Sehr geehrter Herr Tessmann,
Liebe Liste,
eigentlich wollte ich mich erst zur Wort melden, nachdem ich mir das
PDF durchgelesen habe, aktuelle Ereignisse haben mich aber veranlasst,
doch schon mal zu schreiben.
Am Di., 13. Juli 2021 um 13:58 Uhr schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
der Impulserhaltung entspricht die Homogenität des
Raumes,
die Zeitsymmetrie entspricht der Energieerhaltung; dennoch
gibt es vielerlei stochastische Kraftgesetze. Warum sollte
eine Kausalitätstheorie daran nicht anknüpfen können?
1. Es gibt meines Wissens sehr wohl Kräfte, für die diese Symmetrie
nicht gilt. Beispielsweise Entropie. Ich wage mich hier ungern vor,
weil ich den Hintergrund nicht vollständig verstanden habe. In
populärwisseschaftlichen (für die breite Öffentlich bestimmte)
Publikationen wird mit der Gerichtetheit der Entropie sogar der
Zeitpfeil erklärt. Das scheint mir zumindest mal eine Herausforderung
für die nicht-humeanische Kausaltheorie zu sein.
2. Der Impulserhaltungssatz ist ja ebenfalls ein Erfahrungssatz und
nicht direkt zu beobachten. Es ist zwar richtig, dass die strenge
Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Urteilen, die
bei Hume angelegt und bei Kant zum Programm wurde, wahrscheinlich
nicht haltbar ist (Quine und diverse andere Denker), aber irgendwie
habe ich "Bauchschmerzen" dabei, einen empirischen Satz quasi zur
philosophischen Voraussetzung zu erklären.
(Das Ganze stelle ich mir vor wie einen Haufen von
"Klemmbrett-Bausteinen", wie sie Kinder verwenden. Das Kind kann
verschiedene Dinge mit den Bausteinen bauen, aber da ihre Anzahl
begrenzt ist, sind gewisse Bauten unmöglich und es sind nur eine
begrenzte Anzahl gleichzeitig realisierbar; wenn ma jetzt noch
"umbauschritte" hinzufügt, landet man bei einer relativ fähigen
Veranschaulichung.)
Mathematisch unterfallen sie den stochastischen
Prozessen, aus denen bspw. der analytische Philosoph Wolfgang Spohn in seiner
Habilitationsschrift „Eine Theorie der Kausalität“ entwickelt hatte:
https://www.philosophie.uni-konstanz.de/typo3temp/secure_downloads/92816/0/…
Das muss ich mir noch durchlesen. Bitte entschuldige.
Aber geht es Dir überhaupt um Wege in
Kausalitätstheorien oder
suchst Du nur nach Gründen, sie zu vermeiden?
Das ist ein guter Punkt. Wie ich schon schrieb, scheint mich die
Theorie von Hume irgendwie überzeugt zu haben.
Ich gestehe hier öffentlich: erst jetzt habe ich begonnen, auch die
Humeanische Theorie als eine Theorie mit Voraussetzungen usw. zu
begreifen.
Gruß
der, wie immer, Ratlose