Am Di., 29. Okt. 2019 um 16:46 Uhr schrieb Claus Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Nur weil nur eine dieser beiden
Möglichkeiten zutreffen darf, kann dieser Satz leisten, was er soll,
nämlich Ersatz für den eigenen Augenschein zu sein.
Das halte ich nicht für so zwingend, wie es da steht.
Indem du die Richtigkeit nachweist, dass z. B. das Auto da drüben
(deutet mit den Finger) rot ist, gehst du automatisch davon aus, dass
es nicht zugleich nicht-rot ist. Das ist bei den meisten alltäglichen
Dingen eine absolut korrekte, unkontroverse Vorgehensweise.
Was machst du aber bei Situationen, bei denen scheinbar beides zutreffen kann.
Mein Beispiel aus der Ethik liegt mir da sehr nahe. Du kannst
gleichzeitig sagen, dass das Verhalten einer Person durch ihre
Biologie, ihre Erziehung, ihren Wissensstand usw. determiniert wurde
und dennoch wirst du ihn eine Verantwortung nicht völlig absprechen
wollen.
Die eigentliche Lücke meiner Argumentation sehe ich an anderer Stelle.
Dazu unten noch mal mehr, eventuell schreibe ich dazu noch einen
anderen "elektronischen Rundbrief".
Dann kann man nach den Auswirkungen fragen. Sie
bestehen meiner
Meinung nach darin, daß die Sprache sehr viel weniger mit unserem Leben, z.B.
Augenschein, zu tun hat.
Das wäre aber nur der Fall, wenn man überhaupt keine Wahrheitswerte
mehr, zu keinem Zeitpunkt, vergeben würde. das ist ein anderes
Szenario.
In einem übertragbaren Fall würdest du Wahrheitswerte nur noch bei
bestimmten Fällen nicht vergeben. Sagen wir beim Satz "dieser Apfel
schmeckt sehr gut, überhaupt nicht sauer". Natürlich könntest du den
Ph-Wert messen, aber du würdest deshalb nicht mein Geschmackserlebnis
widerlegen wollen.
Das ist nicht gegeben, so dass man auch
mal etwas anderes vorfinden könnte, sondern gemacht.
Sehr schön! Damit haben wir die Diskussion auf eine tiefere Grundlage
gelegt. Ich persönlich halte das für sehr wertvoll. Wir untersuchen
grundlegendere Annahmen und prüfen, bei welcher wir nicht mehr
übereinstimmen.
Richtig ist, dass meine Position davon ausgeht, dass hier quasi etwas
"entdeckt" und nicht willkürlich "erklärt" (deklariert) oder erfunden
wird. (Zum Thema willkürlich müsste ich noch mal was schreiben, aber
ich denke, wir sind uns da einig.)
Die Paradoxa scheinen mir wie gesagt, dadurch zustande
zu kommen, daß
man durch die Selbstbezüglichkeit in einer Doppelrolle auftritt und so
einem Satz, ohne es zu bemerken, als Hütchenspieler wider Willen und
Wissen verschiedene Wahrheitswerte zuschreiben kann, was als Formfehler
sofort auffiele, wenn man mit *einer* Zunge reden würde.
Haben wir dabei nicht vielleicht wirklich etwas über
Selbsbezüglichkeiten entdeckt?
P.S.: Noch kurz zum Problem. Meine Position steht und fällt damit, ein
plausibles Kriterium anzugeben, mit dem man ethisch verantwortliche
Taten und solche, für die man sich nicht verantworten muss,
unterscheiden kann. Tritt hier ein Versagen auf, ist die gesamte
Argumentation bis auf die Ebene der Motivation gescheitert und muss
nicht mehr weiter verfolgt werden.