Am 24.11.2020 um 03:11 schrieb K. Janssen via Philweb:
Wenn ich nun den entscheidenden Unterschied zwischen
Theologie und
Philosophie darstellen soll, liegt dieser m.E. darin, dass Philosophie
eine wirklich den gesamten Lebensbereich umfassende Denkschule ist,
hingegen Theologie i.W. auf eine Glaubenslehre fußt, die einzig Gott
als allumfassende Wirklichkeit (EINHEIT) annimmt und versteht. Neben
natürlich überwiegend spezifisch theologischen Lehrinhalten finden
sich im Lehrplan der Theologie auch Themenbereiche der Philosophie
(gleichwohl im christlich-philosphischen Kontext). Erfreulich aus
meiner Sicht ist die zunehmend deutlich erkennbare interdisziplinäre
Ausrichtung, die seit jeher vornehmlich von Jesuiten betrieben wird
und wurde.
für mich ist der unterschied:
- philosophie drückt den rationalen versuch welt zu -verstehen- aus,
dabei inkludiert sie auch "theologisches"
- theologie im weitesten sinn aller konkreten ausgestaltungen ist der
uralte versuch, welt auf magisch-animistische weise zu -begreifen-,
weshalb theologie weite felder der philosophie ablehnen MUSS
---
in philosophie drückt sich gewissermaßen ein stück "erwachsenwerden" des
menschen aus, ein erwachsen aus der magisch-animistischen weltauffassung
heraus
Theologie an sich unterscheidet sich ihrerseits von
Religionsausübung,
die wiederum zu unterscheiden ist zwischen jenen Formen, die
mittlerweile mehr oder weniger ausgeprägte Säkularisierungstendenzen
zeigen und solchen, die nach wie vor einer fundamentalistisch
biblizistischen Grundhaltung folgen. Grundsätzlich kann man für
unseren Kulturkreis erkennen, dass das Christentum nicht mehr als
„Erlösungsreligion“ (Heilsversprechen - Gebotserfüllung - Auferstehung
- ewige Seeligkeit - Rechtfertigungslehre, vor allem aber die abstrus
apriorische Annahme des Menschen als Sünder) akzeptiert und gelebt
wird. Hier hat also längst eine Evolution der Religion eingesetzt, die
sich nicht nur in der zunehmenden Abkehr von personaler
Gottesvorstellung zeigt. Inwieweit sich diese Tendenz im Lehrbetrieb
der Theologie zeigt, weiß ich nicht zu sagen.
die erbsünde ist ja nur im christlichen ein ganz herausragendes und
deshalb basic-thema, und deshalb ist es von gott ja eine größte gnade,
das unwerte menschenkind wieder "zu heilen",
unabhängig davon, dass gott in seiner allwissenheit uns diese erbsünde
selbst eingebrockt hat mit apfelbaum und schlange im paradiesgarten usw ...
dass religionen als magisch-animistische ideologieformen
"evolutionieren" können sehe ich nicht
(1) weil sie als ideologien auf "absoluten = unveränderlichen
wahrheiten" basieren (müssen!)
(2) weil diese magisch-animistische welterlebensweise auf unserem
emotionalen layer beruht, und der ist nur in jahrhundertausenden
evolutionierbar
---
speziell das christentum + heute + in westlicher hemisphäre
evolutioniert deshalb nicht, es zerfällt einfach, ua weil die leute "mit
den füßen abstimmen" und mittlerweile in scharen davonlaufen,
und dem ganzen damit geld ! und einfluss entziehen - die "anpassungen"
ans moderne, die wir fast nur in eben diesem westlichen weltbereich
beobachten, sind nur halbherzige versuche, dieser entwicklung "im
westen" entgegenzuwirken
(Hinweis an Waldemar: Bitte jetzt nicht wieder die
Abschaffung
theologischer Lehrstühle fordern; sinnvolle Bildungsetat-Einsparungen
könnte man sehr wohl auch durch Rückbau diverser in jüngerer Zeit
eingegerichteter Professuren erzielen.)
ich fordere garnicht die abschaffung von theologie als akademisches
fach, ich fordere lediglich -gerechtigkeit- !
