Bevor uns die Covid-Plage hier in philweb nun gänzlich die Lust am
Denken und Schreiben verleidet (oder - wie mir - die Gesundheit nimmt)
könnte man sich der Frage zuwenden: Was macht unsere Spezies so
vulnerabel, dass sie dieses Viren-Übel so schonungslos treffen kann, es
weltweit Gesundheit, Wirtschaft und Kultur zu Boden wirft ohne Rücksicht
auf Stellung, Amt und Würden.
Den sog. Corona-Leugnern möchte man die Sage erzählen, an die ich mich
nur sehr vage erinnere:
In einem herrschaftlichen Baderaum war des Königs Gattin der Gefahr
ausgesetzt, wegen Wasserüberlauf zu ertrinken, davor sie vom Bademeister
gewarnt wurde. „Als wer schreist du da?“, fragte die Noble herrschend
zurück, verweilte und ertrank schließlich. Fazit: Fühlt man sich über
Warnende erhaben, könnte man also in‘s Unglück geraten.
Wann immer man sich - berechtigt oder nicht - erhaben fühlt oder gibt,
sollte man sich die Frage stellen: Als welcher denke, fühle und handle
ich? Wer verkörpert denn dieses mein ICH? Wer bin ich überhaupt?
„Wer bin ich“ scheint eine ewige Frage zu sein. Um nun nicht in den
Verdacht zu geraten, damit einem populären wie omnipräsenten Medien- und
TV-Protagonisten in die Quere zu kommen, verweise ich sogleich auf einen
Spektrum-Beitrag (Wiss.Magazin), der mich wieder einmal an dieses Thema
herangeführt hat. Dabei ist es nicht so, dass mich diese Frage
selbstquälerisch umtreiben würde; da halte ich es eher mit Descartes‘
cogito. Erstaunlich jedoch für mich, dass sein vielgescholtener
Geist-Körper-Dualismus (interaktionistischer Substanzdualismus) immer
noch nicht in seiner eigentlich intendierten Tiefe verstanden sein will.
Seine Argumentation bzgl. der Art des denkenden Ichs wird zitiert mit
a) „ich kann mir nicht widerspruchsfrei vorstellen, dass ich nicht
existiere, solange ich denke“
b) „ich kann mir jedoch widerspruchsfrei vorstellen, dass ich auch ohne
alle körperlichen Eigenschaften existiere“
Ersteres Argument sollte, trotz seiner radikalen Reduzierung auf das
Denken, tatsächlich widerspruchsfrei gültig sein. Letzteres hingegen
kann Descartes nur in der Annahme einer möglichen „jenseitigen“ Existenz
getroffen haben (was als Jesuiten-Zögling auch nicht verwundern kann),
wie dies eben auch in den religiösen Vorstellungen verschiedenster
Kulturen geschieht. Das Argument wird dort jedoch als ungültig angesehen
werden, wo für eine (menschlich) erlebbare Existenz einzig die
hinreichend körperliche Funktionalität - durchaus in Interaktion mit
immateriellen Agenzien (Geist) – vorausgesetzt wird.
Grundsätzlich aber sollte eine eindeutige Unterscheidbarkeit (und damit
Dualität) zwischen pur materieller Körperlichkeit des Menschen und sog.
reinem Geist widerspruchsfrei anzunehmen sein.
Einerseits also der physische Körper (soweit unversehrt) als ureigenste
Voraussetzung für erlebbare Selbstbewusstheit (dem Ich); andererseits
reiner Geist, der an sich autonom existierend (wie und wo auch immer)
angenommen werden kann.
Descartes ging davon aus, dass Leib und Geist (Seele) grundlegend
verschiedene Substanzen sind, die funktional jedoch kausal (seiner
Ansicht nach in der Zirbeldrüse) interagieren. Soweit – so gut, was
spräche dagegen, außer der Annahme, dass Geist, eben als Homunkulus im
Gehirn des menschlichen Körpers, diesen solchermaßen als isolierte
immaterielle Substanz steuern sollte. Dennoch sollte man Descartes und
seinen Zeitgenossen diese Fehleinschätzung nicht geringschätzig
anrechnen, denn sie wird insoweit bis heute betrieben, als man nach wie
vor im Gehirn isoliert Geist resp. Bewusstsein zu lokalisieren sucht.
Davon ausgenommen ist sicher die metaphorische Darstellung eines
kortikalen Homunkulus in den Neurowissenschaften (Penfield).
Wie immer man auch Geist (oder Seele) an sich definieren wollte, es
bleibt anscheinend bislang einzig die (Aus-)Flucht in die Metaphysik,
ausgeformt durch Religionen, philosophische Konstrukte (Ontologischer
Dualismus) oder aber auch (bisweilen irrwitzige) Esoterik.
Kraft seines Denkens war Descartes von seiner irdischen Existenz
überzeugt; die Annahme, ohne Körperlichkeit (wo auch immer) existieren
zu können, konnte nur auf Glauben gegründet sein.
Glauben (müssen/sollen) ist nicht jedermanns Sache, wenngleich mir in
diesem Zusammenhang die Ausführungen des Thomas von Aquin (wie so oft)
sympathisch und daher eingängig sind. Seine Unterscheidung von Geist und
Materie basiert auf seiner Akt und Potenz-Lehre (wir haben hier vor
Jahren darüber geschrieben). Als da sind die „universalia ant rem“, die
ursächlich im Geist (Gottes) vorgebildet sind, solchermaßen als
„universalia in re“ in Realität (in den Dingen) sind und schließlich
„universale post rem“, die durch den Intellekt aus den Dingen
hergeleitet werden. Für Aquinus ist der intellectus possibilis (in
Anlehnung an Aristoteles) das grundsätzliche Vermögen, per Intellekt
(Verstand und Vernunft) die real möglichen Dinge der Lebenswelt zu
erkennen und in Bezug auf die Seele (Geist) per intellectus agens das
Erkannte zu verwirklichen (zufolge der menschlichen Befähigung zur
Abstraktion in Aktualität zu bringen).
Abstrakte Scholastik, möchte man sagen, die jedoch (in diesem Fall) von
prinzipiellem Verständnis der Zusammenhänge von Interaktion zwischen
Geist und Körper zeugt und vor allem als wohlwollende Abstraktheit den
oftmals dogmatisch festgezurrten Thesen und Theorien in Philosophie und
Neurowissenschaft entgegensteht, sowie Raum lässt für diesbezüglich
künftige weiterführende Erkenntnisse der Menschheit, die durch
interdisziplinäre Forschung zutage kommen werden.
