlerweile längst tief in dieser
„OMG“-Gesellschaft eingenistet hat: „Oh my God!“. Wäre ich Gott, würde ich nochmal dem
Mose dieser Welt den Dekalog vor Augen halten: JAHWE - ICH BIN, du sollst dir kein Bild
von mir machen!
Warum nicht, wollte man heute fragen, die Antwort ist einfach: Die Menschen könnten es
nicht erfassen, nicht deuten, nicht verstehen. So bleibt nur der Glaube für jene, die
diesen Gott als Gefühl der Allgeborgenheit zu erspüren vermögen und damit zur Überzeugung
gelangen, dass diese intelligible Wesenheit existiert.
Alles was im Kontext dieser Erkenntnis als religiöser Ritus betrieben wird, alle damit
verbundenen Jenseitsvorstellungen, sämtliches Heil und Unheil, das im Namen dieses Gottes
in der Welt geschieht, ist menschengemachtes Beiwerk.
Es wäre um diese Welt besser bestellt, wenn man nicht im Namen, sondern in der Bewusstheit
einer göttlichen Wesenheit (und warum sollte man sie nicht als kosmische Intelligenz sehen
können) jedes einzelne Leben und die gesamte Erdenwelt er- und beleben würde. Dann könnte
diese Welt zum „Himmel“ werden und die Bastarde zur Hölle fahren lassen.
das ist wie "ich esse jetzt den gerade gegessenen
apfel", oder "lass uns den berg ins tal hochgehen", oä.
kannst du wirklich nicht verstehen, dass mit dem absterben eines lebewesens dessen
leben-in-jeglicher-form zuende ist, oder tust du nur so?
Da muss ich nichts vorgaukeln, da ich im Ggs. zu Dir zwischen Leib und Seele des Menschen
unterscheide. „Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück“, dieser Satz wird auf jeder
christlichen Beerdigung dem Leichnam in die Grube gerufen. Kaum wird dieser es hören
können, da ihm tatsächlich alle Sinne genommen sind. So sollte es eher heißen: „Staub war
dieser Mensch, von seiner Seele geformt, Staub zu Staub nun und Seele zu den Seelen“.
("den tod" gibt es ja nicht, sondern nur das absterben, und man kann auch
garnicht "tot sein", weil man nach dem absterbevorgang nicht mehr ist,
also aussagen "herr meier ist gestorben" = ja, aber "herr meier ist
tot" = nein, weil es postmortal keinen herrn meier mehr gibt, der irgendwas sein
könnte
Der Leib dieses Herrn Meier ist als sein molekularer Komplex nach dem Ableben im Wortsinne
tot. Über den Verbleib seiner Persona, im christlichen Sinne seine Seele, kann m.E. kein
Mensch eine Aussage machen. So bleibt der Glaube oder die Hoffnung für eine postmortale
Existenz einzig der Seele.
Abermillionen Menschen dieser Welt haben diesen Glauben, ich habe ihn verloren, weil ich
nicht glauben, sondern überzeugt sein will. Überzeugt etwa von einer Fortdauer meiner
Persona in alle Ewigkeit? Wo denn in den Weiten des Universums sollte diese Ewigkeit
stattfinden? „Frustrating Boredom!“. Das musste auch der Alois Hingerl, seines Zeichens
Münchener Kofferträger am Hauptbahnhof nach Ankunft im Himmel erkennen, woraufhin er auf
hiesige Weise zu fluchen begann und man ihn wieder zurück schickte, Da hockt er heute noch
und ärgert sich fluchend über schnatternde Touristen, die ihm die Bierruhe im Hofbräuhaus
rauben.
Spass beiseite. Wenn sich Geist verwirklichen will, muss er er sich verkörpern und so
nehme ich mich als von Geist beseeltes Wesen wahr, das grundsätzlich zur Partizipation am
kosmischen Geist befähigt ist. Es ist somit nicht ein Eins werden mit dem EINEN, sondern
die Teilhabe am EINEN.
