Industrielle Massenproduktion haben wir schon in der Musik, Ingo. Das schmeckt oder klingt
nach nichts. Nicht weil es zu simpel wäre.
"Sinnesvielfalt und Gefühlsumfang" würde ich von Maschinen und Algorithmen nicht
erwarten. Jedenfalls können wir es ihnen nicht beibringen.
Ich behaupte nicht, dass das Gewimmel in einem Wassertropfen genau beschrieben werden
kann.
"Wesentliches ereignet sich sprachlos", ja klar, oder "Keen Bock uff
Jequatsche", wie G. Rocchigiani sagte.
Claus
Am 8. August 2022 12:20:24 MESZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb"
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 07.08.2022 um 19:31 schrieb Claus Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Schlechte Autoren machen es vielleicht ähnlich wie Algorithmen, Ingo. Gute gehen von
ihrer Erfahrung aus, lassen das nur Persönliche weg und der Leser fühlt sich
angesprochen.
Algorithmen können ja auch herausfinden, unter welchen Bedingungen Menschen lachen. Durch
umfangreiche Feldforschung herausgefunden zu haben, wann Menschen lachen bedeutet aber
nicht, Humor zu haben und was dieses Lachen bedeutet, erschliesst sich einem dadurch auch
nicht. Babys wissen das von sich aus, auch wenn sie einen speziellen Humor zu haben
scheinen.
Es stimmt, dass Autoren von anderen lernen und nicht bei null anfangen. Aber nicht so wie
eine Maschine oder ein Algorithmus, die/der nur Strickmuster analysiert und nachahmt, ohne
eine Ahnung zu haben, worum es überhaupt geht. Schon das Wort "Ahnung" passt bei
einem durch wenn-dann-Vorgaben gesteuerten Prozess nicht. Wir sagen, dass der Himmel blau
ist, wenn er so und so aussieht, die Farbe eines Musters hat, können aber keine Bedingung
dafür angeben, wie wir die Farbe des Musters beurteilen. Das sieht man oder man sieht es
nicht. Eine Maschine würde dagegen Wellenlängen messen und die Farbe im
wenn-dann-Verfahren beurteilen, ohne von ihr die leiseste "Ahnung" zu haben.
Und einen guten Autor erkennt man doch sofort und zwar nicht aufgrund irgendwelcher
Eigenwilligkeiten, die er sich als "unique selling points" zugelegt hat, sondern
so, wie man eine Stimme erkennt.
Moin Claus,
mir geht es nicht darum, seriöse Literatur bzw. Kunst allgemein ersetzen zu wollen.
Nischen der Ästhetik werden hoffentlich erhalten bleiben. Wobei ich allerdings annehme,
dass sich bspw. „Ahnungen“ durch Wahrscheinlichkeitsgrade nachahmen lassen. Auch unter
Menschen scheinen sie ja nur sehr vage und flüchtig auf. Schon bald werden algorithmische
Texte von den meisten Menschen nicht mehr von menschlichen Texten unterschieden werden
können. Retortenliteratur bzw. Retortenkunst allgemein dürfte die Regel werden.
Worauf ich anfangs hinaus wollte, war, dass Versprachlichung die Lebensfülle und
Naturvielfalt banalisiert und Mathematik sie eher zu erfassen vermag. Was Quantencomputer
mit vielerlei Sensoren/Effektoren in Robotern einmal bewerkstelligen könnten, wäre eine
weitere Bereicherung. Unsere Sichtweisen scheinen mir geradezu komplementär. Du hebst die
Versprachlichung hervor, während mir die Sinnesvielfalt und der Gefühlsumfang wichtiger
sind. „Wesentliches ereignet sich sprachlos“, ist eines meiner Mottos.
IT
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