Hallo Ingo,
eine Regel kann auf Papier geschrieben stehen, ein Wort auch. Aber eine
Norm? Wo sind Normen? Vielleicht habe ich die ursprüngliche Frage
schlecht gestellt, so dass sie nicht verstanden wurde. Vielleicht hätte
ich mit einem Wort wie "Isomorphismus" schreiben müssen.
Also wo es einfach ist, kann auch ich kompliziert denken, ich kann die
Regel aufschreiben: Passe dich an die Komplexität an (1). Korollarisch:
Wo es einfach ist, mache keine hundert Sätze dazu. Dann ist da noch
lange keine Norm. Es kann sein, dass die Schrift später in der
Erinnerung wirkt. Ist das Geschriebene in der Zwischenzeit zur Norm
geworden? Schon diese Frage ist mir nicht nützlich. Angenommen ich sage:
"Es genügt mir das Papier als materieller Träger von immateriellen
Formen, die Luft als materieller Träger von seelischen Schallwellen."
(2) Bin ich dann Materialist oder Immaterialist? Denke ich dann einmal
physisch, dann wieder psychisch, bin ich einmal Metzger, und
gleichzeitig Seelsorger, wie werde ich dann eingeordnet? Oder verwirrt
der Satz (2) dann nur, und braucht nicht ernst genommen zu werden? Ich
glaube schon. Übrigens verstößt er schon gegen die Regel (1), die
teilweise einen Bezug zum Minimalismus haben kann. Auch ich nutze die
Ungenauigkeit, aber wo ist die Ungenauigkeit? Auf Papier? Ich gehe bei
allen diesen Ungenauigkeiten von so etwa wie von Vaihinger-Fiktionen
aus. Sie brauchen nicht in Frage gestellt zu werden, sie sind
Transportmittel bis zu dem, der sie versteht. Wenn sie befördert wurden,
braucht es das Fahrzeug nicht mehr. Normen, Begriffe wollen jedoch etwas
mehr sein als Regeln oder Wörter. Und wenn ich ohne dieses Sollen
auskomme? Und wenn ich des platonischen Raums oder des Bewusstseins
nicht bedarf? Soll ich dann immer oder oft antworten, wenn andere diese
Instanzen brauchen und nutzen? Bin ich dann Reduktionist. Ich denke:
"leider nein".
Gruß
Joseph
Am 27.10.20 um 12:26 schrieb Ingo Tessmann:
Am 27.10.2020 um 05:52 schrieb Joseph Hipp via
Philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Ich bemerke hier die Analogie der Wortverbindungen (Regel vs. Norm) vs. (Wort vs.
Begriff). Ich bleibe also bei dem Wort „Regel“. (Wer sieht die Analogie? Wer nicht? Wenn
jemand sie nicht sieht, kann ich ihm auf Anfrage mit einem Satz sagen auf die Sprünge
helfen.)
Hi Joseph,
ich hatte mich hier letztens für die „goldene Regel“ anstelle des Dekalogs ausgesprochen:
„Was du nicht willst, das man dir tu, das füg’ auch keinem andern zu!“ Welche Norm ließe
sich daraus abstrahieren? Wie ließen sich generell Normen aus Regeln abstrahieren? Bei
Begriffen ist es einfacher, denn die können aus synonymen Worten abstrahiert werden, wenn
Synonymität als Äquivalenzrelation ausgewiesen wird, wie Paul Lorenzen es in seinem
Lehrbuch der konstruktiven Wissenschaftstheorie vorführt.
Analogiebildungen taugen nur für den Anfang, dann aber ist ihre Vieldeutigkeit
einzuschränken. Methodisches Vorgehen ist dabei hilfreich. Präzisierbar wäre der
Zusammenhang zwischen Regeln und Normen, Moralen und Ethiken in einer mehrwertigen,
höheren Modallogik (ebenso wie der zwischen Nichtexistenzannahme und Unschuldsvermutung).
Obwohl Informatiker bereits einige implementiert haben, bin ich allerdings noch nicht dazu
gekommen, mich näher mit ihnen zu befassen. Aber wäre in deiner „Weltordnung"
überhaupt Platz dafür?
Es grüßt,
Ingo