Unbenommen der so interessanten wie lehrreichen historischen Annahmen,
Theorien etc., liegen uns gegenwärtige Denkmodelle näher, so
beispielsweise namhafte Vertreter des interaktionistischen Dualismus wie
Popper und Eccles. Sie führen ihre diesbezügliche Argumentation zur
Interaktion zwischen Geist und Körper (i.W. Gehirn) auf eine quasi
subatomare (und damit irgendwie auch virtuelle) Ebene.
Eccles Wechselwirkungstheorie und Poppers 3-Welten-Theorie beschreiben
die Interaktion als Prozesse zwischen allen Dingen, Körpern etc. der
physisch realen Lebenswelt (Poppers Welt1) und abstrakt geistigen
Elementen immaterieller Welten (Poppers Welt 2 und 3).
Bedeutsam bei diesen Denkansätzen (wobei mir die Theorien
beispielsweise von Burkhard Heim oder Alan Guth fundierter erscheinen)
ist für mich der Wechselwirkungsbegriff, insbesondere die Interaktion
zwischen (funktionalem) Körper und Geist, also zwischen materiellen und
immateriellen Substanzen/Entitäten. Voraussetzung hierzu ist die
Fähigkeit mit letzteren in wechselwirkende Resonanz zu treten. Dazu
bedarf es m.E. nicht notwendigerweise irgendwelcher religiös,
metaphysisch oder gar esoterisch beschriebener Mechanismen (obgleich
fallweise praktikabel), sondern der Kenntnis und Bewusstheit von
Feldtheorien. Wie der hochgeschätzte Feynman postulierte „Everything is
made of atoms“, möchte ich sagen, alles ist prozessoraler Teil von 12
Quantenfeldern (Materie) und 4 damit interagierenden Kraftfeldern
(Gravitation, Elektromagn,, starke u schwache Kernkraft) mittels deren
wechselwirkende Mechanismen jegliches Leben begonnen, geformt, bestimmt
und auf Zeit erhalten wird.
Wenn also Descartes einen Homunkulus in der Epiphysis cerebri am Werk
sah, würde ich heute den Bewusstseinsbegriff eher an den Thesen von
Hameroff und Penrose festmachen, wonach das Bewusstsein von biologisch
„orchestrierten“ kohärenten Quantenprozessen in Clustern von Mikrotubuli
in Gehirnneuronen abhängt und diese informationsverarbeitenden
Quantenprozesse mit der neuronalen synaptischen und Membranaktivität
(Resonanz!) korrelieren sowie diese regulieren. Diese „Denkprozesse“
laufen also nicht klassisch algorithmisch ab, sondern als
Quantenmechanismen. Gewissermaßen Biophysik des Bewusstseins, der
mittlerweile durch beobachtbare elektroenzephalographische („EEG“)
Korrelate des Bewusstseins eine Schlüsselrolle in der Lebensentwicklung
zugesprochen werden könnte. Daraus ließe sich schließen, dass das
Bewusstsein eine intrinsische Rolle im Universum spielt, dessen
unverbrüchlicher Teil der Mensch ist und dies durch fortwährende
Interaktion mit diesem verkörpert. Sein inneres Erleben vollzieht sich
durch aufeinanderfolgende multimodal integrierte Erfahrungen und führt
mit steigendem Komplexitätsgrad zu Bewusstsein als eine emergente
Eigenschaft des Gehirns.
René Descartes kommt jedenfalls das Verdienst zu, Grundlegendes zur
Wechselwirkungstheorie von Körper und Geist entwickelt zu haben. Das
Leib-Seele-Problem und damit die Frage „wer bin ich“ wird uns dennoch
weiterhin einige Zeit beschäftigen und ich hoffe auf lehrreiche Beiträge
hier in diesem Freundeskreis.
Bester Gruß in die Runde!
Karl
> Am 19.09.2020 um 20:44 schrieb waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com>:
>
>
> religionen SIND (auch) ideologien, in diesem fall welche aus dem magisch-animistischen welterleben,
> aber in nichts besser oder anders-gestrickt als säkulare ideologien, wie zb die kommunismen, kreationismen, usw
Hi wh,
Du wirst nicht müde, immer wieder auf das magisch-animistische Welterleben in der Menschheitsentwicklung hinzuweisen. Das hat es wahrscheinlich sogar einmal gegeben, aber Kulturen sind wandelbar. Das zeigen ja zumindest einige religionsfreie Regionen auf der Welt, mögen sie auch noch so klein sein. Eine andere Frage dabei ist, ob wir auch individualgeschichtlich derart belastet sind? Die dem Neocortex unterliegenden Hirnregionen zwingen uns nur in Notsituationen, wenn es schnell gehen muss, Verhaltensweisen auf. Ansonsten fluktuieren unsere Erinnerungen, Gedanken und Motive recht frei umher. Werden nicht vielleicht die Kleinen erst mit dem Erlernen der Sprache durch die Eltern, in der Schule und vor allem durch die übermächtige Spielzeugindustrie so stark indoktriniert, dass sie auch während des pubertären Aufbegehrens kaum mehr davon los kommen? Es wäre interessant, Kinder einmal ohne diesen ganzen typischen Kinderkram aufwachsen zu lassen. Z.B. weg mit den Märchen, her mit der SciFi. Meiner Vermutung nach, würden sie dann keinem magisch-animistischen Welterleben anheim fallen.
Es grüßt,
IT
Am 15.09.2020 um 00:05 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
Wh: zur endlichen lösung des leib-seele problems: schlage ich der
einfachheit halber vor, dass seelen vererbt werden,
es muss also irgendwo der genetische schlüssel sein, ein oder mehrere
seelengene,oder seelen-abschnitte auf irgendwelchen genen …
Dieser Ansatz ist durchaus nicht abwegig, denn das zutiefst individuelle
ICH eines Menschen wird zweifelsfrei auch durch Vererbung prädisponiert,
wie der angeborene Charakter, div. genetisch bedingte Veranlagungen (die
sich grundsätzlich auf die Mentalität auswirken) und nicht zuletzt auch
durch phylogenetische Erbanteile beeinflusst.
Aber kommen wir zunächst vom ICH des Menschen, dem ich aus Überzeugung
auch eine immaterielle Komponente zuschreibe zu Deinem Einwand dagegen:
Wh: meiner meinung nach hat auch der mensch, genau wie andere tiere und
die pflanzen, bakterien, viren KEINE "immaterielle" seite, alles ist
stoff, und dieser stoff wird durch "stoff" in form von energie
bewegt (E=m mal c-quadrat),da ist überhaupt nichts geheimnisvolles dran
oder drin, und kein bezug zu irgendwas höherem oder immatriellen.
