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> Am 22.12.2020 um 20:49 schrieb waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com>:
>
>
>
> noch ein kurzer beitrag zur frage oben
>
> wer bin ich - wer sind wir ?
>
> " ... jetzt waren Forscher in der SciAm ganz erstaunt, wieviele Viren es im Menschen gibt, auch in Gehirn, Rückenmarksflüssigkeit etc.
> Wenn ich denen jetzt sage, dass es auch jede Menge Pilze im Menschen gibt, fallen die "vor Erkenntnisgewinn" tot um."
>
>
> ich also garnicht unterscheiden kann, ob körperzellen oder meine mitbewohner "mir" zb eingeben,
Auf einige „Mitbewohner“ würde ich auch zu gerne verzichten! Werde versuchen, wenigstens einige von ihnen los zu werden :-)
> die "psychosomatik" usw lassen hier grüßen, aber in gänzlich anderer form als gedacht ...
>
Glücklicherweise hilft uns eine (hoffentlich immer zu rechten Zeit) stabile Psyche, das von Dir so hervorgehobene körpereigene Immunsystem positiv (vornehmlich über den Nervus vagus) zu stimulieren.
Da kämen wir wieder sehr schnell zu unserem Reizthema, denn Forschungen zeigen überzufällig, dass Gebete oder Meditation zur psychischen Stabilität beitragen.
Als taugliche Übung, einer mentalen „Selbstdemontage“ zu entgehen, sollten wir deshalb eher die Methode der positiven Selbst-Affirmation (autogenes Training etc.) hervorheben.
>
> "ich" bin gar nicht ich, sondern viele, sogar sehr viele, sogar soviele, dass "ich" dahinter glattweg mit der ratio 1 : >100 fast verschwinde
Aber Du schreibst hier dennoch als der Waldemar und das ist Dein Dich auszeichnendes ICH. Und durch Dein ICH - also für mich das DU - werde ich zum ICH.
Wir hatten hier Buber zitiert: „Der Mensch wird am DU zum ICH“.
Welchen Vorteil es also doch hat, einen Disput schadlos zu überstehen!
>
> ich grüße die leider sich ausschweigende runde,
> oder: wie kann man aus schweigen beiträge generieren, geht sowas?
Wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk, langsam wieder etwas aus der Runde zu vernehmen. Von wie vielen „DUs“ man lernen könnte!
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
Am 23.12.2020 um 18:06 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
/Am 22.12.2020 um 23:07 schrieb Karl Janssen: „Wir hatten hier Buber
zitiert: „Der Mensch wird am DU zum ICH“. „//
//
//und das von ingo:
https://ludwig-feuerbach.de/Walther_Ludwig-Feuerbach-und-Martin-Buber.pdf //
//
//
//wh: „ und ich stehe nackt unter der sonne, und werde niemals verstehen
können, wieso man immer wieder auf dieses alte kauderwelsch und diesen
alten und teils zudem sehr verqueren unsinn rekurriert, //
//wo doch heute so unendlich viele neue erkenntnisse der hirnforschung,
neurologie, immunologie, psychoneurommunologie usw vorliegen, die diesem
alten, durchaus einst ehrenwerten, praktisch komplett (oder zumindest in
größten teilen) widersprechen //
//ist es denn wirklich sooo schwer, oder gar unmöglich, denn blick,
geladen mit heutigem wissen, nach vorn zu richten?, und die alten
"auctoritates" in die rubrik "abgelaufene geschichte" zu stellen, wo
sie hingehören? dauert es denn wirklich jahrhunderte bis neues wissen
enkulturiert ist als jedermann-wissen? wozu dient dann der ganze
fortschritt im wissen? //
//
//buber zb: //
//"... in Wahrheit nämlich steckt die Sprache nicht im Menschen, sondern
der Mensch steht in der Sprache und redet aus ihr ... " //
//(platonisch: "die sprache" als eine platonische "idee", und "sprechen"
als teilhabe an dieser idee) //
//
//welch eine verquere erleuchtung das!, und ein sogar mehrfacher unsinn
in nur einem einzigen satz ! //
//
//der mensch wird auch nicht "am du" zum ich, sondern an den ektodermal
und bereits in der blastula angelegten funktionen: //
//quelle wiki: ...“/
In dem von Ingo per Link angebotenen Artikel:
„Ludwig Feuerbach und Martin Buber: ICH und DU! von Helmut Walther
(Nürnberg) findet sich die für mich sehr bedeutsame Stelle, in der
Feuerbach wie folgt zitiert wird:
/„Einsamkeit ist Endlichkeit und Beschränktheit, Gemeinschaftlichkeit
ist Freiheit und Unendlichkeit. Der Mensch für sich ist Mensch (im
gewöhnlichen Sinn);
der Mensch mit Mensch//
//– die Einheit von Ich und Du – ist Gott. “ (§ 62)//
//„Die wahre Dialektik ist kein Monolog des einsamen Denkers mit sich
selbst, sie ist ein Dialog zwischen Ich und Du.“ (§ 64)/
Nun Walter‘s diesbezügliche Auslegung:
/„Da wir wissen, dass Feuerbach keinen Gott kennt (Stichwort
Projektionstheorie) und alle Religionen auf das Wunschdenken des
Menschen zurückführt, müssen diese bedeutungsschwangeren Begriffe in
seinem Zusammenhang doch etwas anderes meinen als im hergebrachten Sinn.
