Am 07.03.2023 um 13:42 schrieb Joseph Hipp über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Für das weitere Geschriebene bedanke ich mich. Ich glaube, dass wir uns einig sind, dass
Information so eine Art Wespennest ist, um das herum gut geschwafelt werden kann,
vielleicht darf ich sagen, mit Umgangssprache und Mathematik, wobei ich bei Mathematik
kaum an den Rechnungen zweifle, höchstens an ihnen verzweifle. Definitionen achte ich,
Begriffe nicht. Zum Wort Information dürfte es eine zweistellige Zahl von Definitionen
geben. Ich kann allerhöchstens mal die eine, und dann wieder die andere nutzen. Ich
vermute, dass die Nutzung aller für eine extensionale Definition von Information,
scheitern muss. Daraus folgt für mich, dass ich das Wort Information im Sinne dieser
gedachten Definition nicht nutze, zumindest nicht im genauen Sinne. Und diese Definition
wäre noch nicht einmal auf dem Weg zu einer Synthese.
Hi JH,
Information und Emergenz sind zu bloßen Schlagwörtern verkommen und taugen zu keiner
Synthese, das sehe ich ebenso. Dennoch wird mit ihnen munter weiter geschwafelt werden.
Umgangssprache und Mathematik sind ja mit aus der Neocortex-Entwicklung hervorgegangen,
die auf Mutationen von Genkomplexen schon während der Hominiden-Zeit zurückgehen. Du
darfst natürlich alles sagen, auch dass mit Mathematik geschwafelt werden könne. Mit
Worten lässt sich alles gleichmachen, macht sie aber zugleich sinnlos. Im Gegensatz zur
Umgangssprache, die ja dem menschlichen Umgang miteinander erwachsen ist, handelt es sich
bei der Mathematik um eine Kunstsprache, die sich selbst genügt.
In der natürlichen Sprache lässt sich grammatisch korrekt hinsichtlich des Umgangs jeder
Unsinn formulieren. Es gibt also grundsätzlich zwei Ebenen, die der Grammatik und die des
Umgangs bzw. Syntax und Semantik, wobei die Semantik nicht auf die Syntax reduzierbar ist.
Anders in der Mathematik, in der schon die Syntax aus ihren Bildungsregeln heraus Beweise
zulässt, die keinen Unsinn mehr zulassen. Das macht für mich ihre Faszination aus.
Wie soll also mit Mathematik geschwafelt werden? Geschwafelt werden kann natürlich über
Mathematik und über ihre Anwendung im Alltag wie in den Realwissenschaften. So hat es ja
Karl gerade wieder mit Bezug auf Wheeler und Bohm gemacht. Bohm hatte seine
"Suggested Interpretation of the Quantum Theory in Terms of `Hidden’ Variables"
I und II 1952 vorgelegt. Zu der Zeit war er noch Materialist und hielt eine Quantentheorie
ohne Bezug auf Teilchen für unvollständig. Und so ergänzte er das durch die
Schrödingergleichung beschriebene Führungsfeld durch eine Bewegungsgleichung für die
Teilchen. Vom Materialisten zum Idealisten gewandelt verschrieb er sich später einer
"impliziten Ordnung“. An seinem Formalismus von 1952 hatte sich nichts geändert, nur
an seiner Sicht darüber.
Gerade ist wieder eines der unzähligen Bücher über die Quantentheorie erschienen. Diesmal
ist es Christian Haller, der in „Sich lichtende Nebel“ über Werner Heisenberg fabuliert.
Ich hoffe, dass sich die Nebel wirklich lichten und nicht die verwackelte Aufnahme einer
klaren Landschaft mit einer scharfen im Nebel verwechselt wird. Das Beispiel hatte schon
Schrödinger 1935 in seiner Kritik an Heisenberg verwendet. Ideologiekritisch interessant
bleibt die Diskrepanz zwischen Idealismus und Materialismus. Religion, Literatur und
Mathematik befördern ersteren, Technik und Naturwissenschaft letzteren. Und was machen die
Philosophen? Frönen sie weiter dem „Wortaberglauben“ (ein Wort, das mir natürlich
gefällt), von dem Haller einleitend schreibt?
IT