Hier
https://www.youtube.com/watch?v=EIpYcITXzYE
behauptet Bazon Brock in einem Interview ab Minute 13: "Ein normaler
Wissenschaftler muss nach Poppers Falsifikationsprinzip beweisen, daß
das, was er als Hypothese behauptet, falsch ist. Dann hat er einen
wissenschaftlichen Beitrag...Arbeitet ein Wissenschaftler normal, dann
muss er beweisen, daß seine Hypothese falsch ist."
So einen Blödsinn hat Popper nie behauptet. Er hat ungefähr gesagt, daß
Hypothesen, die diesen Namen verdienen, an der Erfahrung scheitern
können müssen. (Wobei mir statt eines Beweises, die Erinnerung daran
reichen würde, daß ein Erfahrungssatz als einer, der sich auf Erfahrung
bezieht, an ihr zu messen ist.)
Die Form des Gesprächs erinnert an die der Fernsehgespräche von
Alexander Kluge und suggeriert Seriosität und Ernsthaftigkeit. Gesendet
von RT Deutsch, dem Kanal ihres Vertrauens. Das ist leider kein
russophobes Vorurteil, sondern man lernt aus Erfahrung.
Claus
Hi there,
in dem Coronablog der Uni Mainz werden zum Fortgang des sozialmedizinischen Experiments eher vage Hypothesen gewagt:
https://www.macro.economics.uni-mainz.de/category/corona/ <https://www.macro.economics.uni-mainz.de/category/corona/>
Verfolgen wir wie es wirklich weiter geht. …
Ingo
> Am 27.03.2020 um 03:40 schrieb Claus Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de>:
>
> Zur Ehrenrettung von Bazon Brock muss man sagen, daß er selbst die von ihm erwähnte Chamäleonmethode anwendet und dem Interviewer ein hässliches, stinkendes Ei ins Nest legt, indem er sagt, daß die Mitglieder eines Termitenstaats als Einzelne völlig unfähig wären. So ein Gesellschaftsmodell ist attraktiv für Menschen, die gern kommandieren und andere, die sich ohne klare Ansagen nicht zurechtfinden. Dagegen wäre auch nichts einzuwenden, solange das eine geschlossene Veranstaltung wäre, die niemanden betrifft, der weder andere unterdrücken, noch unterdrückt werden will.
>
> -------- Ursprüngliche Nachricht --------
> Von: Ingo Tessmann via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>
> Datum: 24.03.20 17:59 (GMT+01:00)
> An: philweb <Philweb(a)lists.philo.at>, Erich Hartmann <erich(a)hf-plus.com>
> Betreff: Re: [Philweb] Popper fake news
>
> [Philweb]
> Hi there,
>
> eine stimmige Hypothese in Verbindung mit der unterschiedlichen Verteilung der COVID-19-Infektionen über die Länder haben gerade Christian Bayer und Moritz Kuhn veröffentlicht: "There are large differences in case fatality rates from the coronavirus outbreak across countries, from around 6% in Italy to close to zero in some northern European countries (as of 12 March). This column uses World Value Survey data on the share of people aged 30-49 who live with their parents to show that fatality rates are initially higher in countries with more intergenerational interactions. It provides a warning for how important it is for countries where the elderly and the young live close together in particular to try to contain the virus early on.“
>
> https://voxeu.org/article/intergenerational-ties-and-case-fatality-rates <https://voxeu.org/article/intergenerational-ties-and-case-fatality-rates>
>
> Es grüßt,
>
> Ingo
>
>
>
> > Am 24.03.2020 um 01:43 schrieb Erich Hartmann via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>:
> >
> > [Philweb]
> > Das ist völliger Blödsinn! Poppers Falsifikationsprinzip fordert von einer (natur)wissenschaftlichen Theorie lediglich, dass sie im Prinzip widerlegbar sein muss. Sie muss Voraussagen machen die dann eintreffen - oder eben nicht. Wenn diese eintreffen (und sie den Sachverhalt besser erklärt als eine konkurrierende Theorie) gilt sie als vorläufig anerkannt.