entweder ist theologie als magisch-animistische welterlebensweise KEIN
akademisches fach, dann weg damit, oder aber ALLE magisch-animistischen
erlebensweisen sind akademische fächer, als da wären:
regenmacherwissenschaften, astrologien, hexenwissenschaften, alchemie,
heilsteinwissenschaften, drachenwissenschaften, metaphysik,
parapsychologie, gespensterwissenschaften, paramathematik, usw usw.,
womit gegen einen zb "prof.dr. hexenmeister" oder lehrstühle für
metabiochemie und paraphysik nix mehr einzuwenden wäre, was die
wissenschaften ohne zweifel ungemein und insgesamt gefördert würde
rf: „Frei nach dem, was uns die amerikanischen
(Weihnachts-)Filme
immer so beibringen, ist der Glaube eine Art Geschenk eines liebenden
Vaters (wieso eigentlich nicht Mutter?) an die Seele. Tja...“
gott ist vater und muss vater sein, weil es dem vater halt vorbehalten
ist, gute kinder damit zu erzeugen, dass er sie reichlichst züchtigt bis
umbringt, denn es ist zb einer hexe besser, im zwischenzustand "erst
wenig gehext" verbrannt zu werden, und danach nur ins fegefeuer zu
kommen, als im endzustand "zb 80 jahre lang nur gehext" ewiger
verdammnis anheim zu fallen, und gerade ein besonders liebender vater
lässt von seinen ausführungsorganen kinder an den füßen ergreifen und
mit den köpfen an wände schlagen bis blut und gehirnmasse herausspritzt
und sie brav und christlich tot sind (berichtet von BISCHOF ! batholomé
de las casas/ la conquista de america del sur), weil es immer besser
ist, dass kinder früh sterben, denn dann sind sie noch unschuldig und
kommen direkt in den himmel, und letztlich hat der all-liebende vater im
himmel auch seinen eigenen sohn von seinen handlangern
liebevollst-genüsslich foltern und dann ratzfatz schön langsam umbringen
lassen, weil das der erlösung von allen übeln sehr zuträglich ist, weil,
wenn man einmal richtig tot ist, kann einem nichts und niemand mehr
wehtun, und das ist doch die hauptsache !
muttergötter hingegen kommen deshalb kaum oder garnicht vor, weil die
kinder bekanntermaßen aus der mutter kommen, und da ist das verhältnis
einfach zu "persönlich", zb im jüd gibts das koscher-gebot "du sollst
nicht das kalb in der milch seiner mutter kochen", und zb die inkas
hatten zwar eine "mama pacha" = maisgöttin, aber selbst der war ein
ehemann zugesellt als "papa", und höchste instanz war natürlich ein
"vater der welt" = viracocha pachacamac (der späterhin mit der
"gefiederten schlange" = quetzalcoatl zusammenschmolz, und dabei seine
ursprünglich neutralen bis gütigen all-eigenschaften ziemlich einbüßte,
denn mit quetzalcoatl war halt nicht zu spaßen)
Es wäre „die liebende Mutter“, wären weltweit die
Weichen kulturell
spirituell-religöser Entwicklung vor ca. 2000 Jahren nicht nach
abendländischer, sondern wie (faktisch heute zunehmend) nach
fernöstlicher Orientierung gestellt worden:
Der Sinn, der sich aussprechen läßt,
ist nicht der ewige Sinn.
Der Name, der sich nennen läßt,
ist nicht der ewige Name.
"Nichtsein" nenne ich den Anfang von Himmel und Erde.
"Sein" nenne ich die Mutter der Einzelwesen.
Dieser (erste) Vers aus dem Tao Tê King verbindet m.E. „Theologie“ mit
Philosophe kongenial. Die genuine Bedeutung von Mütterlichkeit drückt
sich dort ebenso auf wunderbare Weise aus:
Vom Mütterlichen:
Der Anfang der Welt
ist die Mutter der Welt
Wer die Mutter erkennt
erkennt sich als Kind
wer als Kind sich erkennt
bewahrt seine Mutter
und fürchtet das Ende nicht.
