Am 06.01.2023 um 13:04 schrieb Joseph Hipp über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Die Interpretation des Gottesbeweises des Kurt Gödel bedarf mathematischer Kenntnisse,
die ich nicht habe, und die Antwort auf das genutzte Wort "positiv" habe ich
nicht bekommen. Doch nun lege ich eins nach: Wenn schon Gottesbeweis mit allen guten
Eigenschaften, dann auch ... ich wage es nicht zu sagen ... mit allen negativen
Eigenschaften. Wenn das falsch gedacht ist von mir, was habe ich dann falsch gedacht? Und
wenn noch mehr Eigenschaften für weitere Wörter eingesetzt werden, was dann? Etwa alle
musikalischen Eigenschaften ... der Gott der Musik?
Hi JH,
im Dez. 2015 schrieb ich an Stefan: „Gödel hat sich ja nicht nur mit logischen und
mathematischen Existenzfragen befasst, sondern auch mit physikalischen. Als Christ ging es
ihm darum, die Wissenschaft insgesamt als unzureichend, unvollständig vorzuführen. Und die
"Unvollständigkeit" der Physik versuchte er ja mit dem Finden von Lösungen der
Einsteinschen Feldgleichungen nachzuweisen, die Zeitschleifen enthalten. Damit hatte er
sich auf die dritte, physische Existenzebene begeben und später sogar nach astronomischen
Indizien für die Existenz seines rotierenden Universums gefahndet. Unser Universum ist
keines von der Gödelschen Art und für die meth. Konstr. erübrigt sich eine formalistische
Wissenschaftskritik. Strukturell ist sie gleichwohl interessant und lehrreich, um die
Allmachtsphantasien des Hilbertschen Programms zu entlarven. Gödel hätte sich
wahrscheinlich diebisch gefreut über die Existenz der "spektralen Lücke“.“
Gödel war christlicher Axiomatizist und insofern verwundert es nicht, dass er neben seinem
„Gottesbeweis“ ebenso besessen am Beweis der Kontinuumshypothese arbeitete; denn das
Aktual-Unendliche ist ja für Gläubige geradezu „göttlich". Als Axiomatizist könntest
Du Dir selbstredend irgendwelche Axiome ausdenken, um daraus zu beweisen versuchen, was Du
Dir so denkst dabei. Wenn Du Dich aber wirklich für Gödel interessieren solltest, empfehle
ich Dir die Lektüre seiner gesammelten (und kommentierten) Werke. Die sind frei verfügbar
und in Band III befinden sich die Varianten seines „Gottesbeweises“. Darin merkt er bspw.
an, dass die Positivität (wie auch die Essenz) eine notwendige Eigenschaft sei, da sie aus
ihrer Natur folge. Der Wertepräverenz folgend, dass ein Wert besser sei als seine Negation
folgert er weiter, dass das Sein und die notwendige Existenz positiv seien.
IT