Am 01.04.2024 um 22:42 schrieb ingo mack über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Erfindungen und Gedankenspiele von geistig sehr regen Autoren; 'Umberto Eco,
Stanislav Lem, Assimov, U.K. LeGuin,
P.Heinlein, Ray Bradbury, P.K. Dick, Huxley, Anthony Burgess, Larry Niven; und viele
andere mehr.
Diese Geschichten werden von den Autoren derart "lebendig" geschrieben, dass
ich sie beim Lesen als Kopfkino erlebte.
das muss nun über die Qualia der Geschichten und Autoren nichts aussagen, lediglich
interessant zum Thema hier denke ich: die Vermittlung von Theorien kann mittels Literatur
auf direktem, diskreten Weg einem empfänglichen Leser verständlich dargestellt werden.
"Literatur" kann vermutlich ein konkretes Studium von konkreten Wissenschaften
nicht ersetzen, aber sie kann diese unersättliche Neugier anfeuern, die echte Wissenschaft
nun mal ausmacht.
Hi IM,
die genannten Autoren sind mir mehr oder weniger auch bekannt. Was mir an der SciFi aber
zumeist fehlt, ist das nähere Eingehen auf die Funktionsweisen hinter den Geschichten und
der Mangel daran, dass die Geschichten selbst nach Wissenschaftsprinzipen konstruiert
werden. In der Regel gibt es nur einen lockeren bis vagen Zusammenhang zwischen
Wissenschaft und Geschichte.
Zu Stanisław Lem ist mir „Pilot Pirx“ gegenwärtig, der mich bzw. sein Bordcomputer in den
1970er Jahren erheiterte. Denn während der Bordcomputer stets langwierig umfangreiche,
komplizierte Differentialgleichungsysteme zu lösen hatte, kam Pilot Pirx nicht selten
intuitiv schneller zum Ziel. Wenn aber nicht, dachte er sinnend darüber nach, an welchem
Gleichungssystem der Computer wohl gerade rechnete.
Und in der Erzählung „Auf Patrouille" ging es um die Bewegung eines Lichtpunktes auf
dem Kontrollschirm (der Cathode Ray Tube CRT), der komplizierte Bewegungen anzuzeigen
schien, aber nur Pirxens Halluzinationen entsprang. Eine solche Situation ließ mich später
an den Zwischenfall 1983 denken, als Stanislaw Petrow den Alarm für einen Störfall und
nicht für einen Raketenangriff der USA auf die UdSSR hielt. Dabei halluzinierte gleichsam
das Frühwarnsystem und nicht der Commander.
An was und wie die Computer jeweils genau rechnen, bleibt unerwähnt. Dabei ließe es sich
zwanglos in Diskussionen über den Stand der Technik oder in Lehr/Lernsituationen
integrieren. Auch wenn Jugendliche nicht alles verstehen sollten, würden sie früh mit den
Zeichen der Mathematik vertraut. Warum sollten Romane nicht ebenso viele Sätze wie Formeln
enthalten können? Weil sie beim gegenwärtigen Bildungsstand unverkäuflich wären?
Versuche, in Romanen nicht nur Mathematisches zu erwähnen, sondern sie der Mathematik oder
Physik folgend zu konstruieren, hat Hermann Broch in „Die Unbekannte Größe“ und in „Die
Schuldlosen“ versucht. Unbedarft Lesenden dürfte es allerdings nicht auffallen, welchen
Theorien der Autor jeweils folgt und wie er sie kunstvoll eingearbeitet hat. Broch
verfolgte jedenfalls einen „Totalitätsanspruch“ in der Literatur, die jeweils Kunst und
Wissenschaft zu verweben hatte.
IT