Am 09.12.2021 um 12:29 schrieb Joseph Hipp via Philweb:
Es ist ja sehr wertvoll, die Gegensätze zu hören. Gestern habe ich
zufällig den Referat von unserem ehemaligen Teilnehmers Hans-Joachim
Niemann teilweise gelesen, in dem er sich mit Popper beschäftigte.
(
http://www.gkpn.de/Niemann_2019_04_06_Nbg.pdf) Obwohl ich kein
kritischer Rationalist bin, darf ich wohl Rosinen pickend zitieren:
1. "Der kritische Rationalist wird Kritik nicht abwehren, sie
auch nicht nur geduldig ertragen, sondern zu Kritik herausfordern
und sie begrüßen, denn sie befreit uns von unseren Fehlern. Kritik
hilft nichts, wenn sie zu allgemein ist; Kritik muss immer konkret
sagen, warum etwas falsch ist. Sie darf nicht einfach nur so pauschal
sagen „Ihr Vortrag hat mir nicht gefallen.“"
2. „Ich möchte Sie nicht einmal mit Gründen überzeugen“
Hier würde ich dann hinzu setzen: Es genügt nicht zu sagen: "Da dreht
sich alles allzu oft im Kreis." Wäre das nicht zusätzlich eine Art
Pessimismus oder Defaitismus mitklingen. Wird der andere dann nicht
als aussichtsloser Fall angesehen? Geht das, insbesondere für eine
sich zur Moral bekennende Person?
die solche Diskussionen zu keinem auch nur
irgendwie gearteten
Konsens und damit nie zu einem Ende gebracht werden können.
Geht es denn um Konsens? Aporien können auch Aporien bleiben.
Abgesehen von den so wertvollen Beiträgen des HJN, und seinem tragischen
Ausscheiden hier und aus der Welt:
Es geht nicht um Konsens, das habe ich hier oft angemerkt, sondern um
hinreichendes Würdigen und nicht das "Plattmachen" anderer Meinungen,
Überzeugungen bei gleichzeitigem Beharren auf der eigenen Weltsicht und
deren ultimative Gültigkeit. Du, Joseph stellst Dich jeweils mutig
zwischen Fronten und willst um jeden Preis vermitteln, was Dich sehr
auszeichnet!
Ich fürchte nur, dass diese Bemühungen buchstäblich in's Leere laufen:
Das Problem dabei ist in der Tat auch ein verharrendes Anhängen an
„alten Zöpfen“ (wie zuletzt von Waldemar angemerkt):
/wh: "wenn ein schopenhauer zb einblick in die quantenwelt gehabt hätte,
und/oder einblicke ins weltall, hätte er sein damals ja mögliches "wille
+ vorstellung" mit sicherheit nicht als "des rätsels lösung" betrachtet,
und weil das so ist, müssen wir heutigen mit unserem wissen "die
schopenhauers" als unsinnig ansehen.
/////
Natürlich kann ein Statement von Waldemar nicht anders enden, als mit
"Unsinn" behaftet.
Entweder - Oder: diese radikale Trennung erinnert an Kierkegaard
(übrigens sehr lohnenswert, sich mit diesem beizeiten auseinander zu
setzen).
Es ist natürlich geboten, sich auch des Wissens zu bedienen, welches
unveränderbar in diese alten „Zöpfe“ eingebunden ist, jedoch darüber
hinaus zu steigen und das durchaus auch spekulativ. Die Verbindung von
überbrachtem Wissen und neuen Erkenntnissen (wenngleich diese noch nicht
gesichert sein mögen) bietet eine förderliche Grundlage, auf der sich
tatsächlich der derzeitige Erkenntnisstand der Menschheit erweitern kann.
Das Unvermögen hierzu zeigt sich in vielen Bereichen auf erschreckende
Weise: angefangen bei der kirchlichen Lehre, wo man sich unverdrossen
der alten Sprache von Psalmen und sonstig biblischen Erzählungen
hingibt. Wer noch Gottesdienste besucht, wird mit Blick auf die Jungen
erkennen, dass sie kein Jota davon verinnerlichen, es ist schlichtweg
nicht mehr ihre Sprache, ihre Welt. So wird es andererseits auch
Philosophiestudenten gehen, die mit ihnen vermitteltem Schriftgut
(gleichermaßen primär wie sekundär) und bei Klausurvorbereitungen
kämpfen, um daraus dann die zig-tausendste Studienarbeit oder
Dissertation abzufassen; man könnte es dann auch „abkupfern“ nennen,
wenngleich dies ein sehr geschicktes sein muss, aus bekannten Gründen.
