Mir ging es letztlich nicht um Platon oder so, sondern um die
inhaltliche Frage. Momentan habe ich nicht die Zeit, mich darauf zu
konzentrieren. Ich habe mir andere Lektüren erwählt.
Am Sa., 22. Dez. 2018 um 16:07 Uhr schrieb Claus Zimmermann
<Zimmermann.Claus(a)t-online.de>de>:
Über Platon würde ich mich lieber aus erster oder kompetenterer zweiter Hand informieren,
Herr Frag. Ich rede hier ja mehr von meiner Vorstellung von Platon. Dabei hatte ich im
Hinterkopf, wie der platonische Sokrates mit seinem "Wovon redest du eigentlich?
Erkläre es mir!" anschließend jede Begriffserklärung zu Fall bringt. Und doch wissen
wir, wovon wir reden - das würde, glaube ich, auch Platon/Sokrates so sehen, wenn er sich
gegen die Verdrehungen der Sophisten wendet -, so wie wir auch wissen, wie Farben
aussehen, ohne es erklären zu können. Vielleicht sollte man hier statt von wissen lieber
von erleben reden.
Andernfalls könnten wir keine erklärungsbedürftigen Zeichen erklären, da sie dann nie zu
Ende erklärt wären.
Grüße, Claus
-------- Ursprüngliche Nachricht --------
Von: Rat Frag <rat96frag(a)gmail.com>
Datum: 21.12.18 16:12 (GMT+01:00)
An: Claus Zimmermann <Zimmermann.Claus(a)t-online.de>
Cc: philweb <Philweb(a)lists.philo.at>
Betreff: Re: [Philweb] Warum glaubt der Mensch an abstrakte Entitäten?
Hallo Hr. Zimmermann,
ich versuche mal, eine möglichst kluge Antwort zu schreiben. Meine
eigenen Gedanken sind ja leider selbst mehr als unklar. Deshalb
spreche ich das Thema hier auch an.
Am Do., 20. Dez. 2018 um 22:17 Uhr schrieb Claus Zimmermann
<Zimmermann.Claus(a)t-online.de>de>:
Platons Entdeckung war meiner Meinung nach, daß es kein voraussetzungsloses Verstehen
geben kann, die Verallgemeinerung des Problems, mit einem Blinden über Farben zu reden.
Darin stimmt er übrigens mit Wittgenstein überein, wenn der z.B. sagt, die Kette der
Gründe eines Urteils müsse ein Ende haben.
Den Gedanken halte ich wahnsinnig interessant. Kannst du das bitte
etwas genauer erklären?
Aber es stimmt schon, dass wir nicht immer weiter nach Gründen fragen können.
Wenn die Frage nach der Existenz hier nicht diese
Bedeutung haben kann, müsste schon erklärt werden, was
damit in diesem Fall gemeint ist.
Das ist ein relativ guter Punkt.
Das mit den Schlussregeln als
"Entitäten" (solche Worte kann ich nur in Anführungszeichen hinschreiben)
hätte man vielleicht auch nicht so gesehen, wenn man nicht vergessen hätte, daß man im
Schluß nichts sagt, daß nicht schon in den Prämissen enthalten ist. Man muss in dem
angeführten Syllogismus nur wie beim Rechnen die zweite Prämisse in die erste einsetzen
und damit nur die beiden Ausdrücke zu einem zusammenziehen, ohne ihnen etwas
hinzuzufügen oder etwas wegzulassen, und erhält: Alle Menschen - inklusive S., denn der
ist ja
auch einer - sind sterblich.
Der Punkt ist doch der: Ich kann als Mensch eine Aussage treffen,
dessen Bedeutung mir selbst nicht 100% klar ist. Jemand anderes kann
daraus besser Schlussfolgerungen ziehen als ich selbst. Etwa, weil ich
voreingenommen bin oder weil ich irgendwie psychologisch gehemmt bin
oder weil ich nicht scharfsinnig genug war.
Andererseits kann ich z. B. von einem Gedanken quasi zu einem anderen
Gedanken getrieben werden, obwohl dies streng logisch nicht der Fall
war. Die psychologische Assoziation ist in diesem Fall stärker als die
rein logische Verstandeskraft.
Etwa, wenn ein religiöser Mensch beim Gedanken an die Sterblichkeit
der Seele auch automatisch an die Unendlichkeit der Welt des
Materialismus denkt, weil es in ihn bereits fest verbunden ist, obwohl
für diese Verbindung noch viele Glieder fehlen.
Oder Spiniza, der sich Unendlichkeit und Unbegrenztheit nicht
auseinanderdenken konnte (siehe seine Ethik) usw.usf.
Die logische Schlussfolgerung scheint dabei weder eine reine
Assoziations der Gedanken zu sein, noch ist sie im Denken wirklich
zwingend. Wir glauben das vielleicht, weil wir uns alle mit
Philosophie beschäftigt haben. Und das schließt bis zu einem gewissen
Grad die Beschäftigung mit Logik ein. (Ja, es gibt Philosophen, die in
Sachen Logik zu den weltweiten Experten gehören oder gehört haben.)
Für den normalen Bürger ist das nicht so selbstverständlich.