Es steht augenscheinlich nicht gut um diese Welt und deren Bewohner. Menschen also, die
eigentlich allesamt in Frieden und Eintracht leben wollen, doch ob das grundsätzlich
möglich ist, steht seit Menschengedenken infrage. Zu groß sind offensichtlich die
Unterschiede in Bezug auf das geographische, geopolitische und vor allem das soziale
Lebensumfeld. Zu groß die Differenz von Interessen, Meinungen, Denkmustern, etc. Hinzu
kommt das offensichtlich nicht beherrschbare Triebverhalten des Menschen hinsichtlich
seiner Bedürfnisbefriedigung.
Religion als Regelwerk gesehen trägt diesbezüglich nachweislich dazu bei, dass sich
Menschen demgemäß verhalten; Insofern verwundert Deine Fundamental-Kritik an Religion,
lieber Waldemar, da dieses Regelwerk (Dekalog) in seiner Befolgung definitiv dazu
geeignet ist, entsprechende Lebensweisen und -formen mit Rücksicht auf Mitmenschen, Tieren
und eben auch auf die Natur schlechthin auszurichten. Doch wie schon mehrfach von mir
geschrieben, muss man keiner religiösen Vorgabe folgen, um verantwortlich gegenüber allen
Lebensformen und der Natur zu handeln.
Hier geht es tatsächlich um das von Dir oftmals hier angeführte Fünfte Gebot in seiner
Forderung nach unbedingter Ehrfurcht vor allem Leben, somit nicht nur ein Tötungsverbot
als einem vorsätzlichen Mord an Mitmenschen. Auf die gegenwärtige Epoche bezogen, bedeutet
es Frieden zu bewahren und alles Leben zu schützen. Letzteres steht augenscheinlich dem
Prinzip vom „Fressen und Gefressenwerden“ entgegen, wie dieses unausweichlich allem Leben
zugrunde liegt.
Oft wird gesagt, Tiere würden einander nur zur deren essenziellen Nahrungsversorgung
töten, doch das ist nicht zutreffend. Das simple Beispiel vom Fuchs, der die Gans
gestohlen hat und diese nicht wieder lebend bringt, sondern ihr den Kopf abbeißt, diesen
mitnimmt, um später den Rest abzuholen. Entgegen dem niedlichen Kinderlied zerrt er ein
Dutzend Federvieh aus dem Hühnerstall (in den er mit List und Tücke gelangt ist)
schlichtweg, um die Tiere totzubeißen und solchermaßen zu hinterlassen, dabei letztlich
nur ein Huhn „verspeist“ zu haben. „Overkill as its best“ oder doch eher sinnvolle
Vorratsbeschaffung?
„Overkill as its best“ betreibt auch der Mensch, teils zur Vorratsbeschaffung, teils aus
blanker Gier. Oft habe ich mich an Deiner Verallgemeinerung des „wir“ gestört: „Wir rauben
die Ressourcen dieser Erde ohne Mass und Ziel“ oder:
„Wir töten um des Tötens willen“. Sicher längst nicht alle Menschen handeln in diesem
Kontext, doch reicht selbst eine Minderheit weltweit für Unbill und zerstörerische
Gewalt.
Diese Begrifflichkeit entspricht "autotelischer" Gewalt, wie Jan Philipp
Reemtsma das Töten um des Tötens willen nennt. Womöglich trifft das auch für das
triebhafte Zerstören, resp. Vernichten um des Zerstörens willen zu und man kommt damit zum
Kern menschlicher Niedertracht, die dem gesellschaftlichen Grundverständnis eines
zivilisierten Kollektivs radikal entgegensteht, sei es in Familie, Kommune oder Staat.
Die biblische Schilderung vom „Tanz um das goldene Kalb“, resp. die Anbetung des Goldenen
Kalbes steht symbolisch für den Eigenwillen des Volkes und somit auch der Lebensweise der
heutigen Gesellschaft, quasi der Mammon als Ersatzreligion.
Mir der Schaffung des Goldenen Kalbes zufolge religiöser Ungewissheit und irdischer
Zukunftssorge, ignoriert das Volk seinen befreienden Gott, bricht seine Gebote.
Eigentlich sollten/wollten wir Gott als anthropomorphe Wesenheit aus unserem Diskurs
heraushalten. Verwenden wir den Begriff von Allgeborgenheit, würde das Kultbild des
goldenen Kalbs als Inbegriff defizitären Vertrauens in Gott zu sehen sein, wodurch sich
das Volk mit der Schaffung dieses Ersatz-Gottes vom geoffenbarten guten Willen des JHWH
(Zuversicht und Geborgenheit in ihm) abwendet:
„Ewige Wiederkehr des Gleichen“, hochaktuell bis heute. Gottlos, d.h. ohne Gefühl von
Allgeborgenheit nimmt der Mensch geistlos sein Schicksal in die eigenen Hände und muss
damit letztlich scheitern.
Da ich mich stets gegen Verallgemeinerungen wehre, sollte ich hier schreiben: Von allen
guten Geistern verlassene, somit auch gottlose Menschen, nehmen ihr Schicksal in die
eigenen Hände und versagen kläglich. Hingegen von Geist beseelte Menschen gegen die
Ignoranz ihrer geistlosen Zeitgenossen ankämpfen und sich letztlich die Frage stellt, ob
sie jemals die Oberhand erlangen, um diese Erde im Sinne des Dekalogs als einen
nachhaltigen Lebensraum zu erhalten und proaktiv zu gestalten trachten.
Da ging es kürzlich hier auch um „Wirbel“. Für meine Begriffe ein Bild, das für die
Prozesshaftigkeit allen Lebens steht. Diesbezüglich bieten die sog. „Causal Sets“
(Dowker/Sorkin/tHooft/Myrheim/Bombelli, Lee, et.al.) als Raumzeit-Prozesse, mittels derer
lokal endliche Halbordnungsrelationen miteinander verbunden werden, ein anschauliches
Modell für interagierende Kausalitätsbeziehungen (Wirbel).
Das entspricht einer Kombination von Diskretheit und Kausalität zu einer Substanz. Die
Raumzeit wird dabei durch eine Ansammlung diskreter „Elemente“ ersetzt, die durch
Relationen zueinander zu einer „partiell geordneten Menge“ (kurz: Poset) organisiert sind.
Dabei bleibt keines der Kontinuumsattribute der Raumzeit (Metrik, Topologie als
differenzierbare Struktur) erhalten, sondern sie emergieren konzeptionell näherungsweise
auf der makroskopischen Ebene.
Womöglich liege ich falsch mit dieser meiner Interpretation von „Wirbeln“ und bitte dann
Thomas um Korrektur.
KJ
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