Rein stofflich gesehen ist das sicher zutreffend. Nichtstofflich könnte
ein anderes Denkmodell greifen. Unter „immateriell“ verstehe ich eher
die gängige Begrifflichkeit von Nichtkörperlichkeit im abstrakten Sinne
also sog. Geistiges. Doch auch das „Geistige“ hat ein stoffliches
Substanz-Attribut, das schließlich zur angenommenen Interaktion
(Informationstausch) mit dem Körperlichen zwingend erforderlich ist.
Welcher Art diese Information ist, in welchen Feldern und per welchen
Teilchen sie sich vermittelt, wird man (soweit ich weiß) derzeit noch
aus keiner wissenschaftlichen Theorie entnehmen können.
Anstatt Deiner oben angegebenen (klassische Form: e=mc²) des
Energietransports, würde bei angenommener Nichtstofflichkeit (Fehlen von
Masse) ein Informationstransfer z.B. per Photonen (ohne Ruhemasse)
möglich sein: Energie (damit auch Information) = E = hν.
Der Unterschied in unserer Sichtweise auf den Menschen (Tier- und
Pflanzenwelt etc. erst mal zurückgestellt) ist, dass Du Immaterialität
offenbar vornehmlich im Kontext übernatürlich geistiger Phänomene
interpretierst, die Du in keinster Weise mit der von Dir beschriebenen
Körperlichkeit (bewegte Energie) aller Lebensformen in Verbindung
bringen willst, während ich durchaus einen Einfluss immaterieller
Agenzien auf die Physis allen Lebens annehme; diese Einwirkung
vordergründig aber nicht undefinierbaren, lediglich zu glaubenden
„geistigen Kräften“ o.ä.zuschreibe.
Wh:mensch, fledermaus, spinne, selbst bakterie und insbesondere auf der
zusammenhang zwischen allem sind "göttlich" in konstruktion und leben,
wahrhaft unsagbar phantastisch,andererseits sind wir allesamt, alles
lebendige, armselige spielereien von stoff und energie, die auf nichts
hoffen können, als auf vermehrung und tod,
Auch ich hoffe auf nichts (etwa auf eine Existenz in jenseitigen Welten
nach dem Ableben), denn diese Hoffnung steht ja nur für wirklich
Glaubende auf (deren) festem Fundament. Glauben ist für mich (selbst als
Katholik) ein schwerlich zu ertragendes Los.
Vielleicht zwischendurch eine Anekdote (wenn man es so nennen darf), an
die ich mich schwach erinnere. C.G. Jung wurde bisweilen des
Agnostizismus bezichtigt (was in den 1950ern noch Wirkung hatte); in
einem Rundfunkinterview wurde er gefragt, ob er an Gott glaube, was er
verneinte. Seine Antwort war, er glaube nicht an eine Existenz Gottes
sondern sei überzeugt davon.
Als ich das damals hörte, in sehr jungen Jahren, war dann auch ich davon
beseelt, nicht glauben zu müssen sondern überzeugt sein zu können
(keinesfalls jedoch von einem anthropomorphen Gottesbild ausgehend); um
diese Überzeugung zu gewinnen, braucht es viel Erkenntnis um die Dinge
zwischen Himmel und Erde, da gibt es noch viel zu erfahren für mich :-)
Aus diesem Zusammenhang heraus wird deutlich, warum ich nie und nimmer
von jener Überzeugung, wir Menschen wären nichts weiter als letztlich
todgeweihte, armselige Spielereien von Stoff und Energie, zu überzeugen
sein werde.
Soviel zu Überzeugung – oder vielleicht doch noch ein Gedanke dazu:
Liegt nicht eine immense Gefahr darin, durch unzureichende resp.
unzutreffende Annahmen des Weltgeschehens (physikalisch,
gesellschaftlich-kulturell, wissenschaftlich, politisch etc.) eben jene
Überzeugungen (meist vorschnell) zu verfestigen, die als absolute
Wahrheiten (nicht selten in dogmatischer Manier) postuliert oder gar
proklamiert werden, doch letztlich aber nicht der (Lebens-)Wirklichkeit
entsprechen und somit in die Irre führen.
Wh: insofern ist, nach oben, und so wie du verstanden, ALLES beseelt,
nämlich von diesem wie ich es erlebe "altgoldglanz" beleuchtet und
durchleuchtet,aber das ist rein subjektives erleben, und wird
autopoietisch (nur) in meinem hirn hergestellt,
Und hier wollte ich mich – gerade wegen Deinem so wunderschön
beschriebenen Erlebnis von „Altgoldglanz“ (als bestes Beispiel für
phänomenales Erleben – der Qualia) - nicht durch die ernüchternde
reduktionistische Erkenntnis (zwar) zutreffender bio-physikalischer
Prozessabläufe (als schnöder Autopoiesis) eben nicht beirren lassen,
sondern diesen „Altgoldglanz“ immer wieder nur als „ganzer“ Mensch, eben
mit Leib und Seele erleben dürfen. Locker ausgedrückt heißt das: was
sich da im Hirn/ZNS abspielt - sei es Autopoiesis, sei es Fiktion (etwa
das von Dir erwähnte Beispiel zum „false belief“), sollte mich (mit
pragmatischem Realitätsbezug) für eine lebens- und liebenswerte
Daseinperiode auf diesem Erdenkügelchen nicht (be)kümmern. Ganz so wie
Du es schreibst!
wh: [...] und ich muss mich bezüglich realitäten eben an die realität
halten, und nicht an hirnliches erleben,
Bezüglich Reduktionismus vielleicht an dieser Stelle noch zu Deiner
Definition der Emergenz:
wh: ding A bewege sich in einer sekunde von B nach C,
wir gehen im alltag davon aus, dass ding A vorher in B lag und jetzt in C,
das stimmt aber nicht ! denn auf ding A haben in einer sekunde 10 hoch
44 verändernde wechselwirkungen stattgefunden,und zwar, je nach größe
des dinges noch mal x planckgrößen-kubik, also 10 hoch 44 mal x
planckgröße-kubik in todo,
und das ohne die zusatz-wechselwirkungen im eigen-zeit-raum, den ding A
zusätzlich mitschleppt so ist ding A in B bei weitem nicht mehr das ding
A in C,
ding A in B hat von ding A in C den "semantischen abstand" von: 10 hoch
44 mal (1sec)* planckgröße-kubik * y eigenraumzeiten und das gilt für
alle vermeintlichen "emergenzen",[...]und deshalb sind "emergenzen"
scheinphänomene ohne realitätsgehalt.
