Das Innere wären die Ängste bzw. die Bilder, die sich dazu einstellen oder von außen
hervorgerufen werden. Wenn man anderen mitteilen möchte, wie einem zumute ist, braucht man
ein Zeichen dafür. Wir sehen ein Kind, das vor Angst zittert und sagen ihm: Du hast Angst.
Das nennt man Angst.
Dann kann man im Prinzip wissen, ob ein anderer Angst hat. Es sei denn, daß er ein sehr
guter Schauspieler ist.
Du scheinst sagen zu wollen, daß man es aber nicht fühlen kann. ("Was aber innen ist,
ist von vornherein unbekannt.") Verallgemeinert: das und das ist nicht möglich. Das
ist nur verständlich, wenn man weiss, was nicht möglich sein soll. Das erfährt man durch
ein Situationsbeschreibung. Sobald man die hat, ist es nicht mehr prinzipiell unmöglich,
sondern nur noch nie eingetreten.
Das alles hat aber doch gar nichts damit zu tun, daß der Satz "es gibt irgendwas
(nicht)" ohne weitere Erklärungen nicht verständlich wäre. Und nur das hatte ich doch
gesagt.
Claus
Am 30. Sep. 2020, 03:23, um 03:23, Joseph Hipp <hipp(a)arcor.de> schrieb:
Claus Zimmermann schrieb:
"Wenn man Geister negiert, sollte man erklären können, was man damit
negiert. Nur dann hat der Satz einen Informationsgehalt. Sonst könnte
man ihn auch so formulieren: es gibt irgendwas nicht, aber ich verrate
dir nicht, was."
Wenn ich diesen Satz beantworten wollte, müsste ich ihn erst einmal in
eine andere Sprache übersetzen. Ich versuche es, wahrscheinlich ohne
Erfolg. Es ging eindeutig um die Situation, bei der eine Person innen
etwas hat, egal was das auch ist, was nicht negiert werden kann, und
dann sagt, dass außen oder auch innen oder in außerirdischen Regionen
diesem Etwas etwas anderes entspricht. Es kann eine Erklärung dazu
verlangt werden, zu dem was ist. Was aber innen ist, ist von vornherein
unbekannt.
Der von der Person gesagte Satz kann als Folge des inneren Denkens
angesehen werden. (Satz 1)
(Denken soll hier vorhin ganz allgemein gedacht werden, also alles
innere Geschehen beinhalten.)
Mit dem Satz 1 haben einige sogar hier Schwierigkeiten, gerade weil sie
sagen, dass "das Bewusstsein" das Denken begleitet, zudem noch
"jederzeit" und dass es mit zu berücksichtigen ist, und deswegen die
Kausalität nicht vorliegen muss oder nicht vorliegt. So einfach mache
ich es mir jedenfalls nicht.
Exkurs: Ich stellte einem Kundigen mal die Frage: A hat mit dem Denken
an B zusätzlich ein Bewusstsein. Wenn A nun an Bewusstsein denkt, muss
das ja ein weiteres Bewusstsein des Bewusstseins sein, muss da nicht
ein
anderes Wort her. Und geht das nicht unendlich weiter ... Bewusstsein
der Sache, Bewusstsein des Bewusstseins der Sache usw.
Die Antwort war: Nein, das ist dann auch Bewusstsein. Diese Antwort
genügte mir nicht, sie genügt mir jetzt auch noch nicht.
Die innere Kraft des Denkens, die Sätze bewirkt, kann nicht negiert
werden, sie könnte im Gedankenexperiment höchstens zerstört oder
gestört
werden. (Satz 2)
Auch mit diesem Satz 2 haben viele Schwierigkeiten, weil sie Ursache
und
Wirkung ausschließen.
Nun erst geht es über zum Hören des Satzes, und zur Wirkung in dem
Hörer. (Satz 3)
Wiederum haben alle diejenigen, welche die Kausalität hier
ausschließen,
Schwierigkeiten, sie vermuten eventuell einen Psychologismus oder einen
Anthropomorphismus oder haben ganz andere Wörter, mit denen sie die
Situation erklären, denen ich wiederum nicht folgen kann, insbesondere
wenn sie aus anderen größeren Zusammenhängen stammen, von denen ich
ausgehen müsste. Zum Beispiel, wenn das Wort "Informationsgehalt" auch
beachtet werden will.
Beim Hörer wiederum kann, weil in ihm mit dem Wort "Geist" innen etwas
in der Vergangenheit hergestellt wurde, aus Gesprächen oder mit Zeigen
von Bildern, dieses wieder auftreten, und ein Denken innen bewirken.
Und
dieses Denken kann folgenden Satz bewirken: "Es gibt diese Geister
nicht, die dein Denken bei mir zu denken gibt, auch wenn dein Denken in
Ordnung ist." Ganz einfach, weil er ein Erlebnis mit Geistern nie
hatte.
Die Existenz von Geistern wird damit nicht negiert, in dem Sinne, dass
sie unmöglich sind, sondern dass sie aktuell vorhanden sind. So könnte
auch negiert werden, dass der Freund einen Goldbarren in der Tasche
hat,
obwohl das nicht als völlig unmöglich angesehen werden kann.
In diesem Sinne ist der Satz des Ingo Tessmann "... deshalb liegt die
Beweislast bei der Affirmation, nicht bei der Negation ..." vermutlich
zu verstehen.
Und das "irgendwas" im Satz ganz oben ist nicht irgendwas, sondern
etwas
Bestimmtes im Satz 1. Etwas Bestimmtes wäre auch das Gold in der
Tasche.
Die hier oben angedeutete kausale Denkweise hatte schon Helen Keller,
es
gibt diese Denkweise auch in der Umgangssprache, der ich mich naiv oder
nicht naiv, verquer oder nicht verquer, anschließen darf, neben der
Denkweise mit Bewusstsein und einem hoch angehängten semiotischen
Dreieck, das eine Gleichzeitigkeit vorsieht, und mir nicht weiterhilft.
Zur Erinnerung: Helen Keller schrieb ganz einfach und ungefähr so:
"Bevor ich das Wort Gott gesagt bekam, hatte ich da nichts
Entsprechendes. Und obwohl mir dann genau erklärt wurde, was denn ..
sein soll, konnte ich dieses Wort trotzdem nicht positiv (also
glaubend)
verwenden." Siehe hierzu meinen Text
http://weltordnung.de/Verstehen-Wortlernen-Sollen.pdf.
Claus Zimmermann schrieb weiter:
"Das ist quasi sprachanalytisches Tagesgeschäft und, glaube ich, schon
bei Kant zu finden: Eine anscheinend unwiderlegbare Tatsachenbehauptung
wird darauf zurückgeführt, was man in einen Begriff gelegt oder aus ihm
ausgeschlossen hat. Die Testfrage ist dann: würdest du eine Widerlegung
prinzipiell zulassen oder von vornherein ausschliessen?"
Kant nutzte die literarische Form, auf die linke Seite seines Buches zu
schreiben, dass es ein Wesen gibt, auf die rechte, dass es dieses nicht
gibt. Wenn er schon Schwierigkeiten hatte, sich anders auszudrücken,
wie
könnte ich armer Wurm denn so eine Frage beantworten? Wie hätte Kant
denn auf diese Testfrage geantwortet?
Joseph Hipp
Am 27.09.20 um 19:09 schrieb Claus Zimmermann:
Am 26.09.2020 um 19:57 schrieb Joseph Hipp:
> Claus Zimmermann schrieb zu einem Zeigen auf einen Himmelskörper:
>
> "... geht aber natürlich nicht hervor, was dieser Himmelskörper für
eine Masse hat, ob es darauf Leben gibt etc. Das
ist beim Wort
"Bewusstsein" m.E. auch nicht anders."
>
> Dass es beim Wort "Bewusstsein" nicht anders ist, ist korrekt.
>
> Die zeigende Definition kann genügen. Das Wort "deiktisch" nutze
ich
nicht so gerne.
Als Gegenbeispiel gebe ich jedoch das Kellergeistproblem an:
Eine Mutter geht mit ihrem Kind in den Keller. Das Kind fragt mit
großer Angst:
"Sind da keine bösen Geister?" Die Mutter antwortet:
"Nein, es gibt dort ganz sicher keine."
Derjenige, der logisch denkt, kann der Mutter entgegnen: Wenn du
Geister
negierst, dann sind sie für dich genauso möglich wie dem
Kind.
Schon mit dem Nutzen, Benutzen eines Wortes gibt
es schon etwas, denn
jedes Wort hat einen beschreibenden Charakter.
Wenn man Geister negiert, sollte man erklären können, was man damit
negiert. Nur dann hat der Satz einen Informationsgehalt. Sonst könnte
man ihn auch so formulieren: es gibt irgendwas
nicht, aber ich
verrate
dir nicht, was.
Ein zweites Gegenbeispiel ist der Spunk der Pippi Langstrumpf.
Es muss also nicht das geben, wofür ein Wort steht, oder wofür ein
Wort verwendet
werden kann, sogar sinnvoll verwendet werden kann. Im
von Claus Zimmermann genannten Fall wird das Wort "Bewusstsein" ganz
korrekt benutzt, ich sage dann, dass es im ungenauen Sinne benutzt
wird. (
http://weltordnung.de/ungenau.htm) So kann der Nothelfer statt
zu sagen:
"Er tritt nicht mehr, obwohl er vorhin
aggressiv war." (genau)
"Er bewegt sich nicht mehr, obwohl das Herz noch schlägt." (genau)
usw.
"Er ist nicht mehr bei Bewusstsein." (ungenau, zeigt trotzdem auf
etwas
Genaues) Bei diesem Satz scheint doch ein Kenner zu sprechen,
der genau weiß, was Bewusstsein ist. Das muss hier auch mal beachtet
werden, und zwar, dass ein Wort gerade genau genommen werden will,
obwohl es ungenau verwendet wird. Allein dem Fachmann wird die
Verwendung erst recht erlaubt. Und hier haben wir ja nur Fachleute.
>
> Gerade hier kann die Benutzung des Wortes Bewusstsein sinnvoll
sein,
obwohl bei der Benutzung keine Definition
vorliegen muss, so wie
Claus
Zimmermann es schrieb, wenn ich es richtig
verstanden habe.
Die Antwort des Claus Zimmermann: "... könnte ... die Frage, was
unter dem
Wort verstanden wird und was man dann sinnvoll sagen kann
und was nicht, weiterhelfen."
"könnte", ja.
"was man sinnvoll sagen kann" ... ist da kein Zirkel, oder ist das
nicht zu viel verlangt, insbesondere hier in der Liste? Oder: Was man
in ein Wort hineinsteckt, kann man auch wieder
heraus holen
(vielleicht umgangssprachlich ironisch gesagt).
Das ist quasi sprachanalytisches Tagesgeschäft und, glaube ich, schon
bei Kant zu finden: Eine anscheinend
unwiderlegbare
Tatsachenbehauptung wird darauf zurückgeführt, was man in einen
Begriff gelegt oder aus ihm ausgeschlossen hat. Die Testfrage ist
dann: würdest du eine Widerlegung prinzipiell zulassen oder von
vornherein ausschliessen?
Es könnte ja auch sein, dass nichts "sinnvoll" dazu gesagt werden
kann,
wie z.B. zum Kellergeist oder zum Spunk. Oder aber es könnte
auch gesagt werden: Jetzt ist das Wort da, und nun müssen wir uns mit
ihm herumplagen, sogar hier in der Liste.
Dass es darum geht, zu fragen, wie, wo, warum das Wort ein erstes
Mal bei der
Person auftrat, das kann auch eine psychologische Frage
sein. Auch die Frage, warum dieses Wort der Person oder gar vielen
Personen in einer kleinen oder großen Gruppe so wichtig geworden ist.
Gerade bei einem philosophisch Geschulten
Unvernunft oder gar
Irrationalität als vorhanden zu vermuten ist eine andere Möglichkeit.
Ich tendiere dann lieber zur Möglichkeit des
Nicht-Verstehens eines
Wolfgang Stegmüller, die ich in meinem Text "Chaos in der Sprache"
beschrieb.
>
> Übrigens kam gerade hier unten schon das Problem zwischen
Definition
und Begriff zum Vorschein. Wo sind die
entsprechenden Abhängigkeiten?
Ich will der Frage noch nachgehen.
Hoffentlich hat niemand gelacht als er bei mir hier oben das Wort
"Fachleute" las. Ich will schließlich auch mal recht haben, obwohl
ich
> kein Fachmann bin.
>
> Bei "recht haben" fällt mir ein, daß man sich in einer
> Diskussionsgemeinschaft gegenseitig erziehen kann (also nicht wie im
> Verhältnis zwischen Eltern und Kindern).
>
> Claus
>
>