> >
> > Von meinem iPhone gesendet
> >
> >> Am 23.03.2020 um 18:36 schrieb Claus Zimmermann via Philweb <philweb(a)lists.philo.at <mailto:philweb@lists.philo.at>>:
> >>
> >> [Philweb]
> >> Hier
> >>
> >> https://www.youtube.com/watch?v=EIpYcITXzYE
> >>
> >> behauptet Bazon Brock in einem Interview ab Minute 13: "Ein normaler Wissenschaftler muss nach Poppers Falsifikationsprinzip beweisen, daß das, was er als Hypothese behauptet, falsch ist. Dann hat er einen wissenschaftlichen Beitrag...Arbeitet ein Wissenschaftler normal, dann muss er beweisen, daß seine Hypothese falsch ist."
> >>
> >> So einen Blödsinn hat Popper nie behauptet. Er hat ungefähr gesagt, daß Hypothesen, die diesen Namen verdienen, an der Erfahrung scheitern können müssen. (Wobei mir statt eines Beweises, die Erinnerung daran reichen würde, daß ein Erfahrungssatz als einer, der sich auf Erfahrung bezieht, an ihr zu messen ist.)
> >>
> >> Die Form des Gesprächs erinnert an die der Fernsehgespräche von Alexander Kluge und suggeriert Seriosität und Ernsthaftigkeit. Gesendet von RT Deutsch, dem Kanal ihres Vertrauens. Das ist leider kein russophobes Vorurteil, sondern man lernt aus Erfahrung.
> >>
> >> Claus
> >>
> >> _______________________________________________
> >> Philweb mailing list
> >> Philweb(a)lists.philo.at
> >> http://lists.philo.at/listinfo/philweb
> >
> > _______________________________________________
> > Philweb mailing list
> > Philweb(a)lists.philo.at <mailto:Philweb@lists.philo.at>
> > http://lists.philo.at/listinfo/philweb <http://lists.philo.at/listinfo/philweb>
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> Philweb mailing list
> Philweb(a)lists.philo.at
> http://lists.philo.at/listinfo/philweb
In einem Zeitungsartikel wird die oft gehörte Behauptung angezweifelt, daß Musik (gründliches Erlernen eines Instruments) schlau mache. Zur Begründung dieser Behauptung reiche es nämlich nicht aus, einen Zusammenhang zwischen musikalischer Aktivität und Intelligenz nachzuweisen. Dabei könne es sich auch um eine blosse Korrelation handeln und nicht um einen Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Es könne schliesslich auch sein, daß nicht das eine auf das andere zurückzuführen wäre, sondern beides auf ein Drittes, etwa allgemeine Leistungsbereitschaft.
Aber niemand sagt ja, daß jede Korrelation eine Kausalbeziehung ist. Hume kam zum Ergebnis, daß es sich bei Kausalbeziehungen zwar nur um Korrelationen handele, die aber die Besonderheit aufwiesen, daß die Erfahrung sie ausnahmslos bestätigt habe, so daß man sie am Ende für selbstverständlich hielte.
Daß das Vorliegen einer Kausalbeziehung als widerlegt gilt, sobald die Korrelation nicht beobachtet wird, ist wohl allgemeiner begrifflich/sprachlicher Standard. Wenn wir also feststellen würden, daß gute Musiker tendenziell eher dumm sind, kämen uns zumindest Zweifel, aber wir könnten annehmen, daß sie sonst noch dümmer wären. Um es genauer zu wissen, würden wir die Entwicklung von Menschen vergleichen, bei denen alle wichtigen Parameter so ähnlich wie möglich sind und die einen ein Instrument lernen lassen, die anderen nicht. Dann könnten wir Aussagen über eine Korrelationstendenz machen. Da wir es hier mit Lebewesen und nicht mit Mechanismen zu tun haben, verwenden wir wohl einen abgewandelten Kausalitätsbegriff, der sich mit deutlichen Tendenzen begnügt und verlangen keine Ausnahmslosigkeit der Korrelation.