An Deinem Beispiel irritiert mich (womöglich einer Unkenntnis
geschuldet) Dein Bezug auf Emergenz. Denn allgemein gilt für Emergenz,
dass sich Eigenschaften eines diesbezüglich betrachteten Systems nicht
(ohne weiteres) auf separate Eigenschaften seiner Elemente zurückführen
lassen. In obigem Beispiel stellt also Ding A in B ein System dar und
(nach Verlagerung) Ding A‘ in C (Deiner Interpretation gemäß) ein
gänzlich anderes. Dieser Umstand allein lässt m.E. die Betrachtung
dieser „Systeme“ unter dem Aspekt von Emergenz nicht zu, da die
beschriebene Wechselwirkung nicht synergetisch (wechselseitig nicht
förderlich, also qualitativ nutzlos) ist.
Das ändert nichts daran, dass Emergenzen tatsächlich (sehr nützliche)
Scheinphänomene sind, wie das eine mir sehr eingängliche Beschreibung
(ich denke, sie ist von Max Tegmark) klar machte: man stelle sich die
gewaltige Anzahl von H2O-Molekülen (an die Tafel geschrieben) vor, die
sich in einer gefüllten Badewanne befinden; sehr unwahrscheinlich wird
man dabei das Gefühl von Wasser (das einem im Bade wohltuend umgibt)
empfinden. Erst die tatsächlich erlebte Empfindung der Gesamtheit von
unzähligen Wassermolekülen vermittelt das Gefühl bzw. das Wesen von
Wasser. Das ist ein prägnantes Beispiel für Emergenz; die Wassermoleküle
(auch in ihrer Anhäufung) sind beobachtbare physische Realität, das
Empfinden von Wasser ist ein (meist sehr angenehmes) Scheinphänomen.
Nun also auch hier erst mal wieder ein „break“.
Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde!
Karl
Nun, wie schon gesagt, haben wir hier in philweb einen sehr erfreulich
regen Austausch. Da ballt sich inzwischen eine Menge von Argumentation
zusammen (notwendigerweise aus verschiedensten Blickwinkeln), die auf
Anhieb gar nicht so leicht zu entflechten ist. So fasse ich hier einfach
mal ein paar angeschnittene Punkte zum Thema zusammen und versuche eine
Antwort darauf zu geben bzw. will ich mich dazu äußern.
Vielleicht zunächst zu den notwendigerweise unterschiedlichen
Sichtweisen in der jeweiligen Argumentation:
Papst Benedikt (nicht erschrecken, ihr lieben Religiophoben!) sagte bei
einer in Latein abgefassten Antrittsrede (denn seine Amtsgenossen
sollten ihn ja weltweit verstehen können) sinngemäß etwa: Controversia
est populus vivere [...]
Lebensspraktisch (was ja nicht seine Stärke war) habe ich es mir so
übersetzt und eingeprägt: Die Menschen müssen notwendigerweise im Disput
leben, da jeder einzelne von einem anderen Standort aus die Welt sieht.
So ist der Disput quasi vorprogrammiert: Zwei stehen in einer hellen
Mondnacht unweit voneinander entfernt. Einer der beiden hat freie Sicht
auf den Mond, hingegen der Zweite diesen , hinter einem Baum stehend,
nicht sehen kann und er deshalb die Existenz desselben vehement leugnet;
er sieht den Mond nicht – also gibt’s diesen nicht.
Wh_ ich weiß ja, dass es im bereich metaphysik keinerlei harte beweise
geben kann, aber ich möchte erklärt haben, dass und WIE es bei "seele",
"kosmischem bewusstsein" usw. um dinge geht,die wenigstens ein minimum
an wahrscheinlichkeit haben, zu existieren ...
Meiner Meinung nach gibt es aber (wie schon gesagt) keine Erklärung (in
streng naturwissenschaflicher Diktion) für Seele, Geist, (kollektives)
Bewusstsein etc., da es trotz unzähliger Erklärungsversuche bzw.
religiös dogmatischer Festsetzung oder apologetisch theologischer
Diktion letztlich und einzig von persönlichem Erleben/Erspüren abhängt,
ob man zuinnerst für derartige Begrifflichkeit zugänglich ist. Ein (wie
auch immer) überzeugter Atheist/Materialist wird aus seiner Perspektive
schlichtweg keinen Zugang zu metaphysischen Phänomenen finden. Womöglich
drückt sich das auch in Kants Annahme aus, dass der Mensch die von ihm
erlebte Natur nur durch subjektive Anschauung wahrnimmt, deren wirkliche
Seinsform ihm jedoch unzugänglich bleibt.
Das bedeutet also für Dich Waldemar, dass die von Dir geforderte
Erklärung von keinem anderen als von Dir selbst gegeben werden kann. Und
wenn ich Deine von Dir geschilderte Weltsicht zugrunde lege, bin ich
überzeugt, wirst Du solange keine Erklärung haben, bis Dir ggf.
irgendwelche radikal veränderten Lebensumstände einen
Perspektivenwechsel aufzwingen. Wie ich hier kürzlich geschrieben habe,
sollten die (notwendig und sinnvollerweise) unterschiedlichen
Sichtweisen auf die Welt kein Problem sein, sofern nicht versucht wird,
diese dogmatisch zu vergesellschaften. Du lebst offenbar vorzüglich in
Deiner WW-Welt, deren Beschreibung mir (und sicher vielen anderen hier
auch) wertvolle Kenntnisse dieser Zusammenhänge vermitteln. Meine Welt
ist auch die der Wechselwirkungen, nur eben sind mir die
autonom-elementar ablaufenden WW-Prozesse meiner Körperlichkeit
lediglich nachrangig bedeutsam, allenfalls ich auf ein intaktes
Immunsystem hoffe. Wirklich bedeutsam sind mir ein ganzheitliches, immer
wieder den “Altgoldglanz” wahrnemendes Welterleben (wie von Dir so schön
beschrieben). Und zudem: Ein seelenloser, auf “Kappes und Kartoffeln”
reduzierter Molekularhaufen sein zu sollen, ist mir zu armselig.
Vielleicht solltest Du doch auch mal wieder Nietzsche lesen :-))
Nun grade hier noch zu einer Frage von Dir Claus, die (zwar in diesem
Kontext) schon etwas zurückliegt:
cz: Ich vermute, bei Buber geht es darum, welche Gestalt man durch die
Begegnung mit anderen Menschen annimmt. Mir ging es darum, wie man
überhaupt zu einer Gestalt wird.
Du meintest also die pure Körperlichkeit des Individuums als ICH,
während ich auf die psychische Identität des ICH an Bubers „Der Mensch
wird am Du zum ICH“ anlehnte; Soweit ich diese Darlegung verstehe, würde
der Mensch in der zwischenmenschlichen „ICH-DU“-Beziehung zum
eigentlichen ICH finden/werden.
Cz: Kann sich schon der Fötus im Mutterleib so sehen?
