Am 01.11.22 um 12:01 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb:
Überhaupt kann
es sein, dass eine Argumentation mit der Zufallsexistenz überhaupt angebracht ist. Analog
dazu wurde vor langer Zeit mit folgender Formel argumentiert: "Das x kann es nicht
geben, weil Gott es nicht erlauben würde."
Das wirst Du als Scherz gemeint
haben, denn was haben algorithmische Unmöglichkeit und theologische Erlaubnis miteinander
zu tun? Ich habe mich nicht auf eine Mythengestalt bezogen, sondern auf kundige
Wissenschaftler, die Probleme beim Simulieren von Zufallszahlen zu lösen versuchen.
Ja, einerseits als Scherz. Deine Zusatzfrage verfehlt allerdings das was
damit gemeint war. Mein erster Satz war schlecht geschrieben, das Wort
"nicht" fehlte vermutlich, und auch mit diesem wäre er nicht klar
gewesen, ich bitte um Entschuldigung. Andererseits ist mit dem Satz "Das
x kann es nicht geben, weil Gott es nicht erlauben würde." eine Analogie
zu denken, und die darf gesagt werden. Wenn jemand kommt und meint, er
hätte mit dem Satz, in dem das Wort Gott vorkommt, (und der Zuhörer nun
dasselbe zu dem Wort denken soll wie er), einen Beweis der Inexistenz
des x, dann ist der Satz analog zum Satz denkbar: "Das x kann es nicht
geben, weil ein echter Zufall nicht simuliert werden kann." Eine
Analogie fußt gerade darauf, dass die zwei Sachen miteinander nichts zu
tun haben. So führt deine Frage mit der Wendung in deinem Satz "nichts
zu tun mit" ins Nichts, weil sie das Thema verfehlt (ignoratio elenchi
im aktuellen Verständnis, nicht im Verständnis des Aristoteles).
Vielleicht sind beide Sätze zudem Universalargumente. Dies zu
diskutieren würde vom Ausgangsproblem weg führen, ebenso wie das Thema
der Inexistenz des Zufalls in formalen Systemen. Übrigens bedarf es oft
nicht der formalen Systeme, um eine reale Sache zu verstehen oder
herzustellen, eine Ausführung im Kleinformat kann bei jedem zu denken
geben, dass die Ausführbarkeit im Größeren möglich ist. Die Simulation
geht dann vom Materialobjekt zum Materialobjekt, es bedarf nicht des
Umwegs über ein Formalobjekt. Die Königsdisziplin mag sich dann zwar in
die Ecke gestellt fühlen, dann hat sie eben eine schlechte Karte gezogen.
Mit meinen zwei Sätzen wollte ich jedenfalls zu denken geben: Bist du so
sicher, dass eine Situation unmöglich ist, weil in der Simulation, also
der Vorberechnung der Situation der Zufall kein "echter" sein kann? Ich
müsste mehrere Seiten schreiben, um ziemlich viel in diesem Bereich klar
zu schreiben. Deswegen bleibt mir nichts anderes übrig als die Sache
noch einmal an den Anfang zu bringen:
In Bezug auf das Höhlengleichnis des Plato und der weiteren Ausführungen
dieses Gleichnisses schrieben einige hier, ein solches sei nicht
simulierbar, und deswegen würde es nur auf der Phantasie beruhen, es
hätte nicht einmal den Stellenwert eines Gedankenexperiments. Und jeder
sagt: Das kann so nicht sein. Der eine meint, dass es in den Bereich der
Phantasie gehört, der andere nimmt das Wort glauben zur Hilfe. Im
Anschluss daran wird undifferenziert mit vielen Wörtern versucht,
diskutierend an die Sache heran zu gehen. Weil die Nicht-Differenzierung
von der Sprache her erlaubt ist, erlaube ich mir sie mit der folgenden
Frage:
Ist die Realisierbarkeit denn nicht in jedem vorkommenden Betrug bewiesen?
(Mit diesem vermutlich verwirrenden Satz kann jongliert werden: Statt
des Wortes Realisierbarkeit Simulierbarkeit, Emulierbarkeit, mit den
Wörtern Ausführung eines Plans, einer bösen Tat. Und darauf könnte dann
versucht werden, heraus zu finden, ob es "die böse Tat" ganz allgemein
gibt. Und dann könnte dein Einwand kommen, ob denn das Geschriebene nur
ein Schwadronieren ist).
Ich bleibe jedoch bei der Frage, und denke ja, das Höhlengleichnis ist
bei einem Betrug schon realisiert, nicht nur simuliert. Die Analogie ist
korrekt, obwohl beim Höhlengleichnis kein Betrug zu denken ist. Wenn
irgend jemand mir schreibt, die Analogie sei nicht korrekt, verweise ich
ihn auf das Verfehlen des Themas wie oben.
JH