Am 28.01.2022 um 10:09 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
[Philweb]
[...] durchleben musste, denn es ist ja immer ein muss, man lebt ja
nicht wirklich freiwillig - und am ende das ganze eine sache zum
verbrennen, denn mir scheint ein leben wirklich eine einzige lehre zu
sein, die man genau dann komplett ausgelernt hat, wenn man sie nicht
mehr gebrauchen kann, weil man abstirbt, woraus ich schließe, leben an
sich eine durchaus verzichtbare sache = hätte man mich vor zeugung
gefragt, ob ich leben will, und mir gezeigt, wie das so aussieht und
sich anfühlt, hätte ich nein gesagt
Damit verbindet sich doch geradewegs die Kernfrage nach dem „warum des
Lebens“, eng verknüpft mit Grundfrage der Philosophie: Warum ist
überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Leibniz wird sie nicht als
einziger und erster gestellt haben, sondern die Menschen stellten sie
seit der Antike bis zur gegenwärtigen Epoche; dennoch bleibt sie im Kern
unbeantwortet, gleichermaßen, ob man sie aus philosophischer oder
naturwissenschaftlicher Perspektive stellt. Letztere kommt mittlerweile
dem „wie“ der Entstehung des Universums und des sich darin entwickelnden
Lebens beachtlich nahe, doch das „warum“ bleibt im Dunkeln der
Spekulation oder wird im Lichte der Religionen verklärt.
Während Schelling noch ähnlich wie Leibniz fragt: »Warum ist nicht
nichts, warum ist überhaupt etwas?« wendete Schopenhauer diese Frage im
Sinne seiner existentiellen Gesinnung und der daraus abgeleiteten
Misanthropie: „Lieber nichts als etwas“. Damit schließt sich der Kreis
zu Deiner Einschätzung von Leben als „verzichtbare Sache“.
Vertreter der jüngeren Philosophie wie etwa Heidegger, stellten sich
ebenso dem Thema des Nihilismus. Er schreibt sein Hauptwerk von Sein und
Zeit und fragt demnach: „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr
Nichts?“ Die ihm nahestehende Hannah Arendt begrenzt die Frage auf die
menschliche Existenz: „Warum ist überhaupt jemand und nicht niemand?“.
Eine eineindeutige Antwort auf diese essentielle „Warum-Frage“ gibt es
nicht, sonst könntest auch Du das „Wie“ Deines Lebens leichter ertragen,
wie Nietzsche das beschrieb: "Hat man sein Warum? des Lebens, so
verträgt man sich fast mit jedem Wie? Der Mensch strebt nicht nach
Glück, wie die Engländer glauben. —" (aus Götzen-Dämmerung).
Hier will ich abbrechen, da ich zu diesem Thema schon beliebig oft
geschrieben habe und Du weißt ja: Wiederholungen vermeiden! Vor allem
schon, weil wir diesbezüglich zwangsläufig wieder bei Religion ankommen
würden: Warum? Weil religiöse Menschen glauben, das „Warum des Lebens“
zu kennen und daher mit dem Wie des Lebens in aller Regel hinreichend
zurechtkommen, nicht zuletzt auch, weil sie sich eine „Verzichtsoption“
vor der Zeugung durch ihre Eltern nicht vorstellen können resp. dürfen.
Für mich bleibt es dabei: Weder Religion, noch Philosophie ebenso wenig
die Naturwissenschaft können mir jeweils allein die Antwort auf diese
„Warum-Frage“ geben. Einzig die interdisziplinäre Gesamtschau könnte
eine Annäherung ermöglichen, die jedoch immer nur eine spezifisch
subjektive Erfahrung sein wird - doch allemal besser, als aller Art
religiösen, esoterischen Eiferern und Welterklärern auf den Leim zu gehen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
und jetzt, ich 68 und lebend, was hab ich jetzt an weiteren abenteuern
zu erwarten?
ich werde jetzt erneut krankenpflege lernen müssen, alle möglichen
krankheiten und malässen erneut durchackern, dieses mal aber nicht
vorm sondern im bett, und am ende wieder dasselbe wie immer: lehre
erfolgreich durchgestanden, aber tot - langweilig ...
PS: Kopf hoch und raus ins Leben! Von wegen tot-langweilig im Bett
verkriechen, Du Youngster!