Offen gestanden, ich weiß es nicht; sollte also beim nächsten Mal
(wieder in einem Mutterleib) darauf achten und es mir dann aber auch
über die postnatale Lebensphase hinaus bis zum Spracherwerb merken
(falls mich dann einer fragt) :-))
cz: Da pocht etwas, die Geräuschkulisse verändert sich, Geschaukel
findetstatt. Kann es diese Erfahrungen jemandem zuordnen? Wem denn? Wer
ist denn da? Kennt es durch Erfahrung etwas anderes als
Geräusche,Geschaukel und Ähnliches?
Allein an diesen Fragen sieht man, wie wenig wir noch über dieses
Geschehen wissen. Allerdings erhebt sich damit wiederum die Frage, ob
wir das (zu unserem Glück) wissen müssen.
Nun nochmal ein Sprung zu Waldemar:
wh: wer heute noch daran glaubt, die erde sei eine scheibe, und sei es
aus kulturellen gründen, aus gründen der überlieferung, oder aus
tradition, der darf das zwar glauben,wir leben schließlich in einem
freien land, meinungsfreiheit usw, aber es ist auch und ebenfalls dann
durchaus opportun, ihn als trottel, dummkopf, oder ähnlich zu
bezeichnen, und dasselbe sehe ich für götter, seelen, astrologie,
homöopathie, usw, es sind, bei allem verständnis für traditionen,
prägungen, persönliche lebensumstände, usw. schlicht und ergreifend
mindestens dummköpfe, die heute noch sowas glauben können, dummköpfe
genau wie corona-leugner, impfgegner, schicksalgläubige, kreationisten, etc
Ja nun, was soll man dazu sagen?! Zumindest volle Zustimmung, dass
einige der genannten naiven Weltsichten nach wie vor weltweit verbreitet
und dabei höchst kritisch zu hinterfragen sind. Du wirfst jedoch in
Deiner Emotion reflexartig alles gegen Deine persönliche Überzeugungen
Stehende in einen Topf (ähnlich wie in der von Dir kürzlich hier geübten
vernichtenden Kritik an klerikalen Strukturen und Einrichtungen,
obgleich in weiten Teilen berechtigt). Also mit Verlaub, lieber
Waldemar: Das ist mir zu unspezifisch und gebärdet sich nahezu
(bezüglich Wortwahl und Furor) in gleichem Ausdruck, der dem von Dir
kritisierten Clientel (etwa Querdenkende oder Religions-Fanatiker) zu
eigen ist.
Nun nehme ich mir noch die Zeit und greife die Astrologie aus Deinem
„Paket“ heraus. Mit dieser habe ich mich vor Jahrzehnten intensiv
auseinander gesetzt und zwar ausgehend von absoluter Skepsis ihr
gegenüber. Zunächst allen Hokuspokus im Zusammenhang mit sog.
Stundenhoroskopen beiseite lassend, bringt die Vertiefung in diese
Materie interessante historische Details über die Ausübung dieser
„Wissenschaft“ in vorchristlichen Kulturen zutage. Auf die Jetztzeit
bezogen, haben mich diesbezüglich nicht irgendwelche
Sternenkonstellationen interessiert, sondern eher eine daraus ableitbare
Typisierung in Anlehnung an die vier Temperamente der Griechen
(Sanguiniker. Phlegmatiker usf.) oder die Typenlehre des Sufismus
(Enneagramm). Eine Aufmunterung zu weiterer Beschäftigung damit kam von
C.G. Jung, der (ebenso wegen seiner Affiniät zur A. angegriffen)
schlichtweg den Vergleich mit Weinkultur brachte: Jeder Wein erhält sein
spezifisches Charakteristikum durch Ort und Zeit des Anbaus und seiner
Ernte. Und wer nun leugnet, dass es einerlei sei, in Hamburg oder
München, im Winter oder Sommer geboren zu sein, versteht den
Zusammenhang dieser Thematik nicht. Davon abgesehen, dass mittlerweile
beliebige Hamburger in München und vice versa wohnen, bleibt doch die
eingeborene Charakteristik des jeweiligen „Landstrichs“ erhalten sowie
sich eben auch das „Sommerkind“ vom „Winterkind“ unterscheidet. So
stehen also die 12 Sternzeichen für eben 12 Zeitabschnitte im
Jahreskreis, denen man (zusammen mit dem Ortsbezug) eine
dementsprechende Charakteristik zuordnet. Wissenschaft ist das natürlich
aus unserer heutigen Sicht nicht, ebenso wenig Hokuspokus; dennoch aber
jene, die sich in hier beschriebener Weise damit beschäftigen als
„Trottel“ oder „mindestens Dummkopf“ zu bezeichnen, ist m.E. schlicht
unfair. Man sollte schon zugestehen, dass Menschen sich mit vielerlei
Interessensgebieten beschäftigen wollen und sich nicht nur als aus
„Kappes und Kartoffel“ bestehend, seelenlos-sinnfreie „Zombies“ sehen
wollen :-))
Bester Gruß in die Runde!- Karl
Am 26.09.2020 um 17:13 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
> sonst würden sehr viele bis die meisten zeitgenossen sehr alt bis uralt
> bei den ergebnisse IQ-test aussehen
>
>
>
> beispielweise:
>
> 1+1 = 2, das ergebnis wird im test wird als IQ-positiv gewertet,
>
> indes 1=3 (vater, sohn, heiliggeist) = blödsinn = punkteabzug, kommt im
> test nicht vor
>
Oh Waldemar! Wenn ich das von Dir gewählte Beispiel ansehe, mit dem Du
Dein Unverständnis von Trinität (vermutlich im Kontext Deiner
grundsätzlichen Abscheu gegenüber Religion) ausdrücken willst, möchte
ich meinen, Du würdest über keinerlei fundierte Kenntnisse zu historisch
kulturellen Fakten verfügen. Das kann aber bei Deinem Wissen nicht sein!
Also warum verwendest Du dann ein derart naiv-triviales quasi-logisches
Argument zur Widerlegung der Trinität?
wh: 1+1 = 2, das ergebnis wird im test wird als IQ-positiv gewertet,
indes 1=3 (vater, sohn, heiliggeist) = blödsinn = punkteabzug, kommt im
test nicht vor
Umso verwunderlicher, als wir doch in den zurückliegenden Beiträgen hier
soweit Konsens erzielt haben, dass Geist bzw. immaterielle Entitäten,
insgesamt eben alle transzendente Thematik definitiv nicht mit den uns
Menschen logisch-rationalen Ausdrucksmöglichkeiten zu erklären sind!
Wolltest Du überhaupt etwas zu Trinität aussagen, kannst Du dies nur mit
der Begrifflichkeit von Metaphysik bewältigen. Mit Deiner
positivistischen Grundeinstellung (der ich ja nicht abgeneigt bin,
insofern sie einem naturwissenschaftlichen „Exaktheits-Ideal“
entspricht), wirst Du keine Chance haben, Antworten auf Themen zu geben,
die auf Metaphysik basieren.
