Am 06.10.22 um 03:14 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb:
Entschuldige bitte, dass ich auf deine mail nicht auch noch eingehe,
Karl, aber du hast ja mehr kommentiert als kritisiert und einen
Kommentar zum Kommentar brauchen wir ja nicht. Ihr schreibt alle viel
schneller als ich.
Analog bitte auch ich um Entschuldigung, es sind so viele Wörter und
Sätze, dass ich den Wald nicht sehen kann, bei den drei "Hauptteilnehmern".
Dann:
Am 06.10.22 um 03:10 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb:
Einerseits kennen wir die vielen Wörter, welche
Kausalität andeuten
sollen, so etwa das Wort "beeinflussen". Ich könnte auch hier von
Lemmata statt von Wörtern ausgehen, das mache ich nicht, weil jedes
Wort eine kleine Differenz zum anderen hat, so dass es schwer ist,
zwei Wörter auf ein einziges Lemma zu reduzieren, beispielhaft hier
"beeinflussen" und "Einfluss".
Zurück zu Kausalität: "beeinflusst" ist eindeutig Kausalität. Ebenso
wie andere Wörter, bei denen implizit gedacht werden soll, es sei
keine Kausalität vorhanden. So etwa ist "auslösen" auch so ein Wort,
und weiter die Wörter "weil", "wegen" als Beispiele.
Bei Kausalität muss immer gedacht werden, dass die Sprache vorgibt,
dass nicht nur eine Ursache, sondern mehrere Ursachen (Sachen)
implizit mitzudenken sind. Multikausalität ist schon implizit in der
Sprache, es braucht eigentlich nicht daran erinnert zu werden. Ein
Beispiel: Wenn jemand sagt: Die Ursache des Unfalls waren die
Promille, dann schließt er die die anderen Ursachen (zur selben Zeit
und vorher) nicht aus. Wie adäquat die Wörter zu den Sachen sind, ist
eine andere Frage. Der Alkohol käme adäquater in der Ursachekette vor
als die Promille. Er käme genauer an die Sache heran.
Insgesamt würde ich den Satz des Claus umbauen auf:
"Dass in der Person Sachen sind, die das was sie denkt, verursachen,
kann nicht bestritten werden."
und wer unbedingt die Multikausalität im Satz betonen will, sagt dann:
"Dass in der Person Sachen sind, die das was sie denkt,
mitverursachen, kann nicht bestritten werden."
Ich würde sicherheitshalber zwischen Motiven, Gründen und Ursachen
unterscheiden, um Verschiedenes nicht in einen Topf zu werfen, auch
wenn das umgangssprachlich manchmal durcheinandergeht.
Dass ich nichts mehr sehe, wenn ich die Augen schliesse, kann ich
nicht wissen, bevor ich es feststelle. Hier würde ich von Ursache reden.
Ich weiss aber natürlich, welche Umstände mein Denken und Handeln
beeinflussen. Hier würde ich von Gründen oder Motiven reden.
Ausserdem und wieder etwas anderes wären da noch die logischen,
formalen Gründe.
Der logische Grund oder die Voraussetzung impliziert die Folge, die
inhaltlich nicht über den Grund/die Voraussetzung hinausgeht, sondern
ihn/sie in anderer Form nur wiederholt. Die Wirkung ist in keiner
Weise in der Ursache enthalten. Man kann sie der Ursache auch bei
gründlichster Untersuchung nicht ansehen. Auch in einem Motiv, das uns
mehr oder weniger stark in eine bestimmte Richtung zieht, ist die
Handlung noch nicht enthalten, auch wenn man manchmal auf eine
bestimmte Handlung wetten würde.
Diese Antwort zeigt genau auf die Probleme hin. Diese sind bekannt, nur
sind sie ungelöst. Die Antwort freut mich sehr, weil sie die wenigen
Arten Ursachen genau auf den Punkt bringt. Diese liegen mir übrigens
ständig "vor Augen".
"Was umgangssprachlich durcheinander geht" ist eine Sache (ein Thema), (1)
und
wie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Ursache, Motiv, Grund (im
Sinne von Logik) (2)
gesehen werden können ist eine andere.