Aber die Aussage des Artikels ist wohl, daß eine Kausalbeziehung mehr als eine durch Erfahrung bestätigte Korrelation ist. Da müsste man dann zurückfragen, was denn hinzukommen muss. Als Antwort würde nicht ausreichen, das "weil" mit besonderer Betonung zu wiederholen. Es müsste wie jedes Zeichen erklärt werden, durch eine Gebrauchsanweisung, Beispiele, eine Demonstration oder Ähnliches.
Das war ja die Annahme und das Lebensgefühl der Renaissanceforscher, daß man endlich die Natur nicht mehr nur an der Oberfläche studiere, sondern ihr unter die Haube sähe und da die Kausalitäten am Werk beobachten könne. Und dazu war Humes ernüchternder Einwand: unter der Haube seht ihr auch nur Korrelationen.
Claus
Hi Waldemar,
Du erinnerst mich mit Deiner nimmermüden Schaumschlägerei für die WW an die dialektischen Betonköpfe der 1970er; wobei Dialektiker sich nicht selten auch als Wechselwirker bezeichneten. Aber was ist daraus geworden? Schon Engels hatte die Dialektik in der Natur gesehen, sie aber 1895 unvollendet hinterlassen. Und Havemann hat sie 1964 wieder ohne Dogma gedacht. 2018 war ihr anlässlich des 200-jährigen Geburtstages Marxens gedacht worden und in diesem Jahr wäre sein Lehrer Hegel 250 Jahre alt geworden. Nach Hegel soll das Bedürfnis zu philosophieren ja einer Krisensituation erwachsen. …
Für die Quanten und Schleimpilze sind andererseits die tollsten mathematischen Verfahren entwickelt worden, die Unschärfen und Fluktuationen zu berechnen vermögen. Seien es Wahrscheinlichkeitstheorie oder Funktionalanalysis für die Quanten bzw. das "Cellular Potts Model" oder die Fluktuationstheoreme für die Schleimpilze.
Der Strukturreichtum der Mathematik ist unerschöpflich. Im Vergleich damit sind die Quantenmechaniken oder die Thermodynamiken der Schleimpilze geradezu trivial, aber reichhaltig genug, um mit den vielen Experimentalergebnissen übereinzustimmen. Sollte nicht auch ein Relationalismus darin Platz finden? Den gab es bereits bei Leibniz und in neuerer Zeit haben beispielsweise Badiou (Das Sein und das Ereignis), Rovelli (Relational Quantum Mechanics) und Smolin (Temporal relationalism) wieder daran angeknüpft. Wenn Du die nicht zu verstehen suchst, solltest Du es besser zu machen versuchen; denn die ständige Wiederholung bloßer gleicher Ahnungen und Ansätze langweilt.
Es grüßt,
Ingo
> Am 11.03.2020 um 16:41 schrieb waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com>:
>
>
> einen (alten) vorschlag hab ich schon:
>
> - wenn die operatoren der mathematik, statt ihre vorgefertigten grammatiken mitzubringen,
> zb die bekannten rechenregeln beim "+"-operator,
> diese aus der wechselwirkung zwischen den operanden und der realität beziehen,
> haben wir UNSCHÄRFEN in den ergebnissen, die wir (konkret-situativ) ausinterpretieren müssten
>
> so wäre dann 3+2 etwa -1 bis +8, mit einem - interpretatorisch (nur evtl.) zu erzeugenden - peak nahe +5
> (so "rechnen" zb schleimpilze bei der nahrungssuche, ich habe das "thermodynamische mathe" genannt)
>
> damit hätten wir
> 1) eine wechselwirkungs-mathematik (eine wechselwirkung-als-grundprinzip adäquate mathe)
> 2) hätten wir semantiken (als meta-sache) drin
> 3) wären wir von den platonischen sachen/vorstellungen komplett weg
> 4) wir haben so eine physik-nahe mathe (unschärfen, quantenwelt, usw.)