So wäre hier tatsächlich Wittgensteins Aussage zu beachten: „Worüber man
nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ (TLP,7)
Das heißt also: Du hast zwar Wissen über historische Fakten und weißt
demnach, dass Trinität (als Trias) auch in diversen nichtchristlichen
Kulturen eine zentrale Rolle inne hatte und bis heute vorherrscht.
So im Hinduismus die Dreigestalt „Trimurti“, die als Einheit dreier
Wesensaspekte (Brahma-Schöpfer, Vishnu-Erhalter und Shiva-Zerstörer),
diese sich gegenseitig bedingen und vervollkommnen. Ähnlich im Buddismus
der dreifache Budda-Körper (Dharma-kāya, Saṃbhoga-kāya, Nirmāna-kāya).
Weitere trinitarische Erwähnungen finden sich in den Nag Hamadi-Texten.
Ebenso waren triadische Elemente auch in thrakischen, etruskischen,
griechischen Kulturen verankert (Eurios, Zeos; Eucharystos, Theos;
Eleutherios, Orpheos, Deos) um einige davon zu benennen.
Nun kann man sofort (der Diktion unser jüngsten Diskussion hier
folgend), diesen historischen Kulturbezug als unnützen Ballast, oder
eben als „Schwachsinn“ abtun.
Ich würde sagen, dass dieser Absicht für jene nichts entgegensteht, die
eben diesen „Ballast“ (aus für sie probaten Gründen) abwerfen wollen.
Es gibt aber sehr viele Zeitgenossen, die das eben nicht wollen, und
hier sollte es auch keinen Grund geben, diesen für sie bedeutsamen
weltgeschichtlichen Bezug als „Blödsinn“ zu verunglimpfen!
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS:
Dass das Judentum keine Trinität anerkennt, ist bemerkenswert, jedoch
verständlich: Mit Jesus, dem Nazaräer hätte man leben können, den
Christus als Gottessohn hat man gekreuzigt.
Joseph Hipp schreibt:
„Kant nutzte die literarische Form, auf die linke Seite seines Buches zu schreiben, dass es ein Wesen gibt, auf die rechte, dass es dieses nicht gibt. Wenn er schon Schwierigkeiten hatte, sich anders auszudrücken, wie könnte ich armer Wurm denn so eine Frage beantworten? Wie hätte Kant denn auf diese Testfrage geantwortet?„
Das ist (neben seinen weiteren Ausführungen) eine sehr herausfordernde Frage!
Unmöglich kann ich meine Gedanken dazu in dieses iTeil hier reinfummeln (allenfalls könnte ich diese einem Youngster diktieren- der dann jedoch nach drei Sätzen die - eben seine- Welt nicht mehr versteht). Also verbleibe ich erwartungsvoll bzgl kluger Antworten lesenderweise, bis ich wieder eine Tastatur unter den Fingern habe, denn Siri werde ich nichts diktieren und es als Sprachnachricht in die Runde hier schicken;
Diese Runde also sei vielmals gegrüßt! - Karl
Von meinem iPhone gesendet
Hi Rat Frag,
da Du die anfängliche „Kleinigkeit" zum Verhältnis von Sprache und Mathematik zunehmend ausweitest, interessieren sich vielleicht auch einige aus der Liste dafür und so habe ich sie ins cc: aufgenommen. Ausgehend von den originären vorsprachlichen Vermögen des Menschen zum Folgern und Zählen sind wir nunmehr zum Verhältnis von philosophischer und mathematischer Logik gelangt. Dazu zwei Gegenwartsbeispiele, eines des Philosophen Christian Damboeck und eines des Mathematikers Klaus Gloede:
Zur philosophischen Logik:
https://homepage.univie.ac.at/christian.damboeck/texte/einfuehrung_logik.pdf <https://homepage.univie.ac.at/christian.damboeck/texte/einfuehrung_logik.pdf>
Zur mathematischen Logik:
https://www.math.uni-heidelberg.de/logic/md/lehre/mathlogik.pdf <https://www.math.uni-heidelberg.de/logic/md/lehre/mathlogik.pdf>
Was Aristoteles für die philosophische war Leibniz für die mathematische Logik; denn er gab den Anstoß zur Mathematisierung. Informatiker wie Christoph Benzmüller haben bereits vielerlei Logiken bis hin zur mehrwertigen Modallogik höherer Ordnung implementiert:
http://page.mi.fu-berlin.de/cbenzmueller/ <http://page.mi.fu-berlin.de/cbenzmueller/>
Das Rechnen kann man den Computern überlassen, das Denken aber ist nicht nur Haupttätigkeit der Philosophen, sondern auch der Mathematiker. Dabei ist ihr Stoff nicht die der Beweistheorie dienende Logik, sondern ihre Objekte und Strukturen sind es. Und die sind so universell, dass sie auch in vielen anderen Wissenschaften Wissenszuwächse ermöglichen. Insofern würde ich die Mathematik geradezu als Wissenschaftstheorie der Physik ansehen.
Es grüßt,
Ingo
> Am 19.09.2020 um 09:07 schrieb Rat Frag <rat96frag(a)gmail.com>:
>
> Hallo,
>
> nun, ehrlich gesagt sehe ich nicht, was die "mathematische Logik" denn so viel anders macht als die klassische Logik. Klar, der Untersuchungsgegenstand wird etwas anders angefasst, aber im Wesentlichen scheint es keine grundsätzlichen Differenzen zwischen math. und philosophischer Logik zu geben. Beide versuchen, Vollständigkeitssätze zu beweisen, befassen sich mit Formalitäten usw.
>
> Meine Kenntnisse der traditionellen, "aristotelischen" oder stoischen Logik sind begrenzt, aber sie scheinen im Wesentlichen doch auch nur auf das selbe hinauszulaufen wie die klassische Logik.
>
> Was mich eher fasziniert und in den Bann gezogen hat, ist, dass die Mathematiker wirklich Jahrhundertelang Beweise gemacht und mit Postulaten usw. gearbeitet haben und dabei offenbar offiziell von der Logik nichts wissen wollten. Die Untersuchung dessen blieb den Philosophen überlassen.
> Für mich sind ist es sehr augenfällig, dass z. B. ein indirekter Beweis eine logische Komponente hat, ja der Unterschied zwischen Logik und Mathematik erschließt sich gar nicht mal so stark.
>
> Der kleine Zyniker in mir möchte hier noch anmerken, dass ca. 100 Jahre mathematischer Logik, nach Boole und Frege, die Logik anscheinend weiter gebracht haben, als tausend Jahre philosophierens darüber. Nun ist das aber nicht fair und auch nicht mal unbedingt wahr.
