Hi Rat Frag,
da Du die anfängliche „Kleinigkeit" zum Verhältnis von Sprache und Mathematik
zunehmend ausweitest, interessieren sich vielleicht auch einige aus der Liste dafür und so
habe ich sie ins cc: aufgenommen. Ausgehend von den originären vorsprachlichen Vermögen
des Menschen zum Folgern und Zählen sind wir nunmehr zum Verhältnis von philosophischer
und mathematischer Logik gelangt. Dazu zwei Gegenwartsbeispiele, eines des Philosophen
Christian Damboeck und eines des Mathematikers Klaus Gloede:
Zur philosophischen Logik:
https://homepage.univie.ac.at/christian.damboeck/texte/einfuehrung_logik.pdf
<https://homepage.univie.ac.at/christian.damboeck/texte/einfuehrung_logik.pdf>
Zur mathematischen Logik:
https://www.math.uni-heidelberg.de/logic/md/lehre/mathlogik.pdf
<https://www.math.uni-heidelberg.de/logic/md/lehre/mathlogik.pdf>
Was Aristoteles für die philosophische war Leibniz für die mathematische Logik; denn er
gab den Anstoß zur Mathematisierung. Informatiker wie Christoph Benzmüller haben bereits
vielerlei Logiken bis hin zur mehrwertigen Modallogik höherer Ordnung implementiert:
http://page.mi.fu-berlin.de/cbenzmueller/
<http://page.mi.fu-berlin.de/cbenzmueller/>
Das Rechnen kann man den Computern überlassen, das Denken aber ist nicht nur
Haupttätigkeit der Philosophen, sondern auch der Mathematiker. Dabei ist ihr Stoff nicht
die der Beweistheorie dienende Logik, sondern ihre Objekte und Strukturen sind es. Und die
sind so universell, dass sie auch in vielen anderen Wissenschaften Wissenszuwächse
ermöglichen. Insofern würde ich die Mathematik geradezu als Wissenschaftstheorie der
Physik ansehen.
Es grüßt,
Ingo
Am 19.09.2020 um 09:07 schrieb Rat Frag
<rat96frag(a)gmail.com>om>:
Hallo,
nun, ehrlich gesagt sehe ich nicht, was die "mathematische Logik" denn so viel
anders macht als die klassische Logik. Klar, der Untersuchungsgegenstand wird etwas anders
angefasst, aber im Wesentlichen scheint es keine grundsätzlichen Differenzen zwischen
math. und philosophischer Logik zu geben. Beide versuchen, Vollständigkeitssätze zu
beweisen, befassen sich mit Formalitäten usw.
Meine Kenntnisse der traditionellen, "aristotelischen" oder stoischen Logik
sind begrenzt, aber sie scheinen im Wesentlichen doch auch nur auf das selbe
hinauszulaufen wie die klassische Logik.
Was mich eher fasziniert und in den Bann gezogen hat, ist, dass die Mathematiker wirklich
Jahrhundertelang Beweise gemacht und mit Postulaten usw. gearbeitet haben und dabei
offenbar offiziell von der Logik nichts wissen wollten. Die Untersuchung dessen blieb den
Philosophen überlassen.
Für mich sind ist es sehr augenfällig, dass z. B. ein indirekter Beweis eine logische
Komponente hat, ja der Unterschied zwischen Logik und Mathematik erschließt sich gar nicht
mal so stark.
Der kleine Zyniker in mir möchte hier noch anmerken, dass ca. 100 Jahre mathematischer
Logik, nach Boole und Frege, die Logik anscheinend weiter gebracht haben, als tausend
Jahre philosophierens darüber. Nun ist das aber nicht fair und auch nicht mal unbedingt
wahr.
Die Mathematiker haben die Logik nur um ein paar algebraische Gesetze erweitert. Von
Gesichtspunkt des Philosophen aus gesehen sind die bestenfalls zweitrangig, schließlich
geht es ihn um das Denken als solches.
Der Mathematiker, der mit so etwas wie Postulaten, Beweisen usw. arbeitet, für den ist
die Logik unmittelbar Stoff.