Hi IM,
so ähnlich sehe ich es auch, wobei hjn Feyerabend sogar zu den Totengräbern der Wahrheit
zählt. Er war mehr Populist als Wissenschaftler und entsprechend fand er viel Zuspruch im
Volk. Ich hatte seine Bücher damals eher amüsiert gelesen als ernst genommen. Kant wäre an
ihm verzweifelt und hätte im Gegensatz zu Feyerabend wohl mit der Quantentheorie gehadert,
aber mehr noch mit der Relativitätstheorie. Für Kant waren Raum und Zeit ja
transzendentale Anschauungsformen vor aller Erfahrung. Gleichwohl hat Lorenzen wieder eine
Revision der Einsteinschen Revision formulieren und den Euklidischen Anschauungsraum mit
dem Riemannschen Universumsraum methodisch vereinbaren können. Und als Kenner der
Newtonschen Physik hätte Kant womöglich Gefallen an der im Anschluss an Newton
formulierten Bohmschen Quantenmechanik finden können. Den Wissenschaften wäre Kant
womöglich sogar fasziniert gefolgt, aber zum Populismus hätte er sich keinesfalls
hinreißen lassen. Kant hätte der Populismus entsetzt und Feyerabend deprimierte, dass er
wohl in den humanities, aber kaum in der science ernst genommen wurde.
IT
Am 29.02.2024 um 12:47 schrieb ingo mack über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Was wäre wenn,
Kant heute auf Feyerabend treffen würde? Können diese beiden sich schon allein aufgrund
der weiterentwickelten Vorstellungswelt '(einer 'entfalteten Aufklärung')
tatsächlich auf Augenhöhe
gegenübertreten?
Zitat:
Vor 300 Jahren wurde Kant, vor 100 Jahren Feyerabend geboren. (..) Ebenso wie Bohm (der
bei Oppenheimer promovierte) wurde auch Feyerabend im sonnigen Kalifornien an der Uni in
Berkeley politisiert. Später sind die Aufbruchstimmungen der 1930er und 1960er Jahre in
Kalifornien im Silicon Valley aufgegangen. Was wohl Kant oder Feyerabend im Internet
gemacht hätten? Für Aufklärung bzw. Dadaismus geworben?
I.T. 20.01.2024
Zitat Ende
Kant würde mit der Quantentheorie vermutlich wenig bis nichts anfangen können;
Feyerabend wäre empört darüber, daß ihm sein Gegenüber fortlaufend den kategorischen
Imperativ als Stoppschild vorhält.
Eine konstruktive Unterhaltung zwischen den Beiden halte ich für unwahrscheinlich.
Der Königsberger Privatlehrer kann sich nicht vorstellen, daß es einem Mitglied
der philosophischen Elite erlaubt sein könnte sich über die Bedeutung von Moral, Sitte
und
regelkonformes Verhalten einfach so (öffentlich) hinwegzusetzen.
Die Vorlesungen von Herrn Feyerabend waren sehr gut besucht, seine Studenten
begeistert von seinen gelegentlichen Humor-geprägten Provokationen der
althergebrachten Sichtweisen auf Mensch und Moral.
Wie kann es ein ernstzunehmender Wissenschaftler wagen, den Plebs freizustellen,
bspw. an Gott zu glauben oder auch nicht?
„unter dem Muff der Talaren“, die 68er hätten Herrn Kant bis ins Mark erschüttert.
Feyerabend hat diese Denkweise befeuert.
Vermutlich würde in Kant Verbitterung entstehen, die in einer tiefen Depression enden
würde.
Aber dies sind nur ein paar gesammelte Stichworte, der Vergleich akademischer Welten
über diesen Zeitraum (200 Jahre Philosophie- Geschichte) ist für mich ein nicht
erfassbares Vorhaben, also werde ich lieber meine Zeit auf andere Dinge verwenden.
Interessant ist es jedoch allemal, da es andere Arten von Recherchen erfordert
und sehr viele Nebenwirkungen erzeugt.