„Bömische Dörfer“ für Dich und sicher auch für den einen oder anderen hier in der Runde.
Dennoch schreibe ich hier meine Gedanken und Vorstellungen mit dem Anliegen, mich
diesbezüglich austauschen zu können. Dass zumeist nur Atheisten darauf eingehen, ist
einerseits bedauerlich, andererseits aber sehr förderlich, da es mich fortwährend zwingt,
meine Grundüberzeugungen kritisch zu hinterfragen.
Ja, ich bin mir durchaus bewusst, was ich hier schreibe und mag es in Deinen Augen noch so
dümmlich erscheinen, bislang konntest Du mich noch nicht davon abbringen, mich als Wesen
mit Leib und Seele zu definieren. Ob diese meine Seele posthum (wo und wie auch immer)
weiter existiert, weiss ich nicht, woher sollte ich es wissen? Deshalb kann ich es auch
nicht behaupten und so bleibt nur daran zu glauben. Da ich nicht, wie oben angeführt,
blind glauben will, warte ich‘s ab. Eben im Sinne der Stoa. Und was die Moral im Sinne
eines gottgefälligen Lebens anbelangt. Keinem Gott kann es gelegen sein, Menschen in sein
Reich zu nehmen, die nur aus dem Kalkül jenseitiger Glückseligkeit heraus ein gutes Leben
in Einklang mit Mitmenschen und Natur führen. Ebenso nicht jene, die im Sinne der
„Pascalschen Wette“ ihr Leben hinbringen. Und was wollte ein Gott mit angsterfüllten
Menschen vorhaben? Als wollten oder könnten solche ihre Lebenswelt zum Blühen bringen,
Mitnichten! Was Du da aus Deiner Einsiedlerklause da von Dir gibst, zeugt eher von
Weltverdruss und Angst.
Angstmacher findest Du derzeit an allen Ecken und Enden, das kommt von Halt-, um nicht zu
sagen von Gottlosigkeit.
man kann sterben, aber nicht tot-SEIN, und infolge dessen, kann man zwar vorher leben,
man kann rein-sprachlich gesehen aber auch nicht: lebendig-sein als gegenteil zum
tot-sein
"RIP" = grabsteinaufschrift "her ruht herr meier"
(friedhofssemantik):
nein, hier ruht niemand, auch nicht herr meier,
1) weil gestorben-sein kein ruhezustand ist
2) weil es herrn meier nach dem absterben nicht mehr gibt, dem satz "hier ruht
xy" fehlt also das sprachreale subjekt,
umgekehrt impliziert "hier ruht ..." natürlich, xy könnte die ruhe irgendwann
beenden und aufwachen (vampire, untote, wiedergänger)
wohl niemand kommt auf die idee, dass ein gegessenes stück kuchen als
geist-irgendeiner-art weiter herumschwebt, geschweige denn,
dass es sich mit dem platonischen idealen ur-kuchen wiedervereinigen würde, bzgl mensch
nimmst du aber genau das an,
Du solltest Dich vielleicht doch mal mit der Platon’schen Philosophie auseinandersetzen.
Und Deine „Friedhofssemantik“ geht wohl augenscheinlich am dortigen Usus weit vorbei. Da
redet aus Dir ein „Blinder von der Farbe“!
und was gibt einem solche schnapsideen ein? die
todesangst = die schauderhafte angst vorm finalen absterben ...!,
und diese angst abzuwehren, ist dir jedes mittel recht, auch das verbiegen
physikalischer, kybernetischer, semiotischer usw sachverhalte bis zur unkenntlichkeit
(it's all about information, kosmische intelligenz, quantenwelt, etc, jeder
vermeintliche strohhalm ist recht)
Nun noch zu Deiner Einlassung bzgl. v. Weizsäckers „GUT“. In den diesbezüglich
vielfältigen Forschungsansätzen zu „GUT“ (Grand Unified Theory), ist v. Weizsäckers
Denkansatz doch auch nur eine hypothetische Annahme, eher ein Versuch, ebenso wie das
aktuelle Bemühen von Wissenschaft und Forschung nachzuweisen, dass die vier Grundkräfte
(somit die vier fundamentalen Wechselwirkungen, also die starke Wechselwirkung, die
schwache, die elektromagnetische und die Gravitation) trotz ihrer unterschiedlichen
Erscheinungsformen letztlich Ausdruck einer einzigen vereinigten Kraft sind.