[…] Im Kern bedeutet das zweierlei: Feuerbach hat den Essentialismus
seiner Frühzeit aufgegeben, in der er tatsächlich „Gott“ durch die
abstrakte „Menschheit“ meinte ersetzen zu können – vielmehr denkt er
„Menschheit“ nunmehr als die Verbindung real existierender Individuen,
und er will durch den Einsatz dieser Begriffe den in ihnen enthaltenen
existentiellen Gehalt für die Praxis der Menschen im Diesseits fruchtbar
machen. Das Wort „Gott“ aus der „Einheit von Ich und Du“ steht dabei
nicht für eine abstrakte Menschheit (wie Stirner meinte, Feuerbach
vorwerfen zu müssen), sondern meint die Tatsache, dass erst die
aufeinander bezogene und dialogische Tätigkeit aller Menschen das
gesamte Potenzial des Menschlichen in die Wirklichkeit einbringen kann.
Die „Religion“ bildete vormals das sinn- und gemeinschaftsstiftende
Band, deswegen überträgt Feuerbach dieses unverzichtbare „Wesen der
Religion“ in die Philosophie selbst.“ /
Nun noch einmal Feuerbach:
/„Die alte Philosophie hat eine doppelte Wahrheit – die Wahrheit für
sich selbst, die sich nicht um den Menschen bekümmerte – die Philosophie
–, und die Wahrheit für den Menschen – die Religion. Die neue
Philosophie dagegen, als die Philosophie des Menschen, ist auch
wesentlich die Philosophie für den Menschen – sie hat, unbeschadet der
Würde und Selbständigkeit der Theorie, ja, im innigsten Einklang mit
derselben, wesentlich eine praktische, und zwar im höchsten Sinne
praktische, Tendenz; sie tritt an die Stelle der Religion, sie hat das
Wesen der Religion in sich, sie ist in Wahrheit selbst Religion. “ (§ 66)//
//„Die Moral kann nicht aus dem bloßen Ich oder der bloßen Vernunft ohne
die Sinne, sie kann nur aus der Verbindung von Ich und Du, welches im
Gegensatze zu dem sich denkenden Ich nur durch die Sinne gegeben ist,
... abgeleitet und erklärt werden. Dieses andere, dieser
Bestimmungsgrund des Ichs zur Pflicht ist aber eben der
Glückseligkeitstrieb des Du.“ (GW 11, S. 75-76)/
Dem habe ich nichts hinzu zu fügen das ist für mich Philosophie!
Einerlei ob diese von „alten "auctoritates" in die rubrik "abgelaufene
geschichte" zu stellen“ sei.
Man sollte nicht glauben, wir neuzeitliche Menschen würden das Rad der
Erkenntnis gänzlich neu erfinden müssen, wir dürfen ruhig auf fundiertes
(philosophisches) Wissen der Vergangenheit zurückgreifen und ggf. darauf
aufbauen.
Für mich gilt auch hier der dem Paulus zugeschriebene Ratschlag: „Prüfet
alles, das Beste behaltet!“ und dabei sollte der Blick zurück auf große
„Geister“ früherer Epochen nicht verboten sein (Du, Waldemar, hast doch
selbst den Averroes als solchen hochgelobt!).