>
> wir müssten nur zulassen, dass operatoren ihre grammatiken aus den jeweils konkreten ww beziehen, statt sie von haus mitzubringen,
> und einsehen, dass gerade die heutige exaktheit der mathe ein fehler im gebäude ist.
>
> gruß, wh.
>
>
>
> <https://www.avast.com/antivirus>
> Diese E-Mail wurde von Avast Antivirus-Software auf Viren geprüft.
> www.avast.com <https://www.avast.com/antivirus>
> <x-msg://9/#DAB4FAD8-2DD7-40BB-A1B8-4E2AA1F9FDF2>
> Am 09.03.2020 um 19:35 schrieb waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com>:
>
>
> gerade WEIL die gesamte mathematik genau genommen letztlich aus beliebig drei auf einen acker geworfenen steinen erwuchs,
> ist das gesamte heutige mathematische konvolut (auf seine grundlagen) zu hinterfragen, und das auch philosophisch,
> was weitgehendst garnicht getan werden kann, weil phil. sich circulus-vitiosus-artig mit sich selbst beschäftigt,
> und dabei nichtmal mehr einig ist, wie überhaupt philosophiert werden soll oder kann.
Hi Waldemar,
zum Glück gibt es die philosophierenden Mathematiker, neben Paul Lorenzen z. B. Stefan Müller-Stach, der gerade unter dem Titel "Wahrheit, Beweis, Gedanke, Identität“ einen für das breite Publikum gehaltenen Vortrag ausgearbeitet und veröffentlicht hat:
https://arxiv.org/pdf/1805.05419.pdf <https://arxiv.org/pdf/1805.05419.pdf>
Und natürlich geht es ihm darin auch um die Suche nach einer Universalsprache für die Universalwissenschaft. Aber was könnten wir hinsichtlich einer neuen Philosophie mehr haben als eine Universalsprache? Die Physiker bedienen sich darüber hinaus der Technik zur Erforschung der Natur. Was könnte physisch noch weiter reichen?
Es grüßt,
Ingo
Hallo Liste,
ich ergreife wieder das Wort, um das Thema noch einmal von einer
anderen Seite aus zu behandeln.
Um bei diesem Thema voranzukommen, so glaube ich, ist es hilfreich,
wenn man noch mal die beiden "Eckpunkte" getrennt anschneidet.
1. Warum "Bewusstseinsspaltung"?
Ich schrieb ja zu beginn der "Dichterische Bewusstseinsspaltungen" folgendes:
"//Ein junger Mann sitzt [..] vielleicht in seinem Zimmer, bis spät in
die Nacht und stellt sich selbst solche Fragen wie "soll ich studieren
oder ein Handwerk lernen?", "Soll ich wirklich 'Philosoph' werden oder
wäre es nicht vielfach klüger, etwas anderes zu werden?" oder "Ist die
Art und Weise, in der sich unsere Gesellschaft entwickelt gut? Was
bedeutet die Antwort auf die Frage für mich, werde ich nicht sowieso
mitmachen?"
In dem Moment macht auch Determinismus keinen Sinn//"
Ich meine, dieser Teil des Satzes bringt nach wie vor eine Wahrheit
zum Ausdruck. Wenn jemand hineinkommen würde und diesen jungen
Menschen z. B. Statistiken darüber vorlegen würde, wie andere junge
Menschen in seiner Situation, mit seinem Hintergrund usw.usf.
entschieden haben, würde es den jungen Mann keinen Schritt
weiterhelfen. Eine dritte Person könnte vielleicht die Aussage machen
"wenn 99% der Menschen mit den Eigenschaften des jungen Mannes die
Entscheidung treffen, irgendwas zu studieren, dann ist die
Wahrscheinlichkeit auch sehr hoch, dass dieser individuelle junge Mann
tatsächlich studiert", aber das hilft den jungen Mann wenig weiter.