In kontemplativ tiefer Sicht auf derart kulturelles Schriftgut werden
erstaunliche Parallelen sichtbar!
Hier Mutter und Kind, in untrennbar bewahrter Verbindung, dort Vater
und Sohn, der uns antrug, zu werden wie die Kinder.
ja, und werdet ihr nicht freiwillig wie kinder, gibts die knute in jeder
form (kleinkind werden = magisch-animistisches welterleben, weil noch
ohne eigenes immunsystem),
entweder irdisch: bestrafungen, zb in form leiden,
oder himmlisch: ewige verdammnis, es muss sich da eindeutig um einen
überaus liebenden gott handeln,
der zudem die "idioten", die kleinkindheits-"debilen" besonders liebt
...
(daraus meine folgerung: gott hat kein eigenes immunsystem, deshalb ist
er magisch-animistisch organisiert = er ist ein gott im status eines
kleinkindes!,
das nie erwachsen wird, und regiert entsprechend mit der ferve eine
solchen, zb spielsachen zerstören)
Rf: „Z. B. bei der Frage der Seele und ihres
Schicksals nach dem
physischen Ableben, könnte man diese Frage nicht versuchtsweise in
zwei Teile spalten: Einmal die theologische Hauptfrage und die
philosophischen Nebenaspekte?
Quasi im Vorgriff auf Deine Feststellung, uns fehle zur Diskussion
derartiger Fragen die gemeinsame Grundlage, schrieb ich dem Waldemar:
denn wir wissen beide, wie müßig die Diskussion um "Ewigkeit",
"Seele"
letztlich ist.
beides ist gar kein geheimnis,
- die "seele" ist eine summarische bezeichnung für alles emotionale in uns
- das schicksal nach dem absterben ist folgendes:
nach ca 8000 jahren schon sind deine ehemaligen körperatome derart über
die gesamte erdkruste verstreut, dass in jedem glas meerwasser
mindestens ein atom von ehemals "dir" ist, und bei der späteren
auferstehung "des körpers + des geistes/ der seele" werden von gott alle
diese atome wieder raussortiert und zu einem neuen "du" zusammengebastelt.
die schwierigkeit für gott ist dabei, dass wir alle in ständiger
"eucharistie" leben, indem wir heutigen ständig atome unserer vorfahren
aufnehmen (essen, trinken, atome von zb sokrates in meinem heute-morgen
kaffee) und in unseren eigenen körper einbauen, und dennoch am ende der
welt ALLE auferstehen sollen, also wir und alle unsere vorfahren in
gewesener form.
somit ergibt sich für gottes atome-such-mechanismus ein erhebliches
defizit an atomen zum wieder-zusammenbauen aller jemals gelebten
menschen = das ein und selbe atom kann ja bei der auferstehung auch "des
fleisches" nicht in einem zb sokrates und mir zugleich stecken
(ich würde mir deshalb das ganze lange vorm jüngsten tag an gottes
stelle nochmal gut durch den kopf gehen lassen, und wahrscheinlich das
mit der auferstehung dann canceln ... = es war ja nur als "gleichnis"
gemeint, oder ähnliche göttliche begründung, denn gott liebt gleichnisse
über die maßen, zb 2x5 = 9 oder 17 oder 2, ach, das ist ja nur ein
gleichnis für "leberwurstbrot schmeckt gut", oder "jesus konnte zu
seinen hohen zeiten übers wasser gehen, ohne nass zu werden" nur ein
gleichnis für "die neuen schuhe passen mir nicht wirklich, weil die
zehen gequetscht werden")
Selbst, wenn man annähernd die gleiche „Denkbasis“
hätte, wäre es
äußerst schwierig, eine konsensfähige Erklärung herauszuarbeiten. So
fragt sich, ob Religion und damit die Auseinandersetzung mit
theologischen Themen reine Privatsache sein soll oder gar muss .
