Am 29.10.2021 um 11:25 schrieb K. Janssen via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
[korrektur:
Ingo T. hat natürlich gleich bemerkt, dass die Leibniz-Reihe eine konvergente ist und
nicht, wie ich unten schrieb, nicht konvergiert; die Reihe konvergiert wohl irgendwo im
Unendlichen (also praktisch nicht) aber eben doch grundsätzlich.
Der von mir zitierte Leibniz hat ja geradewegs die Konvergenz dieser unendlichen Summe
bewiesen. Nun ist ja heutzutage alles bequem im Internet nachzulesen und es bleibt mir
damit nur, untenstehende Aussage zu korrigieren und auf die bei Wikip aktualisierte Anzahl
der Nachkommastellen von über sechzig Billionen hinzuweisen, die zuletzt von
PI-Forschenden ermittelt wurde.
Beste Grüße! - Karl
Ungeachtet dessen, dass diese Reihe nicht konvergiert
und sich bis heute Mathematiker wie sonstig von pi Begeisterte an dieser Zahl abarbeiten,
kann man die im Alltag oft erforderliche Berechnung eines Kreisumfangs oder -fläche leicht
mit hinreichender Genauigkeit berechnen, indem man für π ~ 3,1416 einsetzt.
Hier wird aber doch beispielhaft deutlich, dass die Welt der Zahl immer auch der
sprachlichen Vermittlung und damit einer diesbezüglichen Begrifflichkeit bedarf, wenn sie
nicht in der pur abstakt-gedanklichen (zunächst immer geometrischen) Anschauung verbleiben
soll.
_Hier noch für Waldemar:_
natürlich ist H.J. Niemann ein radikaler Rationalist. Mein "radikaler Realist"
war wohl ein typisch Freud'scher Fauxpas.
Ach ja, Luhmann und der Konstruktivismus!
Wiederum unter Berücksichtigung, dass sich Begriffe zumeist in verschiedensten
Ausprägungen entwickeln, muss auch hier differenziert werden. Konstruktivismus ist bei
weitem keine einheitliche Theorie und ich erspare mir den Aufzählung seiner „Unterarten“
(wäre – als Techniker - hingegen eher geneigt von Unarten zu sprechen :-))
Es dürfte konsensfähig sein, Luhmann als der Denkschule des sog. operativen
Konstruktivismus zugehörig zu sehen, wo man postuliert, dass Erkenntnis keinen von ihr
unabhängigen (also objektiven) Zugang zur Realität hat. Luhmanns Ansatz bei der Erkenntnis
ist das Beobachten (unterscheiden und bezeichnen) als ein rekursiv operativer Prozess,
eine stetige Bildung einer Differenz von System und Umwelt. Menschliches Erkennen, wie der
Mensch selbst werden von Luhmann systemisch betrachtet (Systemtheorie):
„Die primäre Realität liegt, die Kognition mag auf sich reflektieren, wie sie will, nicht
in "der Welt draußen", sondern in den kognitiven Operationen selbst“ (Luhmann).
Das ist und war mir (schon zu Studienzeiten – im Fach SoWi) eine zutiefst theoretisch
abstrakte These, die aus der Perspektive dieser Sozialwissenschaftler durchaus zutreffend
sein mag, für meinen (als Ingenieur eher technischen) Zugang zur realen Lebenswelt jedoch
eine unnötige, wenn nicht sogar unnötige „Verkomplizierung“: ich denke, sehe, messe,
rechne und drücke diese reale Erkenntnis - praktisch verwertbar - sprachlich aus.
Ein Stein ist ein Stein, ist ein Stein, ist ein Stein und bleibt es (bis auf weiteres
....);
wenn ich mich daran stoße, merke ich, dass er nicht nur eine Konstruktion meines Gehirns
ist!
Luhmann ist für mich ein (bisweilen lebensfremder) Theoretiker, der die der Biologie
entlehnten konstruktivistischen Thesen (Maturana, Varela et al.) aufgegriffen hat und in
seine Systemtheorie eingebaut hat, damit aber durchaus plausible Beiträge für die
Erkenntnistheorie beigesteuert hat. Der von mir erwähnte Paradigmenwechsel wurde von
Luhmann als „autopoietischen Wende“ postuliert („Soziale Systeme“ 1984). Luhmann ist mir
allemal zugänglicher als ein v. Foerster et al.
Bester Gruß in die Runde! - Karl
Am 28.10.2021 um 16:00 schrieb Ingo Tessmann via
Philweb:
[Philweb]
Am 27.10.2021 um 18:51 schrieb Arnold Schiller
via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
pi ist in diesem Sinne ein Wort. Nur weil du mathematische Zeichen setzt
sind die nicht unbegrifflich oder keine Worte. Atom ist die nichts
weiter als "unteilbar" im griechischen. Es wäre aber heutzutage
unzulässig Quarks oder Leptonen als Atome zu bezeichnen. Es kommt eben
sehr wohl auf die Begrifflichkeiten an. Die Sprache der Mathematik hat
den Vorteil das alle Begriffe wohldefiniert sind. Nichts desto trotz
ergeben die sich nicht einfach so. Die Axiome sind dann nicht selten in
sprachliche Begriffe gefasst. Beziehungsweise wenn wir das Auswahlaxiom
nehmen in Vorraussetzungen gedacht.
Hi Arnold,
ich wundere mich immer wieder darüber, wie stark die meisten Menschen an der
Umgangssprache hängen, dabei geht das Vermögen zum Zählen und Folgern dem zum Sprechen
voran. Und Axiome werden genau genommen rein logisch formuliert. Auch das in der
Mathematik übliche methodische Abstraktionsverfahren scheint in der Philosophie nicht
verbreitet zu sein. Wir sollten uns aber nicht ständig wiederholen, denn über die
angebliche Sprachgebundenheit der Mathematik haben wir in Philweb schon häufig ergebnislos
aneinander vorbei geschrieben.
IT
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