Zu (1) nur wenige Bemerkungen. Ein Beispiel: Wenn eine Person sagt, sie
hätte dies oder jenes aus einem bestimmten Grund getan, so ist das zwar
auch ziemlich allgemein gesagt, der Grund muss ja nicht im Sinne von
Logik gedacht, aber auch nicht im Sinne von Motiv, und auch nicht im
Sinne von Begründung. Die Sprache gibt, und das ist ihre Stärke, mit den
vielen Wörtern die Möglichkeit, präzise auszudrücken, was mit einer
"Kunstsprache" nicht leicht ist. Ein Literat "kann" Sprache und findet
für jede Sache das richtige Wort. Und dann gibt es die Gruppe, die alle
Wörter der Sprache verwendet, naiv, wäre vielleicht das richtige Wort.
Ein anderes Beispiel: Das Wort Motiv wird eher für Straftäter gebraucht
als im Zusammenhang des hiesigen Gesprächs.
Der Versuch, der mit folgendem Satz angedeutet wird, ist für (2) ein
guter Ansatzpunkt:
um Verschiedenes nicht in einen Topf zu werfen, (auch
wenn das
umgangssprachlich manchmal durcheinandergeht.)
Davor:
Ich würde sicherheitshalber zwischen Motiven, Gründen
und Ursachen
unterscheiden,
Dieser Versuch ist voll in Ordnung, und die Erläuterungen dazu korrekt.
Nun ist es aber so, dass viele Personen der Geschichte versucht haben,
Ordnung in das sprachliche Durcheinander hinein zu bringen, und haben
Vorschläge gemacht. Aristoteles hat sich in dem Sinne zu den drei
bekannten Ursachen eine vierte hinzugefügt. Damit dachte er, alle
Ursachen gefunden zu haben, er machte die Unterscheidung
"sicherheitshalber zwischen Motiven, Gründen und Ursachen" nicht. Wenn
nun die Wörter nicht "aus der Sprache herausgezogen werden", sondern
statt der dortigen Begriffe etwas definiert wird, bevor weiter gedacht
wird, dann können die Sachen auch im Denken auseinander gehalten werden.
Daraus folgt,
a) dass es für die Einzelperson frei gestellt ist, ob sie sich den
Wörtern zuwendet, die von der Sprache vorgegeben werden, und im
Anschluss daran, diese genauer "mit den richtigen Sachen" zu besprechen,
oder aber
b) selbst eine "Theorie" zu entwickeln, wie Aristoteles oder Kant es
versuchten. Ob sie richtig lagen oder falsch, ist hierbei nicht wichtig.
Siehe auch z.B. Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Kausalit%C3%A4t
Bei allem Denken wird versucht, eine Vereinheitlichung des Verstehens
bzw. des Erklärens zu finden, wobei die einen Wörter genommen werden,
die anderen nicht. Ich denke hier an den Absatz "Kritik am Begriff der
Kausalität" an den Funktionalismus. Im Absatz "moderne Ansätze" wird
deutlich, wie genau Kausalität genommen wird. Eine Nebenbemerkung zu den
verursachenden Instanzen erlaube ich mir: Das Unbewusste kommt
schließlich auch in bestimmten Theorien als Verursachungsinstanz vor.
c) Zudem wird das Gespräch schwierig, weil jeder die Wörter für sich
anders verwendet.
Die philosophiegeschichtlich Gebildeten versetzen sich in die
verschiedenen Theorien und Denkweisen, können diese aber nicht
koordinieren, das ist ihr Problem. Sie stellen aus den speziellen
Theorien keine allgemeine her, sie wiederholen sie nur. Es ist ja hier
nicht so wie für Albert Einstein, bei dem es nur eine spezielle Theorie
gab, in dem Bereich.
Wegen alledem bringt das "sicherheitshalber" leider keine Sicherheit,
obwohl du in der Folge wieder richtig schreibst. Die einzelnen Sätze
kommentiere ich nur ungenau:
Dass ich nichts mehr sehe, wenn ich die Augen
schließe, kann ich
nicht wissen, bevor ich es feststelle. Hier würde ich von
Ursache reden.
Hier liegt so etwas vor wie die Erkenntnis der Objektpermanenz. Das
Augenschließen wird als Hinzufügen einer Wand zwischen Objekt und Person
angesehen werden. Andersrum: Das Fenster ermöglicht den Blick in die
Außenwelt. Die Person, die gerade die Objektpermanenz lernt, kann
vielleicht noch nicht denken, dass das Objekt für sie eine Ursache ist.