Auf den ersten Blick würde man die Frage mit klarem Ja beantworten
wollen, mit dem zweiten kommen Zweifel derart, ob dieses Vorhaben
gelingen könnte. Ich denke nicht, da der Mensch erstens eine
unwiderstehliche Neigung zur Mitteilung eigenen Empfindens und damit
zur Missionierung in sich trägt. Das fördert (durchaus auch neues)
Prophetentum, wie immer wieder leidlich zu erfahren ist; zweitens gilt
für Religionsausübung das gleiche gesellschaftliche Kriterium des
(bisweilen extatischen) Gemeinschaftsempfindens, wie es bei
Großveranstaltungen (Konzerte, Fußball etc) zu sehen bzw. zu erleben
ist. Kritisch wird es hingegen, wenn Religion in hermetisch
geschlossenen Zirkeln interpretiert und betrieben wird. Daher würde
ich immer für eine offen gesellschaftliche Auseinandersetzung mit
Religion und damit auch für deren sichtbare! Ausübung plädieren.
ja, da bin ich d'accord !
Vom Allgemeinplatz noch kurz zu meiner Sicht auf
Theologie,
beispielhaft für individuell vollzogene Evolution der Religion:
Ich hatte weiter oben Hans Küng erwähnt. Dieser hatte bekanntermaßen
erhebliche Probleme mit dogmatisch vorgegebenen Lehrmeinungen und so
sprach er als Student immer wieder den Präfekten des römischen
Collegium Germanicum darauf an. Küng wollte „wissen“ dürfen und nicht
glauben müssen. Als ich diese Anekdote von ihm vor langer Zeit las,
stimmte ich innerlich in Küngs Wunsch auf meine Weise ein: „Gott – ich
will nicht an dich glauben müssen, ich will von dir überzeugt sein“;
was ist davon geblieben, was hat sich seither „in mir“ geändert?
Geblieben ist mir die Überzeugung von der Existenz einer als göttlich
anzunehmenden Entität (in welcher Dimension immer!), verloren habe ich
gänzlich das mir ursprüngliche eingeprägte anthropomorphe Gottesbild.
Gewandelt hat sich meine (Wunsch-)Vorstellung, gänzlich alle
Geschehnisse zwischen „Himmel und Erde“ gedanklich auf eine
lebenspraktisch, rationale Ebene bringen resp. zwingen zu können.
Der Präfekt hatte wohl recht – Zur Erkenntnis des über die Grenzen
menschlich sinnlicher Wahrnehmung Hinausreichenden führen nur zwei
Wege: der des Glaubens oder der schieren Leere. Ob nun diese Leere
tatsächlich so ultimativ zutrifft, könnte man angesichts der
vielfältigsten Versuche, diese mit spekulativen Annahmen und sonstig
obskuren Vorstellungen (so auch meine hier kürzlich vorgetragene
utopische „Spinnerei“ - bzgl. der "Seele und ihres Schicksals")
bezweifeln.
ich will nichts und niemandem glauben müssen, ich will wissen, oder für
mich nachvollziehbar wissen wollen, warum ichs momentan oder prinzipiell
nicht wissen kann ...,
insbesondere glaube ich daher KEINER ideologie, weder
magisch-animistischen, noch säkularen sog "rationalen", weil alle solche
IMMER auf vermeintlich gefundenen "absoluten wahrheiten" basieren,
die es in dieser welt nicht geben KANN.
und für mich bleibt jenseits des glaubens keine "irgendwie leere" übrig,
sondern eine ziel-frei und sinn-frei und insbesondere auch -eine
ablaufende- welt, jenseits aller anthropomorphen kalküle, als riesiges
laboratorium und ich juhu mitten drin wie ein fisch im wasser, ein
laboratorium vollgestopft mit wunderbarem aller arten, zum STAUNEN,
gucken, betrachten, und erforschen = ein offenes buch, das gelesen
werden will, weil es dazu unübersehbar auffordert, und sogar götter
kommen darin vor, aber nicht als herrscher oder eigene wesenheiten,
sondern als typisch menschliche, imaginierte und lässliche dummheiten ...
(bin/wäre echt gespannt, ob andere lebewesen auf anderen welten auch
sowas wie götter haben?, denn -meine ansicht- im kosmos wimmelts nur so
von leben)
gruß in die runde, wh.
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