Am 26.09.2020 um 16:43 schrieb Rat Frag
<rat96frag(a)gmail.com>om>:
Am So., 20. Sept. 2020 um 17:28 Uhr schrieb Ingo Tessmann via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Es wäre interessant, Kinder einmal ohne diesen
ganzen typischen Kinderkram aufwachsen zu
lassen. Z.B. weg mit den Märchen, her mit der SciFi. Meiner Vermutung nach, würden sie
dann
keinem magisch-animistischen Welterleben anheim fallen.
Würden sie dadurch nicht auch etwas verlieren?
Hi RF,
verlieren kann man nur, was man besessen hatte. Was mich zunehmend deprimiert, ist die
ewige "Wiederkehr des Gleichen“. Wir haben naturbedingt ein äußerst flexibles Gehirn
mitbekommen, warum sollte es da nicht möglich sein, einmal soziale Experimente zu wagen?
Mich nervt einfach dieses fortdauernde Beharren auf Traditionen, schließlich sind wir von
Natur aus Kulturwesen, nur wird der mögliche Spielraum für Kulturen kaum ausgenutzt.
Etwas ernster gedacht: Ich habe mal gelesen, dass
Koma-Patienten nach
dem Erwachen häufig solche Verhaltensweisen zeigen wie sich bei
Gegenständen zu bedanken. "Danke lieber Stuhl" oder sowas.
So kindlich-naiv uns das Bild der bunten Zeichentrickwelt auch
erscheinen mag, in der alle Gegenstände ein Gesicht haben und handeln
können, es scheint hier tief in der Neurologie irgendwas zu geben, das
wirklich so tickt.
Mir scheint es offensichtlich an der rudimentären Grammatik zu liegen, also naives Gerede,
dem Kinder leider in der Regel ausgesetzt sind und es später natürlich unbedacht
reproduzieren. Es wird doch fortwährend anthropomorph dahergeredet und viele plappern es
immer wieder nach. Sprechen als Teil der Kultur bestimmt uns ein Leben lang. Dabei ist es
schon wach sehr schwer, nicht ständig den Fallstricken der Sprache anheim zu fallen.
Andererseits wäre es schön, wenn Du Dich an die Originalarbeit zu dem einmal Gelesenen
erinnertest. Viellicht waren es bloß die Ausnahmen zur Regel oder die Untersuchung war
nicht repräsentativ und ein Teil sollte man ja nicht für das Ganze nehmen.
Anders formuliert: Wie viel von anderen Verhalten ist
systematisch
bedingt, wie viel ein Erbe der Evolution?
Und wieviel zufallsbedingt? Das weiß niemand genau, vielleicht schätzen wir für den Anfang
mal einfach jeweils 1/3. Das gäbe jedenfalls genügend Spielraum für andere Weisen, Kinder
heranwachsen und Abweichler ihre eigenen Subkulturen leben zu lassen.
Es grüßt
IT