Vielleicht machst Du Dir die Mühe, aber auch die Freude, den von Ingo
verlinkten Artikel (danke dafür!) zu lesen.
Mit bestem Gruß an dich und in die Runde! - Karl
Liebe Philweb-Runde!
Trotz der bedrückenden Zeit wollen wir dennoch ein schönes
Weihnachtsfest feiern.
Ich wünsche Euch dazu besinnliche Tage
und für das Neue Jahr die Rückkehr in eine lebensfrohe, vitale Welt
mit Glück und Gesundheit!
Karl Janssen
Am 16.12.20 um 17:29 schrieb Ingo Tessmann:
> wenn ich mich auf die Evolutionstheorie beziehe, meine ich das zumeist
> algorithmisch, wie schon von Darwin beschrieben und von Eigen in
> Replikatorgleichungen gefasst. Taxonomie und Kladistik sind nicht mein
> Fall. Die unendliche Vielfalt der Einzelheiten in Biologie und Chemie
> hat mich immer abgeschreckt. Mit dem Periodensystem der Elemente und
> der Genetik wurden erste Zusammenschauen möglich! Und die
> Quantentheorie hat dann die Chemie zum bloßen Anhängsel der Physik
> gemacht. Aber noch bleiben Mechanismen und Organismen geschieden.
Ich habe erst in diesem Monat die Unterscheidung Kladistik-Taxonomie
gefunden, die von den Biologen genutzt wird, und versuche hier
darzulegen, wie fruchtbar sie für andere Bereiche sein könnte, bei denen
sie noch lange nicht angekommen ist. Heute Abend habe ich den folgenden
Text hergestellt:
http://www.weltordnung.de/Warum-Kladistik.pdf
Um diesen Gesichtspunkt interessant zu machen, hier der Satz: "Die
Kladistik widerspricht einem so genannten „Fortschrittsvorurteil“, das
eine Entwicklung „von den Wirbellosen zu den Menschen“ festzustellen
meint." Ich wage es nicht, diesen Satz auf die (intellektuelle)
Ontogenese einer Person zu übertragen, oder auf einen kompliziert
gewordenen Wissensbereich.
Mit den anderen Fragen beschäftige ich mich auch noch, soweit ich kann,
es ist ja einiges aufgelaufen. In den Gesprächen geht es kunterbunt
zwischen persönlichen Praktiken, politischen Gegebenheiten, Geschichte,
Traditionen, sogar Metaphysik und Mischformen von alledem. Aber wer kann
da mithalten? Ich nicht, und als Minimalist schon gar nicht.
Joseph Hipp
/wh: "wie stellt sich eigentlich FÜR DICH, lieber karl, folgendes dar: //
//"es gibt den kosmos, und es gibt in ihm quasi unendlich viele sonnen,
also auch "unendlich viele" planeten, also auch "unendlich viele"
belebte planeten, von nur einzellern darauf bis hin zu "intelligentem
leben" en masse, getrennt allerdings alles durch unüberwindbare abgründe
von raumzeit […]//
//ist nun auf allen belebten planeten im kosmos derselbe oben von dir
geschilderte gott, egal welche namen oder darstellungen er auf den
fremden welten haben mag? derselbe "dreieinige" gott, und ein sohn, und
heiliger geist über allen wassern aller belebten planeten im kosmos? und
ist das auch so für alle noch oder für immer unbelebten planeten im
kosmos (vor unserer eigenen haustüre zb für mars, merkur und venus)?“/
In meiner ersten Antwort darauf habe ich diesbezüglich S. Hawking
zitiert (sinngemäß):
/Why does the universe have to deal with all the adversity of existence
undergo? Of course you can think of God as the answer to this question
define, but that doesn't get you much further …unless one accept the
other connotations usually associated with the term God./
Und tatsächlich ist der „Blick“ in die unendlichen Weiten des
Universums durch eine Gottesvorstellung verstellt und die
dementsprechende Explikation nicht haltbar, wenn diese in Konnotation
schlichtweg nicht mehr zeitgemäß biblischer Erzählungen (Genesis als
wortwörtlich genommenes Faktum) erfolgt.