> Die Mathematiker haben die Logik nur um ein paar algebraische Gesetze erweitert. Von Gesichtspunkt des Philosophen aus gesehen sind die bestenfalls zweitrangig, schließlich geht es ihn um das Denken als solches.
>
> Der Mathematiker, der mit so etwas wie Postulaten, Beweisen usw. arbeitet, für den ist die Logik unmittelbar Stoff.
Am 21.09.2020 um 03:19 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
> dürrs "wirk" und "passier" sind nur ungeschickte ausdrucksweisen für
> "wechselwirkung" und die tatsache,
> dass alles in dieser welt verläufe sind = prozesse, "es passiert", und
> zwar fortwährend neues, und dabei gibt es keinerlei stillstand, keinen
> moment des "seins" und "so-seins",
Die Frage „wer bin ich“ hat bei uns hier ganz offensichtlich und sehr
erfreulich eine sehr muntere Korrespondenz ausgelöst, was den Schluss
zulässt, dass wir uns doch auf besondere Weise angesprochen fühlen, wenn
es um unser ICH geht. Und einmal mehr wird deutlich, wie sehr die hier
doch recht unterschiedlichen Sichtweisen vermutlich ebenso auf
Fixierungen zurückzuführen sind, wie Ingo T. es am Beispiel von Kindern
(vor allem eben – aus seiner Sicht – infolge überkommener
Erziehungsmodelle) begründet sieht. Diese Modelle jedoch per
Rundumschlag abzuschaffen, stehe ich eher zurückhaltend gegenüber (nicht
zuletzt deshalb, weil aus mir berichteter konkreter Praxiserfahrung in
KiTas Testläufe z.B. mit geschlechterneutraler Ansprache und Spielpraxis
(Spielzeugnutzung - Puppen vs Autos etc.) schlichtweg als lediglich
sozio-ideologische Experimentierfelder erscheinen. Wir hatten hier vor
Zeiten über Behaviorismus (der sich insbesondere auf Empirie und
Experiment stützt) geschrieben und hatten weitgehend Konsens über dessen
kritische Auslegung, die letztlich zum Verschwinden dieser technoiden
Sozial- und Kulturtechniken (welch nette Zuschreibung, der ich mich zu
gerne anschließe!) erzielt. Eine durch operative/intrumentelle
Konditionierung bewirkte Nichtbeachtung des „Innenlebens“ eines Kindes
(z.B. die Desillusion der inspirativen Annahme, die Puppe oder der
Teddybär sei beseelt), würde geradewegs einer technoiden Manipulation
gleichkommen und eben genau dem natürlichen Prinzips des „Lebewesen aus
der Natur erwachsenen“ entgegenwirken. Wie schön es doch ist, als
Elternpart die durch Konditionierung unverstellte Arg- und Sorglosigkeit
kleiner Kinder zu erleben. Die unvermeidlichen Desillusionierungen (und
sei es nur der als Nikolaus enttarnte Großvater) kommen früh genug!
Nebenbei: Ich erinnere mich an Pflichtlektüre zur
Entwicklungspsychologie und war damals (ohne eigene Erfahrung als
Elternteil) überzeugt: Die Autorin muss kinderlos sein.
it: "Systeme sind menschengemacht, Lebewesen erwachsen der Natur.",
wh: äh, hm....
ich bezeichne "systeme" gemäß der systemtheorie und der kybernetik,
insofern ist ALLES system, das irgendwie abgrenzbar ist und
funktionalitäten aufweist,die für es selbst relevant sind,
danach kann ich einen wassertropfen als system sehen, einen computer,
eine teilchenwolke, aber auch einen menschen, ein tier,
die gesamte ökosphäre usw usw, unterschieden in "natürliche,
menschgemachte, tote, lebendige usw systeme",
Es mag die Definition eines „Systems“ unterschiedliche Ausprägungen
haben, dass jedoch eine aus funktionalen Elementen zusammengesetzte
Einheit sowohl natürlich als eben auch von Menschen zusammengefügt sein
und damit systemtheoretisch beschrieben werden kann, sollte schon
konsensfähig sein.
Wh: der punkt bei alledem ist doch: ich bestehe nur aus stoffen, und
irgendwie kommt auch mein "geist" aus diesen stoffen, woher soll er denn
sonst kommen?
Das genau ist eben die Frage! Was nun Stoffe anbelangt, hatten wir das
hier zuletzt erörtert. Die Meinungen hierzu gehen auseinander (wie
üblich und auch der tatsächlichen Ergründung dienlich).
Um nochmal Dürr zu zitieren oder (soweit nicht akzeptiert) noch einmal
mit Bezug auf Tegmark „consciousness is not matter, it is the state of
matter“ und wenn er sagt: „consciousness is the way information feels
when processed in certain complex ways“, drückt er das ebenso flapsig
aus, wie man das auch von Dürr kannte.
Es geht also um Information und deren Verarbeitung (im Gehirn/ZNS) und
damit um die Feststellung: „consciousness as a mathematical pattern“.
Ich möchte Tegmarks Ideen/Thesen etc. nicht blind ergeben zusprechen;
seine unkonventionelle und auch mitreißende Art, wie er eben diese
vertritt, verköpert m.E. den neuen Stil wissenschaftlicher Arbeit.
Übrigens liest sich auch sein Buch „Our Mathematical Universe“ sehr
eingängig und es lohnt wirklich, seinen TED-Talk einmal anzusehen (und
wenn es nur dazu dient, sich mit derartig revolutionären Ideen
auseinanderzusetzen): https://www.youtube.com/watch?v=GzCvlFRISIM
wh: ich glaube nicht, dass materie und geist antinomien sind, auch
nicht, dass materie im hintergrund von einem universalen geist
beeinflusst oder gelenkt wird,oder dass mein geist an einem universalen
geist hängt oder mit solchem kommunziert,ich glaube allerdings sehr
wohl, dass "materie" so materiell garnicht ist, wie allgemein geglaubt,
materie und energie sind im gegenteil nur zwei seiten von demselben,dass
noch viel mehr seiten haben könnte ...
Diese Deine Überzeugung bzw. Argumentation kann ich durchaus verstehen,
zeigt sie mir doch (erstaunlicherweise), dass Du Dich (aus welchen
Gründen immer) einer vertiefenden, wirklich weiterführenden
Beschäftigung mit diesem Thema verschließt. Womöglich intuitiv, da Du
stets und vehement Deiner Ablehnung von (stumpfer) Metaphysik Ausdruck
verleihen willst:
Wh: ich glaube einfach, dass die welt, so wie sie ist und _abläuft_,
komplett ist ! sie bedarf keiner zusätze, geister, götter …
...was eigentlich Deiner üblichen Proklamation vom stetigen Werden per
WW entgegensteht, oder?
