Am 22.06.2020 um 15:37 schrieb Claus Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Weil wir es uns nicht ausgedacht haben, im Gegensatz zum Kalkül, wissen wir selbst nicht,
wie wir es machen. Es gehört zur Grundausstattung des Lebens, mit der wir auf die Welt
kommen.
Also auch diese Erklärung des Zeichens leistet, was sie soll und beantwortet die Frage
nach der Bedeutung des Zeichens, ohne zu immer neuen Fragen zu führen.
Wenn man aber keine Unterscheidungsbedingungen angeben kann, wird sich das nicht in
Programmcode ausdrücken lassen. Es kann auch nicht durch Nachahmung erlernt werden. Die
Erklärung wird entweder verstanden oder nicht. Allerdings ist es möglich, Sinne durch
Implantate zu schärfen oder zu ersetzen. Wir bauen da etwas nach, das wir nicht erklären
können, bei dem die Frage nach einer Erklärung auch nicht passt, es sei denn, sie bezieht
sich nicht auf Handlungsbedingungen, sondern auf Erfahrungszusammenhänge. Im Prinzip ist
es ja nicht neu, daß es solche Zusammenhänge gibt, angefangen damit, daß wir nichts mehr
sehen, wenn wir die Augen schliessen, nur wissen wir es heute sehr viel genauer.
Hi Claus,
Organismen sind der Natur erwachsen, Mechanismen werden gebaut. Das ist zunächst ein
grundsätzlicher Unterschied: Organismen leben, Mechanismen funktionieren bloß (dabei wird
das Wort „Leben“ leider so inflationär benutzt, das es nahezu bedeutungslos geworden ist).
Wenn ich einem Menschen eine künstliche Retina implantiere und er dadurch wieder das Sehen
trainieren kann und in einem Roboter mit künstlicher Retina ein neuronales Netz trainiere,
dann weiß weder der Mensch noch der Programmier, was in ihm bzw. im neuronalen Netz vor
sich geht. Was zählt ist das Ergebnis.
Aber hat der Roboter etwas ähnliches erlebt wie der Mensch? So etwas wie das
überwältigende Gefühl des Blinden, wieder (oder überhaupt) sehen zu können, sicher nicht,
aber eine wesentliche Veränderung ist auch im neuronalen Netz des Roboters eingetreten.
Beim Menschen tritt mit zunehmender Erfolgsquote geradezu ein Glücksgefühl ein. Kommt hier
vielleicht wesentlich die Quantität mit ins Spiel? Ich meine ja, denn sie basiert bereits
die Physiologie bzw. Physik der Retina wie des Gehirns bzw. des neuronalen Netzes.
Es grüßt,
Ingo