Hawking glaubte nicht an einen Gott als Schöpfer:
/„Spontaneous creation is the reason there is something rather than
nothing, why the universe exists, why we exist. It is not necessary to
invoke God to light the blue touch paper and set the universe going“ /
Und doch bezog er sich offenbar auf einen unpersönlichen Gott:
/"I believe the universe is governed by the laws of science, […] the
laws may have been decreed by God, but God does not intervene to break
the laws…//
//if physicists could find a “theory of everything” , that is, a
cohesive explanation for how the universe works, they would glimpse “the
mind of God.““ //
/
So wie er in „A Brief History of Time“ schrieb, man würde den Geist
Gottes in einer „TOE“ erkennen können, erinnert das an Heisenbergs „Der
erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch;
aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."
Dennoch glaube ich, ist es für eine wertfreie, wissenschaftliche
Betrachtung der Astrophysik bzw. Kosmologie unerlässlich, diese zunächst
von jeglicher Gottesvorstellung bzw. -definition fernzuhalten (und das
hat Hawking sicher so gehalten), da letztere immer den Blick im oben
erwähnten Sinn verengt.
Das könnte Bonhoefer auch mit seinem Ausspruch gemeint haben: „Einen
Gott, den es gibt, gibt es nicht!
/wh: „...und ist diese annahme nicht geradezu aberwitzig
anthropozentrisch? oder sollen wir annehmen, dass obiges falsch ist,
dass nur die erde - der einzige belebte - und mit einem gott "begabte"
planet im kosmos ist?“/
Der Mensch sah und sieht immer noch (als Löwenanteil der
Weltbevölkerung) auf einen von ihm konstruierten (bzw. auf einen ihm
vermeintlich biblisch offenbarten) Gott mit anthropozentrisch
eingeschränktem Blick, was hinsichtlich seiner (historisch bedingten)
Ontogenese zwar verständlich, aber mit Bezug auf heute verfügbares
naturwissenschaftliches (und eigentlich auch modern theologisches)
Wissen nicht mehr nötig ist und darüber hinaus seine weitere geistige
Entwicklung verhindert. So gilt es, über die Erdenwelt hinaus, wie auch
in sie hinein zu forschen und dann gewinnen die Aussagen von Hawking
(s.o.) und Giordano Bruno einmal mehr an Bedeutung:
„Der Geist über allem ist Gott. Der Geist, welcher allem innewohnt, ist
die Natur.“
Ich schrieb zuletzt: Als „Neandertaler von morgen“ unterliegen wir dem
kosmischen Entwicklungsprozess, gestalten ihn jedoch auch (mit allen
Konsequenzen). Deshalb vollzieht sich dieser nicht nur auf pur
materieller Basis, sondern geschieht teleologisch nach einem geistigen
Prinzip; diesem wie einer universal eingeflochtenen Richtschnur folgend,
verkörpert Geist sich (selbstreferent optimierend) aus quasi unendlicher
Potentialität stetig wieder auf‘s Neue in unübersehbarer Fülle von
Lebensformen.
Davon überzeugt, versuche ich in immer weiteren Schritten, dieses mir
gedanklich zu erschließen. Diese Schritte können aber nur behutsam
erfolgen, eben mit Bedacht, da immer droht, sich im Labyrinth von Thesen
und Antithesen, von unübersehbarem Schriftgut zu verirren.
Die darin aufscheinenden Gegensätze muss letztlich jeder für sich
überwinden, der sich forschend zwischen rational naturwissenschaftlicher
Erkenntnis und spiritueller Intuition (sofern hinreichend ausgeprägt)
den Dingen hinter dem „Schleier der Natur“ zu nähern versucht.
Soweit für den Augenblick!
Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
nun sollte man das besser lesen können!
wh: "wie stellt sich eigentlich FÜR DICH, lieber karl, folgendes dar:
"es gibt den kosmos, und es gibt in ihm quasi unendlich viele sonnen,
also auch "unendlich viele" planeten, also auch "unendlich viele"
belebte planeten, von nur einzellern darauf bis hin zu "intelligentem
leben" en masse, getrennt allerdings alles durch unüberwindbare abgründe
von raumzeit ... (so mutmaßte es schon ua giordano bruno vor 400 jahren
- und heute "wissen" wir es praktisch, ua daraus, dass die von uns
beobachteten galaxien in brühen aus kohlenwasserstoffen und
eiweissen/eiweiss-vorstufen/ "ertrinken", was uns die analysen des von
ihnen emittierten lichtes erzählen)"
Ebenso Giordano Bruno (nicht mutmaßend): „Der Geist über allem ist Gott.