Wh: dürrs "wirk" und "passier" sind nur ungeschickte ausdrucksweisen für
"wechselwirkung" und die tatsache, dass alles in dieser welt verläufe
sind = prozesse, "es passiert", und zwar fortwährend neues, und dabei
gibt es keinerlei stillstand, keinen moment des "seins" und "so-seins",
…ungeschickt würde ich Dürrs Ausdrucksweise nicht nennen wollen; er
wollte sich damit eher herausfordernd von üblich wissenschaftlichen und
bisweilen nebelhaften Formulierungen absetzen.
Zugegeben, und wir wissen es alle hier: unser Thema ist komplex und
wahrhaftig nicht einfach in ein paar Statements abzuhandeln. Um mir die
Mühe zu ersparen, eine recht eingängige Erklärung hierzu (ich denke in
Anlehnung an Paul Davis) zu übersetzen, stelle ich diese hier ein, da
sie meinem diesbezüglichen Verständnis nahe kommt (ich hatte ja
diesbezüglich vor einiger Zeit hier von Phasenübergängen geschrieben):
„Life not only dissipates energy, it seems also to store and increase
information. As the complexity of life increases, its capacity to store
information increases. Energy and information are related….
Consciousness is the encoding of information in near real-time - just as
life itself is the encoding of information in evolutionary time.
Consciousness may also be a phase transition during which mind gains a
qualitatively different level of control over the matter it is
instantiated in from that of genetic and other regulatory information.
This to me suggests that consciousness is an almost inevitable outcome
of the evolution of living organisms”.
Zu letztem Satz würde ich sagen, dass evolutionär im Laufe der
Ontogenese die Voraussetzung (Gehirnentwicklung) dafür geschaffen wurde,
Bewusstsein zu entwickeln und dieses "informationstechnisch" zu
verarbeiten. Bewusstsein an sich ist somit nicht per se stofflicher
Bestandteil des Körpers, sondern ist m.E. einer anderen "ontologischen
Kategorie" zuzuordnen.
Ach und noch zu Deinem Kappes, Kartoffeln usf., aus dem wir Menschen
(solchermaßen gefüttert) einzig existieren sollen.
Ja, das sind selbstredend essentielle Nähr-STOFFE zum Lebenserhalt und
dennoch eine zutiefst armselige Reduktion auf eben nur Stoff!
Es sind Moleküle, Atome, Elementarteilchen, auf deren Typus es bzgl.
Geist-Körper-Beziehung nicht ankommt, sondern auf deren strukturelle
Anordnung bzw. Formung:
„Anima unica forma corporis“. Damit überwindet Thomas von Aquin den
Dualismus des Dir nicht geliebten Platon.
Zu Geist und Bewusstsein kommen wir hier sicher noch einige Male
zusammen, denn ich glaube nicht, dass man im "Bewusstsein" darüber, den
wirklichen Kern getroffen zu haben das Thema abschließend behandeln könnte.
Soweit für den Augenblick!
Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
> Am 23.09.2020 um 19:44 schrieb waldemar_hammel via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>:
>
>
> dabei zu beachten:
> mensch ist sich selbst, wie jedes andere lebewesen auch, ganz natürlich "das maß aller dinge", weil er, wie alle anderen lebewesen auch,
> ein autopoietisch ablaufender und insbesondere selbst-referenter organismus/system/oder sonstiges label ist, und eine eigenschaft solcher ist eben,
> jeweils sich selbst als "nabel der welt" zu erleben, nur ist das eben rein subjektives erleben (und hat mit der "wirklichkeit" nichts zu tun)
Hi wh,
Organismus bzw. System ist nicht nur ein Label, denn Systeme sind in der Allgemeinen Technologie definiert durch das Quadrupel von Attributen, Funktionen,
Subsystemen und Relationen. Diese rekursive Definition ist mathematisch beliebig verfeinerbar. Organismen dagegen sind der Theoretischen Biologie vorgegeben und können nicht analytisch vollständig definiert, lediglich hinsichtlich eines Aspektes angenähert werden. Bereits einzelne Zellen, z.B. als Bakterien, können Organismen sein und sind noch nicht gänzlich verstanden. Insofern sollte man der Natur erwachsene Lebewesen als Organismen klar von technisch konstruierten Artefakten als Systeme voneinander abgrenzen. In der nachlässigen Umgangssprache geht das leider meistens wild durcheinander.
Es grüßt
IT
Am 23.09.2020 um 17:17 schrieb Karl Janssen:
> Dennoch sind die Begriffe von Geist/Seele/Bewusstsein unabweisbar Teil
> unseres Welterlebens und somit ein permanentes und gewichtiges Thema
> des Menschen.
allzu leicht "überliest" man etwas ...
"bewusstsein" ist teil unseres welterlebens, eine tatsache halt, stimmt.
deshalb kann man über bewusstsein auch nachdenken und es zu ergründen
versuchen.
"seelen", "geister", "götter" sind aber eben nicht teil unseres
welterlebens, sondern nicht-welterlebte ausdenkungen, die man erst
nachträglich versucht,
und/oder versucht hat, durch -persuasion- (quasi überredungen) ins
welterleben einzufügen (wie etwa auch "heilsteine" und "göttersöhne"),
und so sind diese "entitäten", abgesehen von der fragwürdigkeit der
methode (sie ins welterleben einzufügen), auch an-sich etwas völlig anderes,
als natürlich-welterlebte dinge, wie etwa "gras, bäume" usw
und bei nicht-sui-generis welterlebten einfügungen ins welterleben ist
eben immer höchstes misstrauen angesagt, misstrauen zb ob diese
einfügungen überhaupt sinn machen oder wenigtens
"wahrscheinlich richtig" sein könnten, oder ob sie etwa (nur) einfach
platzhalter waren/sind für früher/zeitweise unverstandenes, wie ich es
zb für den begriff "seele" sehe
wer heute noch daran glaubt, die erde sei eine scheibe, und sei es aus
kulturellen gründen, aus gründen der überlieferung, oder aus tradition,
der darf das zwar glauben,
wir leben schließlich in einem freien land, meinungsfreiheit usw,
aber es ist auch und ebenfalls dann durchaus opportun, ihn als trottel,
dummkopf, oder ähnlich zu bezeichnen, und dasselbe sehe ich für götter,
seelen, astrologie, homöopathie, usw,
es sind, bei allem verständnis für traditionen, prägungen, persönliche
lebensumstände, usw. schlicht und ergreifend mindestens dummköpfe, die
heute noch sowas glauben können,
dummköpfe genau wie corona-leugner, impfgegner, schicksalgläubige,
kreationisten, etc
ich grüße Dich und die runde,
wh.
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