Analog zur Vereinigung elektrischer und magnetischer Kräfte lässt sich annehmen, dass die
vier Grundkräfte unter bestimmten Voraussetzungen eng verbunden, resp, nicht mehr zu
unterscheiden sind und es letztlich „nur“ noch an einer - dieses Faktum beschreibenden -
korrekten Theorie mangelt. Dabei ist doch selbstredend das Erfordernis einer Begrenzung
auf die Grundbausteine gegeben. Mein diesbezüglicher Denkansatz geht eher von Feldern als
sog. elementare „Buildingblocks“ aus, wie ich es seinerzeit hier beschrieben habe.
Natürlich ist es in der diesbezüglichen Diskussion immer erforderlich, die adäquaten
Dimensionen anzugeben und somit die Sichtweisen zwischen Mikro-, Meso- und Makrowelt zu
differenzieren.
Ich denke, dass diese Ebenen hinsichtlich ihrer spezifischen Merkmale hinreichend
wissenschaftlich beschrieben sind, modulo eben einer noch fehlenden „GUT“, also einer
Theorie, die benannte Kräfte verbindet.
Dabei geht es aber auch um die Einbeziehung der kosmischen Dimension am anderen Ende der
Skala zwischen Mikro- und Makrowelt. Und hier komme ich immer wieder in Konflikt mit
Deiner Reduktion der Lebenswelt auf eben diese „Hammelkörnchen“.
Dazu mein oft hier diesbezüglich vorgebrachtes Beispiel vom Sandstrand. Dort spielende
Kinder zeigen sehr früh ihren Grad an Intelligenz, wo den einen nicht viel mehr einfällt,
als sich mit Sand zu bewerfen, die anderen daraus eine prachtvolle Sandburg bauen. Und es
gibt wohl Erwachsene, die im Vorbeigehen diese Burg lediglich als Anhäufung von Sand sehen
und andere, die darin den Ausdruck des kreativen Vermögens des Menschen erkennen;
Philosophisch in Anlehnung an das berühmte „Admirabilis transitus a potentia ad actum“
(Leibniz’ Entelechiebegriff).
Bezüglich dieser Sichtweise entfernen wir beide uns in Dimensionen von „Lichtjahren“, denn
als „Hammelkörnchen-Reduktionist“ ist Dir nichts befremdlicher als ein metaphysischer, in
diesem Fall naturphilosophisch, kosmologischer Zugang zur intrinsisch im Menschen
angelegten Kraft als ein Analogon zum Seelenbegriff.
Diese zielgerichtete innere Kraft, die man schnöde als Selbsterhaltungstrieb, aber eben
auch als ein dem menschlichen Organismus innewohnendes Potential zur Selbstverwirklichung
werten kann. Diese Art des teleologischen Denkens muss Dir als Materialist fremd sein und
Du kannst Dich damit auch glücklich schätzen, da Du Dir damit alle Spekulation, allen
blinden Glauben an jedwede angenommene ausserempirische, gar intelligible Wesenheit
ersparst.
Du solltest mir allerdings ersparen, Dein auf „Hammelkörnchen“ reduziertes Weltbild
wechselwirkender Eigenschaftensummen als allgemein gültiges Postulat annehmen zu sollen.
KJ
PS: wieder mal ziemlich länglich geworden, diese meine Replik. „Zur Kürze fehlte mir die
Zeit“ entschuldigte sich Goethe seinerzeit für einen langen Sermon. Wer diesen hier
unbedingt lesen will, muss sich also Zeit nehmen.
Ja, der große Goethe, wohin ist seine Seele entschwunden? Oder schwebt sie gar zeitlos
zwischen uns hindurch.