Der Geist, welcher allem innewohnt, ist die Natur.“ Diesbezüglich
erstaunlich für mich: Heute ist, soweit ich es wahrgenommen habe, Bruno
Galionsfigur der Skeptiker/Atheisten/Freidenker.
Nicht verwunderlich hingegen der eigentliche Grund: Er wurde von jenen
an die römische Justiz ausgeliefert (quasi als Parallele zur Anklage
gegen Jesus; auch die Juden wollten sich nicht selbst „die Finger
schmutzig machen“ um den angeblichen Sohn „ihres“ Gottes wegen
Gotteslästerung zu kreuzigen), die man – zurecht – als
verabscheuungswürdige Inquisitoren verdammt. Damit sollte alles gesagt
sein. Du weißt es, wir wissen es alle: Es waren fürchterliche Zeiten, in
denen sich vorgeblich selbst ernannte Stellvertreter eines Gottes mit
unvorstellbarem Machtmissbrauch an Menschen versündigt haben.
Mit Fug und Recht und voller Abscheu sind diese klerikalen Cliquen zu
verurteilen. Jedoch sollte man nicht übersehen, dass es (um bei Bruno -
selbst Priester und Dominikaner - zu bleiben) auch ganz andere
Ausprägungen von Religion gab, worauf sich die kulturell humanistische
Entwicklung Europas definitiv auch gründet.
Doch verlieren wir uns nicht wieder in Religionsgeschichte und deren
unsäglichen Perioden.
Als ich erstmals Schriften von G. Bruno las, war ich überwältigt von
seinem Mut, aber mir war auch klar, dass er mit derartig polemischer
Kritik am klerikalen Herrschaftssystem letztlich auf den Scheiterhaufen
kommen musste. Ob ihn der Mut verließ oder schlichtweg seine Klugheit
dazu brachte, seine Thesen (nach sicherlich brutaler Folter) zu
widerrufen, wissen wir nicht. Mich jedenfalls bringt es nicht davon ab,
in ihm einen ganz großen „Geist“ seiner Zeit zu sehen und darüber hinaus
in als Vorreiter jener Thesen/Annahmen zu sehen, die mir auch sehr nahe
stehen (u.a. Leibniz‘ oder in moderner Form Everetts many world theory).
Bezüglich seiner Veranlagung zu Spott und Polemik aber auch hinsichtlich
eines enormen Naturwissens könntest Du eine Wiedergeburt von ihm sein
Bruno hat mich nun abschweifen lassen, also wieder zurück zu seiner
Aussage: „Der Geist über allem ist Gott. Der Geist, welcher allem
innewohnt, ist die Natur.“ Diese fundamentale Aussage lässt erkennen,
dass sich Bruno bereits zu einer Zeit, wo ein orthodox biblisches
Gottesbild vorherrschte (und mit brutalsten Methoden der Inquisition
propagiert und verteidigt wurde), eben von diesem konsequent abgewendet
hatte; und eben dieses nicht nur für sich persönlich tat, sondern seine
Gottesvorstellung ebenso mit (Wort-)Gewalt kundtat.
Nun gibt es unzählige Auslegungen zu Bruno‘s Gottes/Weltbild und es wäre
vermessen, hier an dieser Stelle mit wenigen Sätzen ebenso eine
derartige darlegen zu wollen.
Davon abgesehen, dass ausgerechnet Bruno (wie oben erwähnt) zur
Leitfigur derer erkoren wurde, die letztlich jede Art von
Gottesvorstellung ablehnen bzw. bekämpfen, würde ich einem Motiv der
Giordano-Bruno-Stiftung insoweit zustimmen, als wir (Menschen) nicht die
Krone der Schöpfung sind, sondern die „Neandertaler von morgen". Im
übertragenen Sinn wird damit ausgesagt, was wir hier bereits
thematisiert haben: Kosmos und alle darin vorkommenden Lebensformen sind
in einem fortwährenden (evolutionären) Optimierungsprozess begriffen.