Ich nehme nicht an, dass ich dich richtig verstehe, aber ich kann
denken: Die Sache vor der Person ist die Ursache, dass die Person
speziell mit Bezug auf die Sache denkt, nicht mehr an etwas anderes, und
nicht mehr an "nichts". Vielleicht denkst du jetzt, dass dein Beispiel
mit den Augenschließen nicht besonders glücklich gewählt war.
Ich weiss aber natürlich, welche Umstände mein Denken
und Handeln
beeinflussen. Hier würde ich von Gründen oder Motiven reden.
Hierin liegt eine Definition, und Definitionen sind wie oben geschrieben
beliebig, implizit oder explizit:
Es gibt das, was geschieht
a) in mir,
b) außerhalb von mir,
c) von innen nach außen,
d) von außen nach innen.
Bei a) und d) verwendest du im Anschluss die Wörter Gründe oder Motive.
All das kannst du tun, ich habe nichts dagegen.
Ausserdem und wieder etwas anderes wären da noch die
logischen,
formalen Gründe.
Voll richtig, diese getrennt zu sehen, zumindest vorläufig ist das in
Ordnung, auch ich muss sie irgendwie so sehen. Nur kann "das" maschinell
simuliert werden. Die entsprechende Frage in einer meiner vorherigen
Mails wurde nicht beantwortet. Ob nun der Maschine die Handhabung von
Wahr und Unwahr beigebracht werden kann oder nicht. Und es entsteht
irgendwie zur Frage, ob denn die Gründe dann noch formal sein können,
wenn eine "materielle" Maschine sie aufzeigen kann. Oder sind dann die
formalen Gründe nur in der Sprache oder Kunstsprache (formale Logik oder
Mathematik)? Und damit wiederum in einer platonischen Welt oder aber in
der Innenwelt einer Person, also in a) hier oben.
Der logische Grund oder die Voraussetzung impliziert
die Folge, die
inhaltlich nicht über den Grund/die Voraussetzung hinausgeht,
sondern
ihn/sie in anderer Form nur wiederholt. Die Wirkung ist in keiner Weise
in der Ursache enthalten. Man kann sie der Ursache auch bei
gründlichster Untersuchung nicht ansehen. Auch in einem Motiv, das uns
mehr oder weniger stark in eine bestimmte Richtung zieht, ist die
Handlung noch nicht enthalten, auch wenn man manchmal auf eine bestimmte
Handlung wetten würde.
Das ist jetzt ein zusätzliches Problem, das wiederum zwischen dem Denken
mit Ursache, Prognose und strengem Determinismus liegt, das Platon mit
den Ideen lösen wollte.
Nach diesem Umbau oder Umbruch wird ersichtlich, dass der Betrachter
so denken kann, die Person in ihrer modernen Version (vielleicht seit
Immanuel Kant) weist die Kausalität streng von sich, und setzt
vielleicht mit Kant den Willen an ihre Stelle. Oder zum Beispiel ihre
Freiheit oder gar ihre Persönlichkeit, die selbstverständlich mehr
ist als ein Klotz Holz, nur wäre diese Erwiderung außerhalb der hier
besprochenen Sache.
Das vorhin geschriebene ist keine Spitzfindigkeit. Es drückt sich
auch mit Sätzen aus, die ich einer Person in den Mund legen würde mit
folgendem Satz: "Otto sagt, dass Peter in seiner eigenen besonderen
Welt lebt." Peter würde erwidern: "Nein, ich weiß vielleicht besser
als du, wie die Welt ist, oder zumindest genauso gut, auch ich war
einmal in der Schule."
Wenn also für den Betrachter zwei Personen vor einer bestimmten Sache
sind, dann können sie nicht "objektiv" sagen, wer die Sache korrekt
sieht, wegen des oben angegebenen Problems. Das ist die Antwort auf
die Frage:
> Und deshalb können wir nichts von der "wirklichen Wirklichkeit" wissen?
Wegen der in beiden Fällen unterschiedlichen Motive, Wünsche,
Veranlagungen? Die ziehen sie zwar vielleicht fast unwiderstehlich in
eine bestimmte Richtung, zwingen sie aber weder zu bestimmten
Gedanken, noch zu bestimmten Handlungen.
