Am 21.08.2019 um 01:40 schrieb K. Janssen via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
[Philweb]
Am 20.08.2019 um 23:27 schrieb Landkammer,
Joachim via Philweb:
[Philweb]
(Ich probier auch nur mal kurz meinen account wieder aus...)
nix da mit "nur kurz ausprobieren" :)) Wir sind froh, endlich wieder von Dir zu
hören! Und das bei diesem Beitrag, den es erst einmal genau zu lesen und zu überdenken
gilt.
Grüß Dich bestens! - Karl
> Nico Paechs grundsätzliche Endzeit-Ausführungen würde ich evtl. versuchen, mit einer
Rehabilitation des von ihm als Gegenmodell genannten, vielgeschmähten Ablaßhandels zu
unterlaufen. Denn genau das war ja der eigentliche, tiefere Sinn des Tauschs Geld gegen
Sündenerlaß: ein kleiner, überschau-, aber kontrollierbarer Zeitgewinn angesichts einer
eschatologischen (das Lebens- und Weltzeitende implizierenden), aber dann doch nie so ganz
gewissen Untergangs-Bedrohung. Die psychologisch schlicht unpräzise und unterkomplexe
Unterstellung dabei ist doch, daß, wer er sich von seinen Sünden "freikauft",
deswegen danach einfach kreuzfidel munter weiter sündigt, daß man also nur Scheinverzicht
treibt und lediglich kosmetische Oberflächen-Selbstkorrekturen vornimmt. Nein, die realen
(auch psychischen) Kosten des "Ablaßgeschäfts" erinnern mich permanent an meinen
ja immer nur provisorisch und temporär abgemilderten Status der (Erb!-)Sünde und zeigen
mir an, daß ich grundsätzlich (weiter) und immer "falsch" lebe. Das als
"Doppelmoral" zu bezeichnen (wie NP das tut), ist selbst eine hoch moralistische
Wehklage (auch sie mindestens so alt wie der lutherische Antikatholizismus), die verkennt,
daß Menschen eben grundsätzlich diese Dilemmata nicht nur leben, sondern "sind".
Wir SIND ökologisch eigentlich untragbar.
Unter diesem (höchst subtil ausgelegtem) Blickwinkel gesehen, würde N. Peach vermutlich
auch nicht von „Doppelmoral“ in Anbetracht der offensichtlichen Zwiespältigkeit in der
Lebensgestaltung diesbezüglich beschriebener Bevölkerungsgruppen sprechen. Eher wohl - und
auch da würde ich ihm zustimmen - wäre das gezeigte Verhalten einer (schon pathogenen)
Ambivalenz zuzuschreiben; eine Zerrissenheit zwischen unterschiedlichsten konzeptionellen
Denkansätzen, Theorien, Statements zu jeweils aktuellen Problemfeldern der absehbaren
Umweltkatastrophe. Eine Zerrissenheit, wie sie insbesondere auch bei jenen sichtlichen
Ausdruck annimmt, die unter dem unerträglichen Druck der Erbsünde und ihrer zwingend
darauf folgenden Verfehlungen leiden. Nitzsche sinngemäß: Die Katholiken - sie sehen mir
alle so wenig erlöst aus!
Welch Parallelen sich hier doch auftun! So wird „Ablasshandel“ tatsächlich zum Gnadenakt
für uns Erdenkinder - genial gelebtes „amor fati“.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl