In leichter Abwandlung des Themas „wer bin ich“ möchte ich unter dem
Thema „wer sind wir?“ auf philweb (als thematisch offenes Forum für
philosophische Diskussionen) zu sprechen kommen.
Ingo schrieb im Juni d.J. hier:
/ it: „Ist Dir eigentlich schon aufgefallen, dass Philweb
(hervorgegangen aus Philnet) in diesem Jahr bereits 25 Jahre aktiv ist?“/
Ja, natürlich! Und das könnte uns alle hier an philweb Teilnehmende
stolz sein lassen, denn ich denke, dass es wirklich eine Besonderheit
ist, wenn ein Internet-Forum (hier eben unsere Liste) über ein
Vierteljahrhundert Bestand hat. Das ist eines Jubiläums würdig!
Für mich persönlich mischt sich in diese Jubiläums-Freude jedoch in
letzter Zeit die Sorge, dass wir unseren Anspruch auf eine dem
jeweiligen Themenkreis angemessene Wortwahl nicht mehr gerecht werden.
In den jüngsten Beiträgen hier war die Rede von Diskursethik und idealer
Kommunikation. Für meine Begriffe sollte diesbezüglich (unbenommen aller
geäußerten Kritik an hochgesteckt ideellem Anspruch) die Beachtung
hilfreicher Regeln für einen sachlichen und fairen Diskussionsablauf
wieder in den Vordergrund gerückt werden. Den ideellen Anspruch beiseite
lassend, könnte man sich pragmatisch etwa am Schultz‘schen
Kommunikationsmodell orientieren, das von vier Dialog-Schichten einer
Aussage (Botschaft) ausgeht:
Die Ebenen der Sachbezogenheit, Beziehung (Befindlichkeit) ,
Selbstoffenbarung und Appell.
Davon weit entfernt, wurden wir im Juni d.J. mit bis dahin in philweb
nicht gekannten Ausdrucksformen (Ingo Mack) konfrontiert und ich
schrieb dazu:
/kj: […] Hier im öffentlichen Raum einer philosophisch-wissenschaftlich
orientierten Mail-Liste, deren //Beitragsinhalte weltweit im List-Archiv
einzusehen sind, führt derartige Wortwahl (in schwer einzuordnendem
Kontext*) zu Unverständnis, Irritation und Ablehnung./
Auf die Hintergründe brauche ich jetzt nicht weiter eingehen, da sie uns
noch gegenwärtig sind.
„Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick). Das gilt quasi
axiomatisch für eine Mail-Liste, wobei bei rein textgebundener
Kommunikation diese zudem durch die fehlende Vermittlung von
Körpersprache (Mimik, Gestik etc.) erschwert wird. Die räumliche
Trennung erfordert daher eine betrachtende Bezugnahme auf o.a.
Kommunikationsebenen vor einer spontan aus (wenngleich bisweilen
verständlichen) emotionsgeladenen Wortwahl.
Unabhängig nun von meiner Person als Diskussionspartner, muss ich als
Listadmin darauf verweisen, dass mit o.a. Anspruch und
gesellschaftlicher Verantwortung einer in der Öffentlichkeit stehenden
Mail-Liste folgende Wortwahl nicht nur unangemessen sondern untragbar ist:
// ..und das heißt übersetzt: tiefe verachtung für religion, und, wann
auch immer möglich, entschlossener kampf dagegen,wo immer ihr sie
antrefft, schlagt sie am besten tot, denn sie haben ebenfalls keinerlei
mitleid ! es gibt keine "gute religion" gegen "schlechte" - jede
religion ist ein verbrechen am geist und an den menschen direkt ...“/
Es kann schlichtweg nicht toleriert werden, wenn von persönlicher
Erbostheit getrieben, ohne Rücksicht und Bezug auf Befindlichkeiten der
Kommunikationspartner (hier potentiell alle Listen-Teilnehmenden)
derart drastisch menschenverachtende Aussagen (Appell zum Töten)
postuliert werden.
Was ich persönlich von dieser Argumentation halte und ich darauf hier
entgegnet habe, ist bekannt. Ich kann damit umgehen.
Zurückkommend nun auf unsere Liste, möchte ich anmerken, dass diese
zeitweilig über 100 und derzeit immerhin noch über 70 Teilnehmende zählt.
Es sind also ca. 70 Menschen (und ggf. extern per Listenarchiv weitere),
die bzgl. des im Thema aufgekommenen Bezugs auf Religion (im Kontext von
Bewusstsein, Geist, Transzendenz, Immaterialität etc.) das übliche
„Häuflein“ von List-Protagonisten mitlesend verfolgen.
Unabhängig davon, dass ich bisweilen verwundert bin, wie wenig aktive
Resonanz auf div. Themen und deren Diskussionen hier aus dem gesamten
philweb-Forum kommt, muss man davon ausgehen, dass sich bzgl. Religion
ein nicht unbeträchtlicher Teil der Listenmitglieder von derart
undifferenzierter, unsachlicher wie vernichtender Religionskritik
verletzt sieht.
Ohne nun meine eigene Befindlichkeit resp. Meinung (als aktiver
Diskurs-Partner) in Front zu bringen, muss man davon ausgehen, dass
Religion (unabhängig ob und inwieweit deren Kritik berechtigt ist oder
nicht) eine globale gesellschaftlich-kulturgeschichtlich verankerte
Weltanschauung ist, die bezüglich Funktion und Selbstverständnis vom
Löwenanteil der Menschheit akzeptiert und praktiziert wird.
Bester Gruß in die Runde! - Karl