Am 31.03.2023 um 17:58 schrieb Joseph Hipp über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Was die "Gruppentheorie" anbelangt bin ich noch im Rückstand, nur unter uns
kann ich das schreiben, hoffentlich liest niemand mit. Erinnere dich bitte an den so
genannten Kategorienfehler des Gilbert Ryle. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Personen und
die Gruppen zu beschreiben: Entweder man nimmt die Wörter, die in der Gruppe üblich sind,
oder eben man nimmt neutrale. Eine unvoreingenommene Soziologie kann nicht mit Lemmata wie
"Staat" sprechen, sondern nur von Gruppen und falls vorhanden, deren
Obrigkeiten, die wiederum Gruppen sein können. So denkend gibt es nicht nur die
"benannten" Gruppen, etwa "die Justiz". Und eine eventuell übliche
Dreiteilung oder Mehrteilung geschieht nach Gutdünken, von den Personen, die sie machen,
oder die für die Personen gelehrt wird. Eine Teilung ist für einen Betrachter nur für eine
gewisse Zeit Fiktion, für andere ist sie fest. Wenn es um Probleme geht, die ein
unvoreingenommener Soziologe betrachtet, muss dieser die Gruppen oft neu zu denken. Etwa
die Gruppe der Personen, die ihren Wohlstand erhöhen wollen, und eine andere, die sich
bemühen, diesen für sich durchsetzen. Und im Nachhinein kann er fragen, wie die
Schnittmenge dieser zwei Gruppen ist. Das sollte nur ein Beispiel sein. Das ist zusätzlich
nicht so einfach, weil erst einmal festgelegt werden muss, ob die Frage in Bezug auf eine
bestimmte Gruppe von zehn Personen, oder eine von achtzig Millionen gedacht werden soll.
Hierbei kann es sein, dass ein höherer Schwierigkeitsgrad des Denkens abläuft, als etwa
ein solcher, bei dem um Wörter gestritten wird, die dann schon als Begriffe gedacht werden
sollen. Zudem läuft dann ein nicht intendierter Minimalismus ab. Die Selbst- und
Fremdbezeichnungen der Gruppen sind im vorläufigen Denken des Betrachters nicht relevant,
obwohl sie in den Gruppen sehr wohl wirken und wirken können, und je nachdem entsprechend
berücksichtigt werden müssen. Hinzu kommen dann noch die sich bildenden oder schon
vorhandenen Obrigkeiten. Des Wortes Untertan bedarf es nicht, weil Untertan eben
mathematisch-logisch definiert werden kann, von der jeweiligen Obrigkeit aus.
Hi JH,
in Verbindung mit Watzlawick hatten wir bereits über das Sprengen von Gruppenstrukturen
durch Typenlogik geschrieben. Mit Deinem Herumreiten auf Wörtern schmorst Du bloß im
eigenen Saft. Mathematisch soziodynamisch kann beliebig differenziert und integriert
werden. Es sollte allerdings nicht über das empirisch einholbare Maß hinaus gehen. Zudem
lässt sich simulieren, d.h. die unterliegenden Prozesse können zeitlich nachvollzogen und
prognostiziert werden.
Der Systemdynamiker Yaneer Bar-Yam bspw. hat wiederholt die Abhängigkeit des Auftretens
von Konflikten und Kriegen von den Nahrungsmittelpreisen untersucht, so auch für
Nordafrika und den mittleren Osten: "The Food Crises and Political Instability in
North Africa and the Middle East." Abstract: "Social unrest may reflect a
variety of factors such as poverty, unemployment, and social injustice. Despite the many
possible contributing factors, the timing of violent protests in North Africa and the
Middle East in 2011 as well as earlier riots in 2008 coincides with large peaks in global
food prices.“
IT