Damit muss aber nicht ausgedrückt sein, dass der Mensch sich (als eben
solcher in seiner Epoche erlebend) als lediglich Gleicher unter Gleichen
(also auf gleicher Stufe niederer Lebensformen) zu sehen hätte. Als sich
seiner selbst bewusst und somit sich als geistig autonome
Erscheinungsform der Evolution erkennend, sollte er sich der ihm
evolutionär (Christen würden sagen: von Gott) zugedachten Rolle bzw.
Lebensaufgabe gewiss werden können und als individuell geistig
agierendes Wesen seine Lebenswelt (und damit die seiner Mitmenschen)
gestalten. Dies durchaus ganz in Huxley‘s Sinn des „evolutionären
Humanismus“. Dazu benötigt man selbstredend kein „Gottesbild“ und auch
keine Religion.
Humanismus sollte aber auch bedeuten, dass man jenen Menschen ein
„Gottesbild“ zugesteht, die aufgrund ihres kulturellen Umfelds, ihrer
Sozialisierung etc. zu diesem Bild gekommen sind (dieses dabei
hoffentlich in die heutige Zeit transformierend) und daran festhalten
wollen. Absolut bedrückend ist dabei zu sehen, wie wenig sich
Verantwortliche (also i.W. jene innerhalb klerikaler Strukturen) von
definitiv überkommenen biblischen Auslegungen von Religion und vor allem
von diesem unseligen anthropomorphen Gottesbild gelöst haben, demnach
dieses nach wie vor vermitteln und verbreiten! So wenig sich diese
„Gottesvertreter“ vom orthodoxen Lehrgebäude der Kirchen u.ä. lösen,
umso mehr lösen sich Menschen von ihnen.
Meine Wunschvorstellung wäre, sie könnten sich einem „evolutionären
Gottesbild“ nähern und wären damit dem „evolutionärem Humanismus“ sehr
nahe! Wir sollten jetzt nicht den Fehler begehen, sogleich wieder gegen
jeden Gedanken, jedes Wort, jeden Satz hier anzugehen, sondern in Ruhe
und nach Überlegung die jeweiligen Positionen abklären.
Als „Neandertaler von morgen“ unterliegen wir dem kosmischen
Entwicklungsprozess, gestalten diesen jedoch auch (mit allen -teils sehr
unguten- Konsequenzen). Insoweit vollzieht sich dieser Prozess nicht auf
pur materieller Basis, sondern geschieht nach einem geistigen Prinzip,
in das (von Intelligenz und Vernunft geprägte) Menschen eingebunden sind
(meinetwegen auf Grundlage mathematischer Gesetzmäßigkeit). Darüber
nachzudenken, Argumente abzuwägen und sich hier auszutauschen, könnte
ein lohnendes Anliegen sein.
Das setzt aber voraus, nicht sogleich mit Absolutheitsanspruch
vorgebrachten „Statements“ den jeweiligen Diskurs abzuwürgen.
wh: „ist nun auf allen belebten planeten im kosmos derselbe oben von dir
geschilderte gott, egal welche namen oder darstellungen er auf den
fremden welten haben mag? derselbe "dreieinige" gott, und ein sohn, und
heiliger geist über allen wassern aller belebten planeten im kosmos? und
ist das auch so für alle noch oder für immer unbelebten planeten im
kosmos (vor unserer eigenen haustüre zb für mars, merkur und venus)?“
Ich würde hierzu gerne Stephen Hawking zitieren wollen:
„Warum muss sich das Universum all dem Ungemach der Existenz
unterziehen? Natürlich kann man Gott als Antwort auf diese Frage
definieren, aber das bringt einen nicht viel weiter, es sei denn, man
akzeptiert die anderen Konnotationen, die gewöhnlich mit dem Begriff
„Gott“ verbunden werden“ (S. Hawking)
wh: „...und ist diese annahme nicht geradezu aberwitzig
anthropozentrisch? oder sollen wir annehmen, dass obiges falsch ist,
dass nur die erde - der einzige belebte - und mit einem gott "begabte"
planet im kosmos ist?“
Ja und einmal mehr geht es um diesen Gottes-Begriff. Vielleicht
gelingt es uns hier, sich einer hinreichenden Vorstellung zu nähern. Und
vielleicht ist es diesbezüglich auch dienlich, über Bonhoefers
Feststellung nachzudenken:
„Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht! (D. Bonhoefer,
Habilitationsschrift)
Soweit für den Augenblick!
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl