Am 27.12.21 um 14:44 schrieb waldemar_hammel via Philweb
auf die Frage von Rat Frag via Philweb:
[nicht nur] Menschen neigen dazu, das zu glauben [und wahrzunehmen], was
sie gerne hören [und wahrnehmen] wollen. Ich frage mich bis heute, was
das für eine Ursache haben könnte. Ist es banale Streßvermeidung?
und Waldmar:
jaaa, und zwar wird damit der stress
vermieden/verarbeitet, denn man
"kognitive dissonanz" nennt
https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz
Gut, davon habe ich auch schon gehört. Ich stellte die Frage hier, ob
denn nicht alles Denken den einfachsten Weg sucht, und insbesondere bei
Stress. Ingo antwortete, dass er sich diese Frage auch schon stellte.
Vorbemerkung
Du scheinst dich auszukennen, ach entschuldige, ich will mich
korrigieren: Du kennst dich eben aus (Punkt). Deswegen bald meine
weitere Frage: Wenn ich also nach Südamerika fliege (das hattest du mir
schließlich empfohlen), dort als Mafiaboss auftrete und einen Gegner
töte, so sage ich mir: Der hat einfach Stress gemacht. Und darauf hin
hatte ich auch Stress. Und wegen der Kognitiven Dissonanz konnte ich
nicht anders. Darauf hin habe ich immer noch Stress in mir und gehe mal
ein bisschen zu viel Alkohol trinken. Und siehe da, am anderen Tag habe
ich eine gute Theorie erfunden, nach der aus einem kleinen Dorf heraus
die Welt regiert wird, von einem Mann zwischen Hunden und anderen
Tieren. Dann war der Grund kaskadenhaft die kognitive Dissonanz. Und
wenn Polizei, Richter, Moral kommen würden, wäre meine Antwort immer:
"Kognitive Ignoranz", oder "Mein Name ist Hase und ich weiß von
nichts."
Wir sind uns einig, also damit haben wir kein Problem, du hast ja die
Lösung gesagt. Auf andere Frage habe ich jedoch keine Antwort:
Frage 1
Wenn eine Theorie einmal im Stress entstanden ist, kann sie bleiben, als
Nebenwirkung, auch wenn kein Stress mehr da ist. Was dann? Was kann man
da machen? Wenn dem so ist, brauchen wir nur einen Menschen unter Stress
zu setzen, dann können wir ihm glauben machen was wir wollen, und er
lebt dann weiter mit der Theorie bis ans Lebensende. Wie kann er heraus
aus dem Glauben, im Beispiel heraus aus der Theorie, nach der die Fäden
des Weltschicksals ganz zentral bei dir gezogen werden?
Vorbemerkung zur nächsten Frage
Sigmund Freud hatte nach meinem einfachen Verstehen eine andere
Erklärung für den Vorgang bei Stress und unverständlichen Situationen.
Zu den Momenten schlüpfte irgend etwas irgendwo anders hin, so wie eine
Maus in ihr Loch, er sagte: "in das Unbewusste". Und es kam aus einem
anderen Loch wieder heraus. Die Person gab zwar Gründe an, warum und
wieso da etwas kam, aber es bedurfte der Gedankenhebamme, um die
korrekte Vergangenheit der Gründe herauszufinden. Deswegen:
Frage 2
Wie setzt du die zwei Erklärungen nebeneinander, gibt es
Überschneidungen? Je mehr Sigmund Freud an der Wahrheit war, um so
weniger Leon Festinger? Wie siehst du die Unterschiede? Und wie ist es
mit der Bewusstheit der Ausreden? Was ist der unbewusste Anteil, das die
Theorie aufrecht erhält, etwa der Glaube an den Weltmeisters vom Dorf?
Und bitte keine Ausreden, du weißt ja was ich meine.
Selbstverständlich warte ich auf die Antwort, auch von anderen, dieses
Jahr hoffentlich noch.
Nebenbemerkung:
Ich habe hier oben mit der umgangssprache-konform geschrieben. Mit dem
Wort "Theorie" soll etwas Schönes gedacht werden, und plumps hat sich
das Suffix im Wort "Verschwörungstheorie" eingemogelt. So ähnlich ist es
mit dem Lemma "glauben", das im Wort "Aberglauben" wieder vorkommt.
Und
umgekehrt das Wort Ideologie. Auf der anderen Seite des Atlantiks wird
dieses Wort eher positiv gesehen, und in der Vergangenheit wurde es auch
erfunden, um etwa ein gutes Wissen zu benennen. Und dann sehen viele
Personen das, was gedacht werden soll, mit einem Wort, als etwas Gutes
an, andere an etwas Schlechtes, wie mit dem Wort Kommunismus. Dann dazu
noch die Wörter "Weltanschauung", "Religion" zu nutzen, das bringe ich
absolut nicht fertig.
Wenn nun jemand viele Sätze sagt, und dann ein Wort zu dieser Sache
sagt, nehme ich das zur Kenntnis. Ich nutzte jedoch bei mir offen, nicht
insgeheim das Wort "System von Sätzen" neutral, ohne es zu bewerten.
Auch wenn ein so genannter psychisch Kranker zu mir spricht, tue ich
dasselbe. Andere sagen dann: Ich lasse ihn mit seiner Meinung, denken
aber dann insgeheim: "Was für ein Unsinn", so denke ich nicht. Ich sage
auch nicht: "Was er sagt, ist eine Ausrede, Ideologie, Lüge, eine
unbewusste Lüge, eine Lebenslüge, eine kriminelle oder gar verrückte
Weltanschauung". Je mehr ich mit der Umgangssprache bleiben würde, um so
mehr müsste ich denken, dass eine unbewusste Lüge vorliegt, und das geht
doch nicht, dann habe ich die Person schließlich fiktiv als
Mehrfach-Person gedacht. Oder ich müsste ihn als wanderndes Rätsel
ansehen. Mit dem Wort "System von Sätzen", das ich so denken kann, habe
ich immer eine integre Person vor mir. Jean-Paul Sartre kam auch nicht
klar mit dem Freudschen Unbewussten, Freud selbst auch nicht, das ist ja
bekannt. Bitte beantworte nur die Frage 1 und 2, und schreibe nicht zu
viel, du weißt, dass ich ein Journalist bin, der auf einfache Antworten
haben will, ohne Atom- und Weltalltheorie. (das hier soll Waldemar bitte
überlesen: "Ich bin kein kein...")
Gruß
JH