Über Raumzeit nachzudenken war Waldemars kürzlich hier eingebrachter
Vorschlag, was im gewissen Widerspruch zu seiner zuletzt vorgebrachten
Ansicht steht, der Mensch könne (wohl im Sinne Du Bois-Reymonds
„Ignoramus et ignorabimus“) grundsätzlich nichts über die Hintergründe
seines Lebensumfeldes ergründen.
Was nun Raumzeit und damit auch das Wesen der Zeit anbelangt, möchte ich
tatsächlich analog zu R. Feynmans Statement „I think it is save to say
that nobody understands quantum mechanics“ feststellen: Kein forschender
Mensch kann derzeit eine geschlossene, allgemeingültig konsensfähige
Theorie über das uns umgebende Universum und damit über das Wesen der
Raumzeit und insbesondere den Zeitbegriff vorlegen.
Was nicht ist, kann/soll noch werden. So hat mich mein Vorhaben, hier in
philweb etwas über den Begriff der Zeit zu schreiben - weit über diese
Begrifflichkeit hinaus - wieder einmal in die „Untiefen“ der Astrophysik
bzw. Kosmologie geworfen. Dieser „Sturz“ hatte etliche Blessuren zur
Folge; Verletzungen resp. Kränkungen, wie man das für die Menschheit
benennt, wenn deren althergebrachte Weltsichten durch neue, gesicherte
Erkenntnisse zerrüttet werden. Für mich beispielsweise das endgültige
Zerbrechen einer klassisch hergebrachten Urknalltheorie als ein
singulärer, einmaliger Ursprungsprozess von unvorstellbar gigantischem
Ausmaß. Intuitiv habe ich zu keiner Zeit daran geglaubt, diese
Vorstellung jedoch lange mitgeschleppt, da mir alle dieser Theorie
entgegenstehenden Denkansätze entweder nicht hinreichend eingängig oder
schlichtweg abwegig erschienen. Und auch aktuell bleibt mir (wie bereits
erwähnt) nichts als die Feststellung, dass es eine kaum noch
unübersehbare Fülle an Erklärungsversuchen, konkurrierenden Theorien zum
Verständnis des unseren Lebensraum bergenden Universums gibt.
Sollte man deshalb nun in Waldemars resignierende Attitüde einstimmen
(„...all unser auch bestes, höchstes "wissen" höchst "lässlicher"
dilettantismus) damit aufhören, Gedanken über „Gott und die Welt“ -
genauer also - über Herkunft, Dauer, Sinn und Zweck irdischen Lebens und
des uns tragenden Kosmos anzustellen? War alles diesbezügliche Denken,
Forschen der Menschheit vergebens?
Mitnichten! Man stelle sich vor, Menschen müssten heute noch angesichts
von Blitz und Donner den diesem Phänomen zugeordneten Göttern opfern.
Dieses Beispiel sollte reichen, um den Zuwachs an Wissen resp.
Erkenntnis als außerordentlichen Gewinn für die Menschheitsentwicklung
zu erkennen, der durch ständiges Hinterfragen, Messen, Rechnen,
Interpolieren und selbstredend auch durch konstruktives Mutmaßen erzielt
wird.
Ein Meister in Letzerem war für meine Begriffe Leó Szilárd. Mutmaßen
beziehe ich diesbezüglich auf seine (nahezu prophetische) Weitsicht. Vor
allem beeindruckt mich sein interdisziplinärer Denkansatz, bei dem er
Gehirnfunktionen intelligenter Wesen mit den Begriffen von Entropie und
damit Information assoziiert.
Ich bin wieder auf Szilárd im Zusammenhang des hier diskutierten Themas
zu möglichen Zeitreisen gestoßen. Dabei an Maxwells Dämon denkend,
kommt Szilárds hoch interessante Arbeit „Entropieverminderung in einem
thermodynamischen System bei Eingriffen intelligenter Wesen“ ins Spiel
(diese ist im Internet als Faximile verfügbar).
Es trifft nur in Teilen zu, was Waldemar konstatiert: „wir "sehen" zwar,
was wir sehen, aber nur insoweit und in der form, als es rein
überlebenstechnisch wichtig ist, und das passt nahtlos zusammen damit,
dass die evolutionären mechanismen gar keine möglichkeiten bieten, ein
lebewesen darüber hinaus entwickeln zu können“.
Denn daraus lässt sich keinesfalls ableiten, dass Menschen in ihrem
Denken und Handeln wegen biologisch angelegter Determiniertheit
grundsätzlich nicht aus dieser „Vorgeformtheit“ ausbrechen können und
sich somit den absonderlichen Thesen des radikalen Konstruktivismus zu
ergeben hätten. Würde diese Ansicht zutreffen, gäbe es keinerlei
Fortschritt in der Menschheitsentwicklung zu verzeichnen.
Es geht für den Menschen i.a. nicht nur um Überleben, sondern um
sinnvolles Leben schlechthin und dessen Erforschen mit allen zur
Verfügung stehenden Mitteln. Allein die Erkenntnisse der medizinischen
Forschung zeigen schon den gewaltigen Fortschritt zum Verständnis von
Körperlichkeit und Psyche des Menschen.
Selbstredend allerdings scheint der Weg zu Wissens- und Erkenntnisgewinn
- gleichermaßen subjektiv wie kollektiv - schier endlos zu sein; zudem
fraglos mit beliebigen Hindernissen verstellt, die es immer wieder aufs
Neue zu überwinden gilt. Doch es ist zweifelsfrei - ungeachtet des „cui
bono“ - ein lohnendes Unterfangen.
Dabei ist offensichtlich (nahezu) jeder Beitrag von denkenden Menschen
bedeutsam, denn schließlich wird nach den Prinzipien von Okkham
(Rasiermesser) und Popper (Falsifikation) das jeweils wirklich
Zutreffende zutage treten.
In diesem Sinne soll‘s hier weitergehen, wenngleich die grauenvollen
Ereignisse dieser Zeit kaum dazu anregen, diese Welt als
verheißungsvollen Lebensraum zu erforschen resp. zu beschreiben.
Beste Grüße! - Karl
PS: Derzeit bin ich immer wieder in Gebieten mit unzureichender
Internetverbindung, was Antworten hier bisweilen verzögert.