Stets also alter Wein in neuen Schläuchen!
Sich mit neuem Denken, neuer Sprache modernen Sichtweisen zu nähern, ist
immer zu einem guten Teil spekulativ, (nobel ausgedrückt) hypothetisch,
was jedoch nicht daran hindern soll, dieses dennoch darzulegen.
Damit komme ich zu einem von mir empfundenen zweiten Problem, nämlich
letzteres in den Beiträgen hier nicht ausführen zu können. Die
Kombination überbrachten Wissens mit neuen Denkansätzen kann nicht
gelingen, wenn in Replik darauf sogleich das Bewährte, Gültige der alten
Zöpfe genichtet und das Neue, durchaus auch Spekulative, zertreten wird.
Zertreten in Planck-Staub, wie ich es kürzlich benannte.
Ich erspare mir diesbezüglich beispielhafte Zitate darauf bezogener
Beiträge, wie sie Waldemar hier fortwährend zum Besten gibt. Der Blick
auf seine jüngsten Auslassungen genügt:
/
wh: "meta-physik" (meta-physisch oder physikalisch) ist://
//individuell falsch verstandene/unverstandene physik oder noch
allgemein unverstandene/ungewusste physik, und ein großteil sind zudem
nur scheinprobleme/scheinfragen, zb "was ist nach unserem tod"?//
//
//und von der basis her, ist ein instinktives "wissen" darum, dass
unsere erlebte welt nicht die wirkliche welt sein kann, (ganz im sinne
des konstruktivismus)//
/
Man sollte schon den Widerspruch dieser Aussage erkennen: wer annimmt,
die „wirkliche Welt“ per se nicht erkennen zu können, sollte sich
bewusst sein, dass diese Feststellung alleine schon im Sinne ihrer
Prämisse unzulässig ist, nämlich dass die Erlebenswelt grundsätzlich
nicht als Realität wahrzunehmen sei.
Mit anderen Worten: Wenn man sagt, man könne nicht annehmen, dass die
erlebte Welt als die tatsächlich existierende wahrnehmbar ist, mittels
welcher Werkzeuge sollte dann die „wirkliche Welt“ zu erkennen sein, als
die man sie dennoch (diese annehmend) postuliert!?
/wh: „ ich bleibe lieber bei ganz kruder physik/chemie (und planckstaub)
ohne meta-labellings ...//
//(meta-chemie?, meta-physiologie? ... ), obwohl für meta-leute ihr
verschwurbeltes denken ihnen die scheinbar optimalen welterklärungen
liefert, zb ein gott/höheres wesen/kosmische intelligenz, der/die alles
regelt (und man kann und darf ja denken, was man will, gottseidank, denn
das ist mühsam erkämpftes recht, das ich unbedingt anerkenne)/
Mit dieser plump angelegten Dialektik werden einerseits Meinungen,
Vorstellungen von Menschen als „verschwurbelte Denker“ diskreditiert, um
andererseits die eigene Überzeugung als ein legitimes eigenes Denken mit
dem der Allgemeinheit zugestandenen Recht auf freies Denken zu verknüpfen.
Und damit komme ich zum dritten Problem, welches Diskussionen hier zum
puren Frust verkommen lassen. Es ist dieses immer wieder kehrende Spiel
zwischen „platt treten und nieder machen“ anderer Vorstellungen und
Weltbilder, schlechtreden von Mensch und Welt im Wechselspiel mit
Aussagen, die nicht nur exakt zutreffend, sondern auch zukunftsgerichtet
sind.
Warum sollte man nicht eine Vorstellung von einer als unveränderlich
erkannten Gesetzmäßigkeit (wie diese sich etwa in der Mathematik zeigt)
und demnach universelle Gültigkeit hat, nicht eben als "kosmische
Intelligenz" benennen dürfen, wie dies Ingo T. hier für meine Begriffe
sehr zutreffend tat.
Andere haben dafür Benennungen wie globales oder kollektives
Bewusstsein, manche sprechen vom "Fünften Feld", manche von
Akasha-Chronik, wieder andere von morphischen Feldern und die "ganz
Alten" von ewigen Ideen.