Mal ehrlich, wer von uns würde sich durch so eine Begründung schon
motiviert fühlen? Das ist vielleicht eine rationale Vorhersage des
Verhaltens, aber keine rationale Rechtfertigung.
Ich denke hier berechtigt zu sein eine Linie zu ziehen bis vor Gericht.
Vor Gericht steht ein Verbrecher. Man kann jetzt lückenlos nachweisen,
dass Menschen z. B. aufgrund schlechter Erziehung, schlechter
Wohngegend, neurologisch-psychologischen Eigenschaften oder andere
Kriterien häufiger Deliquent werden. Man kann dann sagen, "er kann
nichts dafür, er ist Opfer der Umstände oder der Gesellschaft, die das
zugelassen hat", aber negiert das seine individuelle Schuld, ein
Verbrechen begangen zu haben?
Der Punkt ist, dass wir mildernde Umstände geltend machen würden, wenn
z. B. irgendwelche hormonellen Störungen vorliegen. Dann kann es sein,
dass die Person wirklich nicht mehr als Person handeln konnte wie sie
wollte und wir hier quasi nur die Aktion seines Körpers haben.
Jetzt könnte ein Determinist kommen und betonen, dass jedes Verhalten
immer eine neurologische Ursache haben muss, da der menschliche Geist
eine Funktion des Gehirns (und vielleicht anderer Teile des
Nervensystems, eventuell des Immunsystems) ist. Wer diese Annahme in
Frage stellt, der müsse spirituelle Substanzen, Geister oder
dergleichen annehmen. Das sei aber doch noch schwerer zu rechtfertigen
als die Existenz von Materie und Energie.
Das scheint die Herausforderung zu sein, die ich durch die
"dichterische Bewusstseinsspaltung" lösen wollte. Der "Dichter" kann
sich nicht selbst als eine Art Automat betrachten, er muss
zwangsläufig als handelndes Subjekt auftreten.
Und das "Dichterbewusstsein" ist deshalb gespalten, weil es einerseits
anerkennt, dass es ein "natürlicher", biochemisch/bioleketrischer
Prozess ist, aber andererseits an Schuld und Verantwortung festhält.
Die Spaltung würde augenblicklich aufhören - zumindest in Dichtung,
nicht unbedingt in Wahrheit - , sobald entweder die Perspektive als
handelndes, erkennendes Subjekt aufgegeben wird oder wenn der
Materialismus-Determinismus negiert wird. Abstrakt, "from a logical
point of view" stehen beide Optionen natürlich zur Verfügung, doch
nicht für den "Dichter", weil er ja Subjekt bleibt und die Welt ihn
eben als materielle Welt erscheint.
Das mit dem gespaltenen Bewusstsein erstreckt sich aber auch auf
Richter, Mathematiker oder Piloten. Auch hier haben wir es mit
Menschen zu tun, die eine Entscheidung treffen und gleichzeitig mit
Leuten, deren Entscheidung man zumindest prinzipiell voraussagen
könnte. Bei den Richtern ist das inzwischen schon Realität geworden
und es stellt sich die Frage, wie die Gesellschaft damit umgeht.
2. Die zweite Frage ist mein Vorschlag zur Auflösung dieser Spaltung:
Die teilweise Aufgabe des Satzes vom Widerspruch.
Dieser Teil hat wohl am Meisten Widerspruch angeregt.
Ich muss an dieser Stelle noch einmal voraus schicken, die Aussage "Es
gibt Sätze, die gleichzeitig beides sind, wahr und falsch" impliziert
nicht, dass alle Sätze zugleich wahr und falsch sind. Das ist ein
Fehlschluss, eine Unterstellung. In Wahrheit wird auch jemand, der
diesen Satz zustimmt, in 90% der Fälle ein "Entweder Oder" akzeptieren
können. Genauso wie der Intuitionist in viele Fällen
Widerspruchsbeweise akzeptiert.
Widerspricht die These damit den Gesunden Menschenverstand? Ist sie
pauschal unsinnig? Ich glaube nicht.