Ich wiederhole hier:
Wegen der in beiden Fällen unterschiedlichen Motive,
Wünsche,
Veranlagungen? Die ziehen sie zwar vielleicht fast unwiderstehlich in
eine bestimmte Richtung, zwingen sie aber weder zu bestimmten Gedanken,
noch zu bestimmten Handlungen.
Ich habe sicher keine gute Antwort auf diese Frage. Nur ist sie es wert,
ernst genommen zu werden. Es kann zwischen inneren und äußeren Zwängen
unterschieden werden. Damit werden die inneren Zwänge nicht zu
Nicht-Zwängen. Und ob sie zu bestimmten Gedanken oder Handlungen
zwingen, dazu gibt es gute Gründe, nach denen die Person das nicht
glauben kann. Denke hier an Sigmund Freud bis zu dem Denken nach einer
kognitiven Dissonanz. Auch die Wendung, das Bewusste sei nur die Spitze
des Eisbergs des Unbewussten geht in die Richtung. Siehe die dritte
Kränkung in
https://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%A4nkungen_der_Menschheit
Unabhängig davon versuche ich, keine weitere Theorie der Zwänge zu
denken, denn sie wäre vermutlich abhängig von der Theorie der
Kausalität. (Abhängigkeit definiert wie die lineare Abhängigkeit in der
Mathematik, um Dimensionen zu trennen.) Hier würde ich Fragen stellen:
Zwingt das Fahrzeug des Trunkenbolds den Baum, umzufallen? Zwingt die
tief gelegte Decke die Person, sich zu bücken, oder ist da eine
Kausalität im Spiel? Nun müsste die obige Aufteilung in innen, außen,
von innen nach außen und von außen nach innen auch auf die Zwänge
angewandt werden. Das wäre dann die doppelte Arbeit, zur Theorie der
Kausalität wäre eine Theorie des Zwangs erforderlich.
Egal was Sache ist, die vor den Personen ist, ist
das der Fall.
Allein das "wir" im Satz müsste stutzig machen. Bei Interesse
schreibe ich demnächst mein Beispiel mit den zwei Forschern, einem
Mikroskop und den zu betrachtenden Mikro-Sachen.
Eine Verallgemeinerung der Sachen mit dem Wort "Wirklichkeit" oder
"wirkliche Wirklichkeit", die nicht aus Einzelfällen heraus
hergestellt wird (hypostasiert wird), sondern nur einfach so zu
denken ist, ist keine "gute" Verallgemeinerung. Das Wort Wirklichkeit
ist dann lediglich aus der Sprache entnommen, sonst hat es in dem
Fall keine Daseinsberechtigung im Gespräch oder in der Theorie, also
zu dem Bereich, der verstanden oder beschrieben werden soll.
Ich verstehe das Problem nicht. Wirklichkeit ist doch der Gegensatz zu
Einbildung oder Traum.
Der Bezug geht mir hier verloren, entschuldige. Recht hast du. Die Frage
"Wirklich?" ist nichts anderes als die Frage "Ist das auch wahr, was du
sagst?" Denke mal das Höhlengleichnis des Platon. Platon wollte damit
zeigen, dass die Höhlenbewohner nicht die wirkliche Welt sehen, und er
könne dies. Wie ist es, wenn ein "Überbetrachter" den Platon sieht, und
ihn wiederum so sieht, wie er die Höhlenbewohner? Dann ist Wirklichkeit
einerseits relativ zu denken, das ist nur eine Annahme. Und doch geht
mit dieser Annahme das Binäre verloren, weil da aus der Wirklichkeit
eine höher geordnete Wirklichkeit zu denken ist. Der unendliche Rekurs
führt zur Unwahrscheinlichkeit der Aufteilung in zwei. Was bleibt dann
übrig? Eine andere Frage: Der Träumende denkt den Traum als wirklich.
Nur im Nachhinein kommt der Wache zum Schluss, dass diese Wirklichkeit
nicht den Kriterien des Tages stand hält. Dann ist "Wirklichkeit" ein
Kriterium, aber ist es mehr als das? Entschuldige, ich habe das alles in
diesem Absatz ziemlich ungenau besprochen, und es ist nicht einmal eine
Antwort auf die Frage, auf keinen Fall eine Lösung des Problems.
JH