Es ist (wie kürzlich von mir angemerkt) die in diesem Zusammenhang
unausweichliche Metaphorik, die die diesbezüglich polyvokale Sprache
prägt und damit zu diesem verwirrend erscheinenden sprachlichen Ausdruck
führt. Hier hilft auch Waldemars zynisches Wortspiel mit dem
Meta-Begriff nicht ab.
/wh: “anlass zur immer wieder neu meta-physik-geschwätz als (letztlich
untauglicher) erklärungen-mode (von modus), zumal sich metaphysiken
endlos in ihren eigenen konstrukten heillos verwirrt und verknotet
präsentieren = hypersemiosen von feinsten, die nahtlos auch noch
ineinander übergehen, //
//als meta-metaphysik der metaphysik usw“/
Das sagt also einer, der mit eben mit dieser Aussage beweist, dass er
die Begrifflichkeit von „Metaphysik“ definitiv nicht verstanden hat; er
bezieht sich damit auf deren durchaus existierende absonderliche
Ausprägungen und Interpretationen von Esoterikern, Weltverbesserern,
Weltuntergangs-Predigern (deren einer er selbst ist), interpretiert
somit seine eigene, unverrückbare Vorstellung in diesen Begriff von
Metaphysik hinein, zu der er keinen Zugang hat bzw. den er sich
verschüttet hat.
Mein Beispiel von den mit Legosteinen spielenden Kindern wird (wie
könnte es anders sein!) wiederum ins Negative gezerrt:
/wh: „ja eben: ahnungslos spielende kinder bleiben die weitaus meisten
menschen lebenslang, und zerstören mit ihren unsäglichen kinderspielen
sich selbst und ihre gesamten umgebungen,//
//beispiele://
//- die weltmeere werden zu mikroplastik-schlamm, was myriaden von
mitlebewesen in den untergang reisst, - ukraine, wo sich sich demnächst
vielleicht wieder, und mit inbrunst auf allen seiten, die hälse
durchschneiden werden…//
//alles blutige kinderspiele, mensch ist nicht "erwachsen", ist seiner
kinderwelt nicht "entwachsen", sondern spielt und blödelt herum, ist
grausam bis zu seinem tod - man darf "mensch" eben nicht als einzelwesen
sehen, sondern als mörderische schwarm-un-intelligenz und "gibt auch
gute menschen, und die nacht sei ausgesternt", ohne zweifel gibts auch
"wirklich erwachsene" und deshalb gute menschen, aber das sind die
edelsteinsplitterchen, die man in sandwüsten mitunter findet, und
spielen im gesamtkomplex "mensch" keine rolle, der bösartig und
zerstörerisch ist und wider besseres wissen können bleibt, weil er eben
"kindlich" ist und bleibt“/
Mit letzterem Zugeständnis an minimal vorkommende menschliche Integrität
lässt sich die grundsätzlich fatalistische, destruktive Weltsicht nicht
verbrämen.
Die Welt ist weit überwiegend mit „guten Menschen“ besiedelt, sonst
würde die Menschheit heute nicht mehr existieren. Es sollte doch jedem
bewusst sein, dass der Löwenanteil Menschen überall in der Welt in
Frieden und hinreichender Eintracht leben will; Menschen, die um ihr
tägliches, essentielles Auskommen zu kämpfen haben, sich dabei
gegenseitig helfen und sich immer wieder auch gegenseitig in ihrem
Lebensmut bestärken.
Es ist immer nur eine verschwindend kleine sog. Ober – wie auch
Unterschicht der jeweiligen Gesellschaften, die für die Übel dieser Welt
verantwortlich zeichnet. Diese stellen das Volk der Teufel dar, unter
denen die „armen Seelen“ zu leiden haben, eben genau so, wie das hier
kürzlich erörtert wurde.
Bemerkenswert ist auch das Teilzitat des C.G. Jung, den ersten Teil
habe ich absichtlich abgeschnitten und damit gesündigt:
"Der Weg ist in uns, nicht in Göttern, Lehren oder Gesetzen."
Schön, aber nicht die ganze Wirklichkeit gesagt: er sollte/wird als
Tiefenpsychologe gewusst haben, das der Weg in uns schließlich aus
Vorstellungen von Göttern und diversen Überzeugungen von Lehren und
Gesetzen "gepflastert" ist.
Bester Gruß! - Karl