Das Problem ist, soweit meine Einschätzung, dass wir Regeln brauchen,
wann ein Widerspruch okay und zu akzeptieren und wann er tatsächlich
ein Problem ist. Die Logiken, die diese Regeln aufstellen und
enthalten, scheinen mir aber allgemein bei weitem weniger einfach
einsichtig und handhabbar zu sein als die klassische Logik.
Es besteht also doch eine hohe Motivation, eine klassische Lösung zu suchen.
Ich bitte die Diskussionsteilnehmer nur, sich die bloße Möglichkeit
durch den Kopf gehen zu lassen.
P.S. Die Überschriften "Dichterische Bewusstseinsspaltungen" und
"Plaudereien am Rande des gespaltenen Dichterbewusstseins" spiegeln in
erster Linie die Vorliebe des Autors "Ratfrag" wider. Ursprünglich
bezog der Dichter auf den von Ingo zitierten Gerhard Tersteegen.
Bewusstsein und dessen Spaltung ist thematisch gewählt und Dichter
passt dazu sehr gut, auch wenn Tersteegens Gedicht nach meinen
Dafürhalten weder eine Spaltung ausdrückt, noch ein direkter Bezug
besteht. Philosophische Bewusstseinsspaltung und dergleichen hätte
meines Erachtens falsche Assoziationen geweckt. Andere Begriffe einen
noch unerwünschteren Beigeschmack.
Am Di., 11. Feb. 2020 um 12:30 Uhr schrieb waldemar_hammel via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>:
> das besondere zb am lachen und lächeln ist für mich das zähne zeigen =
> zähne fletschen,
Das kann man ziemlich sicher ausschließen, weil diese Geste (a)
kulturübergreifend überall verstanden wird, egal ob bei einem Stamm im
Amazonas, in einer westlichen Großstadt oder in Japan, das Lächeln
wird verstanden, (b) man vergleichbare Verhaltensweise selbst bei
Schimpansen beobachten kann. Wenn diese in Verlegenheit sind oder eine
Art Demutsgeste gegenüber der Horde machen, lächeln sie.
Wir sind nun mit diesen Primaten viel näher verwandt als mit Hunden.
Bei letzeres ist das Zähne zeigen ein schlechtes Zeichen, bei Menschen
dagegen nicht.
> das ist kein zufall,
> genau wie die ganzen zähne-pflege-reklamen: strahlend weißes (intaktes)
> gebiss als drohung
Siehe oben. Meine Argumentation ist klar.
> und kultur des menschen?
> kultur ist fressen, schei ..., kindermachen bis zum gehtnichtmehr,
Das ist doch grade das, was es ohne Kultur auch gäben würde.
> welch großartige kulturelle leistung ...
Die Tatsache, dass uns das bewegt, ist doch ein wahnsinniger
Fortschritt in der Kultur. Ja, es würde uns auch biologisch bewegen,
aber dort hätten wir diesen Impuls eher abgeschaltet oder kaum
wahrgenommen, ansichts der Notwendig zu Essen zu finden.
Darüber könnte ich jetzt auch noch ein bisschen was schreiben, aber
ich überlasse es mal den Besseren, die da hoffentlich kommen werden.
Und auch ich neige zu Deiner hier beschriebenen Einschätzung, Waldemar! Ungeachtet dieser womöglich berechtigten apokalyptischen Diktion, möchte ich dennoch auf die biblische Geschichte der Arche Noah verweisen: nicht nur Kultur-Geschichte wiederholt sich (wie man so sagt), sondern am Ende auch biblische Geschichte...
Aber Du hast Recht, eine weiter explodierende und bereits viel zu hohe Bevölkerungsdichte dieser Erde ist das eigentliche Problem; und so schliesst sich der Kreis zu unserer Religionskritik: „seid fruchtbar und mehret euch!“. Welch fatale Folgen es doch hat, diesen biblischen Aufruf bis in die heutige Zeit zu postulieren!
Mal sehen, wie viele auf der Arche Platz finden können...
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
transmitted from iPad-Client
> Am 10.02.2020 um 11:55 schrieb waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com>:
>
>
>
>> Am 10.02.2020 um 06:34 schrieb Arnold Schiller via Philweb:
>> [Philweb]
>>> Am 10.02.20 um 03:22 schrieb K. Janssen via Philweb:
>>> Löblich durchaus! Nur würde ich definitiv ausschließen, dass auch nur
>>> ein Bruchteil dieser jungen AktivistInnen sich mit den Fakten
>>> naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel
>>> auseinandergesetzt hat.
>
>>> Es ist (wie zu allen Zeiten) ein blindes
>>> Hinterherlaufen einer naiven Idee,
>>
>
> sehe ich LEIDER auch so,
> die meisten laufen nur hinterher, aber immerhin, es sind viele ...
>
> das klima und weiteres damit zusammenhängendes werden sie nicht retten, denn es gibt points of no return,
> von denen einige schon irreversibel überschritten sein dürften,
> zb die noch immer weiter zunehmende überbevölkerung der erde,
> und jeder einzelne will essen, trinken, und möglichst (wie wir) im luxus leben,
> das KANN nicht gutgehen ...
> oder die trotz aller warnungen immer weitergehende zerstörung der umwelt, der biosphäre,
> und deren zunehmende vergiftung,
> das ist nicht rückgängig zu machen, nichtmal auch nur zu stoppen ...
>
> 10-20-30 jahre hätten wir noch zeit ?
> ja, haben wir, aber nur vor dem endgültigen kollaps "des unternehmens mensch" ...
> und das sind keine katastrophen-phantasien, sondern ist nackte wissenschaft !
>
> vor vielleicht 50 jahren wäre zeit gewesen, konsequent und mit drakonischen maßnahmen umzusteuern,
> heute dürfte es zu spät sein.
Am 29.12.2019 um 19:22 schrieb waldemar_hammel:
>
> hi ingo,
>
> aus einer ww-theorie folgt im bezogenen fall zb die theorie der
> ko-evolution alles lebendigen
> (alles lebendige clustert),
> wir menschen zb bestehen aus 10x mehr bakterien, viren, und pilzen als
> aus eigenen körperzellen,
> plus den "erregern", die bereits in unseren eigenen genetischen code
> eingelesen sind (zb den dna-viren wie herpes),
> und alle die reden mit, wenn ich "ich" sage,
> ("ich denke, also bin ich" => perdue)
> das ist koevolution statt feindschaft bakterie/virus/pilz contra mensch
> (weshalb ich statt antibiosen usw "elektronische kriegführung" auf
> mikroniveau als tauglicheres mittel vorschlage)
>
> aus der ww-theorie folgt allgemein u.a. die gleichberechtigung all
> dessen, was wechselwirkt,
> und das ist ein sehr wichtiger aspekt (auch bzgl. quantenwelt)
>
> es grüsst,
> wh.
>
>
> Am 29.12.2019 um 18:09 schrieb Ingo Tessmann:
>>
>>
>>> Am 28.12.2019 um 21:05 schrieb waldemar_hammel via Philweb
>>> <philweb(a)lists.philo.at <mailto:philweb@lists.philo.at>>:
>>>
>>> [Philweb]
>>>
>>> *Von: *waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com
>>> <mailto:waha3103x@googlemail.com>>
>>> *Betreff: **Aw: [Philweb] nochmal Kausalität und Korrelation*
>>> *Datum: *28. Dezember 2019 um 21:15:59 MEZ
>>> *An: *Philweb(a)lists.philo.at <mailto:Philweb@lists.philo.at>, Claus
>>> Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de <mailto:mail@clauszimmermann.de>>
>>>
>>>
>>> ein kleiner hinweis dazu:
>>> bei wechselwirkung fallen ursache+wirkung zusammen = sie sind
>>> ununterscheidbar
>>> ---
>>> im alltag ist unsere zeit-vorstellung, die vorstellung einer linear
>>> ablaufenden zeit,
>>> ein riesenhindernis um von ursache+wirkung abstrahieren zu können,
>>> ein hindernis, das auch bei raumzeit-kalkülen auftritt …
>>
>>
>> Hi wh.
>>
>> Semmelweisens Korrelationen beflügelten die Keimtheorie. Welche
>> bessere Theorie folgt denn welchem WW-Ansatz?
>>
>> Es grüßt,
>>
>> Ingo
>>
>>
>>
>> <https://www.avast.com/sig-email?utm_medium=email&utm_source=link&utm_campai…>
>> Virenfrei. www.avast.com
>> <https://www.avast.com/sig-email?utm_medium=email&utm_source=link&utm_campai…>
>>
>>
>> <#DAB4FAD8-2DD7-40BB-A1B8-4E2AA1F9FDF2>
>
> Am 28.12.2019 um 20:35 schrieb Claus Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de>:
>
> Die Forschungen zum Kindbettfieber und zur Hygiene bei Geburten wären der "Blick unter die Motorhaube", bei dem man zwar mehr sieht als bei äusserlicher Betrachtung, aber im Prinzip nichts anderes. Man kann den Bakterien ja nicht ansehen, welche Wirkung (wie wir das ausdrücken) sie haben. Man muss es testen und was sieht man dann anderes als eine wenn-dann-Korrelation, die man natürlich auch mit "weil" umschreiben kann, was aber in diesem Fall nur ein anderer Ausdruck für das empirische "wenn-dann" ist. Mit einem gewissen Verwirrungspotential, weil (!) dieser Ausdruck auch zur Begründung dient oder auf ein psychologisches Motiv hinweisen kann.
> Natürlich ermöglicht dieses detaillertere Korrelationswissen punktgenauere Behandlungsmethoden.
Hi Claus,
Du ergehst Dich gerne in Sprachspielen und wenn ich Dich recht verstehe, sind es wenn-dann-Sätze, auf die Du Korrelationen zu reduzieren gedenkst: Wenn Desinfektion, dann keine Keime; wenn keine Keime, dann kein Kindbettfieber? Über die Keime müsste ich zunächst nichts weiter wissen als dass sie existieren und infizieren. Bis heute ist die Keimtheorie zu einer umfangreichen biologischen Wissenschaft mit vielerlei medizinischen Anwendungen geworden. Auch wenn Wissenschaft im Kern bloßes Korrelationswissen sein sollte, handelt es sich nicht um beliebige Schein- oder Formalkorrelationen, sondern um methodisch prüfbare Korrelationen zwischen physischen Vorgängen. Warum sollte man diese Korrelationen nicht kausal nennen? Dabei ist die Keimtheorie in der Medizin mit dem Atomismus in der Physik vergleichbar. Die „Atome“ der Menschen sind Zellen und Einzeller, die der Physik Feldquanten und Elementarteilchen.
> Bei höherer Mathematik oder Quantenmechanik bitte ich um Gnade. In beiden Fällen fehlen mir die Grundlagen. Ich kann mir nicht recht vorstellen, daß ich daraus etwas über die Probleme lernen könnte, die in der Mehrdeutigkeit des Zeichens "weil" potentiell angelegt sind. Da werde ich mit einem Teilchenbeschleuniger sowenig weiterkommen wie bei einer nur durch Versuche zu beantwortenden Frage mit begrifflicher Entwirrung.
Mit der Quantenmechanik ist das Kausalitätsprinzip in der Physik erneut problematisiert worden und so ist es interessant herauszuarbeiten, inwieweit auch dort kausale von Scheinkorrelationen unterschieden werden können. Auf molekularer Ebene lässt die Quantenmechanik (im Prinzip) die Berechnung der Bindungswahrscheinlichkeiten zwischen den Biomolekülen in und auf den Zellen und Einzellern zu.
Es grüßt,
Ingo